Zitate von Nicolas Chamfort
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Fast alle Menschen sind Sklaven, weil sie nicht wissen, wie man das Wort Nein ausspricht.
Viele Männer und Frauen suchen die allgemeine Achtung, nicht weil man sie kennt, sondern weil man sie nicht kennt.
Was ist ein Einfaltspinsel ohne eine Dummheit? Man nehme einem Schmetterling die Flügel, und es ist eine Raupe.
Folgende Gegensätze sollte man vereinen können: Tugend mit Gleichgültigkeit gegen die öffentliche Meinung, Arbeitsfreude mit Gleichgültigkeit gegen den Ruhm, und die Sorge um die Gesundheit mit Gleichgültigkeit gegen das Leben.
Der Adel, sagen die Adeligen, ist ein Vermittler zwischen dem König und dem Volk. Ja, wie der Jagdhund ein Vermittler zwischen dem Jäger und dem Hasen ist.
Die Menschen werden klein, indem sie sich versammeln: es sind die Teufel Milton’s, die gezwungen sind, sich zu Pygmäen zu machen, um in das Pandämonium einzutreten.
Es ist unbestreitbar, daß es in Frankreich sieben Millionen Menschen gibt, die Almosen verlangen, und zwölf, die außerstande sind, sie ihnen zu geben.
In der Philosophie gibt es, wie in der Medizin, viele Drogen, aber sehr wenig gute Mittel und fast gar keine Spezifika.
Um glücklich in der Welt zu leben, muß man gewisse Seiten seines Seelenlebens völlig ausschalten können.
Was den Verkehr zwischen Mann und Frau so anregend macht, das sind die zahlreichen Nebengedanken, die zwischen Männern als störend und geschmacklos, zwischen Mann und Weib als angenehm empfunden werden.
Die Liebe gleicht den epidemischen Krankheiten. Je mehr man sie fürchtet, desto eher wird man von ihr befallen.
Der Maler verleiht der Gestalt Seele, der Dichter dem Gefühl und dem Gedanken Gestalt.
Beobachtet oder erlebt man die Qualen, die mit starken Gefühlen in Liebe und Freundschaft verbunden sind, so möchte man glauben, daß Leichtsinn und Frivolität keine so großen Torheiten seien und das Leben gar nicht mehr wert sei, als was die Weltleute daraus machen.
Es gibt mehr Narren als Weise, und im Weisen selbst steckt mehr Narrheit als Weisheit.
Die Gesellschaft, die Kreise, die Salons, das, was man die Welt nennt, ist ein elendes Stück, eine schlechte Oper, ohne Interesse, welche durch Maschinen und Dekorationen ein wenig aufrecht erhalten wird.
Von einem Menschen, der das Geld verachtet, zu einem wirklich Anständigen ist noch ein weiter Weg.
Was das Glück betrifft, gleicht es einer Uhr: Je einfacher ihr Mechanismus, um so seltener geht sie entzwei.
Die mütterliche Liebe hat die Natur die Erhaltung aller Lebewesen anvertraut, und in den Freuden und selbst in den Leiden, die mit diesem köstlichen Gefühl verbunden sind, belohnt sie die Mutter.
Es ist ein großes Unglück, wenn wir durch unsern Charakter die Rechte verlieren, die uns unsere Talente über die Gesellschaft geben.
Es gibt gewisse Fehler, die vor epidemischen Lastern schützen. In Pestzeiten bleiben Malariakranke vor der Ansteckung bewahrt.
Ein einzelner Mann kann unter Umständen gegen alle Völker und gegen alle Jahrhunderte recht haben.
Die Öffentlichkeit! Wie vieler Narren bedarf es, um eine Öffentlichkeit zu ergeben?
Die Ehescheidung ist so natürlich, daß sie in nicht wenigen Familien jede Nacht zwischen den Ehegatten schläft.
Man beherrscht die Menschen mit dem Kopf: mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach
Mancher wird seiner Talente wegen gefürchtet, seiner Verdienste wegen gehaßt. Erst sein Charakter beruhigt die Menschen. Doch wie viel Zeit ist vergangen, bis ihm Gerechtigkeit widerfuhr.
Gespräche gleichen den Reisen die man zu Wasser macht: man entfernt sich vom festen Land fast ohne es gewahr zu werden und man merkt erst dann, dass man sich vom Ufer entfernt hat, wenn man schon weit weg ist.
So schlecht ein Mann auch über die Frauen denken mag, es gibt doch keine Frau, die über diesen Gegenstand nicht noch schlechter dächte als er.
Wir haben alles getan, was wir schuldig sind, aber alles, was wir getan haben, sind wir schuldig.
Ansprüche machen das Leben schwer. Das glückliche Leben beginnt, wenn man sie aufgibt.
Ehe und Zölibat haben beide ihre Nachteile. Man muß den Stand wählen, dessen Nachteile sich beheben lassen.
Ein anständiger Mann muß die öffentliche Achtung besitzen, ohne daran zu denken und, sozusagen, ohne sein Zutun. Wer sie gesucht hat, hat ihren Umfang selbst bestimmt.
Die Einbildungskraft, die Illusionen hervorbringt, ist wie ein Rosenstrauch, der in jeder Jahreszeit Rosen erblühen läßt.
Manche Bücher hätte selbst der geistreichste Mensch nicht ohne Mietkutsche schreiben können, das heißt, nicht ohne Menschen, Dinge, Bibliotheken, Manuskripte usw.
M. sagte mir, daß es ausgezeichnete Grundsätze für feste und männliche Charaktere gäbe, welche für Charaktere von einer niedrigen Ordnung nicht gälten. Es sind die Waffen Achilles‘, welche niemandem als ihm paßten und unter den selbst Patrokles erliegen müßte.
Ein geistreicher und schlechter und ein geistreicher und anständiger Charakter unterscheiden sich wie ein Mörder und ein Weltmann, der gut fechten kann.
In der Liebe genügt es, einander durch seine liebenswürdigen Eigenschaften und durch seine Annehmlichkeiten zu gefallen; in der Ehe aber muß man, um glücklich zu sein, an einander seine Fehler lieben, oder wenigstens sich ihnen anpassen.
Das Vergnügen kann auf der Illusion beruhen, doch das Glück beruht allein auf der Wahrheit.
In der Gesellschaft werden die Männer klein, von den Frauen bleibt fast nichts übrig.
Der Arme, aber Unabhängige untersteht nur der Notwendigkeit, der Reihe, aber Abhängige einem oder mehreren andern Menschen.
Ein Verliebter ist ein Mann, der liebenswerter sein möchte, als er ist. Darum sind alle Verliebten lächerlich.
Viele Schriftsteller glauben den Ruhm zu lieben und lieben doch nur ihre Eitelkeit.