Zitate von Walther Rathenau
page 2

Tatsächlich und normalerweise gelten neun Zehntel der politischen Tätigkeit den wirtschaftlichen Aufgaben des Augenblicks, der Rest den wirtschaftlichen Aufgaben der Zukunft

Alle große Kunst der Erde, ja alles große Schaffen war liebevoll, dämonisch und frei.

…denn in uns eingepflanzt ist der Drang nach oben, in Sehnsucht, Wollen und Handeln. Ein Denken, das diesen Drang zu vernichten strebt, macht uns zu Verzagten des Gewissens, zu Stümpern des Tuns.

Einwandfrei muß der Mensch sein und die Sache tadellos. Einwandfrei aber ist nur die klare, runde, tadellose Null.

Ein Kunstwerk wird auf den Genießenden nicht mehr Seelenstimmung übertragen, als bei seiner Schöpfung aufgewendet wurde.

Wenn du Menschen beurteilst, so frage nicht nach den Wirkungen, sondern nach den Ursachen der Fehler, die sie machen.

Wie entstehen und ändern sich Gesinnungen? Erlebnis wirkt auf Geist und wandelt ihn. Verschieden aber wird von gleichem Erlebnis verschiedener Geist bestimmt, und diese Verschiedenheit heißt Charakter.

In der Politik soll man weniger versuchen, neue Gelegenheiten zu schaffen, als die sich bietenden zu nutzen.

Regieren hieß vor hundert Jahren verwalten; das ist: eine meinungslose und bildungslose Menge mit oder gegen ihren Willen befriedigen, schlichten, lenken, erziehen und schützen. Heute heißt regieren: Gesetze durchführen, Ziele schaffen und Geschäfte machen.

Was der Empfindung als Geist erscheint, erscheint der Wahrnehmung als Energie. Geist und Energie sind identisch.

Nicht der Mensch stirbt des Todes, sondern das Individuum. Noch heute lebt der Mensch aus der Zeit der Schöpfung: gestorben sind nur Personen.

Gewiß, die Welt und das Leben lassen sich auch ohne Transzendenz betrachten. Es gibt auch Leute, die Beethovens Symphonien pfeifen.

Die Schrift konnte nur von dichtwohnenden und zur Lüge geneigten Völkern erfunden werden: wo Rechtsverhältnisse wesentlich wurden und Überlieferung nicht ausreichte, sie zu schützen.

Der Irrtum moderner Menschen ist, daß sie sich für Herrscher halten. Man beherrscht nur, was man besitzt und begreift.

Kann der Vernünftige nachgeben?… Wir könnten es, wenn die Lage eine symmetrische wäre.

Wir sind nicht da um des Besitzes willen, nicht um der Macht willen, auch nicht um des Glückes willen; sondern wir sind da zur Verklärung des Göttlichen aus menschlichem Geiste.

Fürchterlich ist die Frömmigkeit der Phantasielosen. Als Jesus die geistig Armen selig pries, meinte er die Einfältigen, nicht die Handgreiflichen.

In Deutschland wählte der Patriotismus die aggressive Form. Die Liebe zum Heimischen kleidete sich in den Haß gegen Fremdes.

Man kann metaphysisch von Raum, Zeit, Materie, Welt ruhig wie von realen Dingen reden; mit demselben Recht, wie ich ein Theaterstück in China spielen lassen kann, ohne chinesisch zu versehen.

Wehe dem, der ein Kind in Furcht erzieht, und wenn es die Furcht vor Gott wäre! Denn er schändet unabsehbare Menschengeschlechter.

Demokratie ist die Volksherrschaft nur in den Händen eines politischen Volkes, in den Händen eines unerzogenen und unpolitischen Volkes ist sie Vereinsmeierei und kleinbürgerlicher Stammtischkram.

Wenn wir den reinen Denkapparat nach dem Wesen der Dinge befragen, so antwortet er: Alles, was möglich ist, ist.

Bei allen Menschen ist es zu wissen wichtig, ob sie aus Not, aus Eitelkeit, aus Langeweile oder aus Liebe schaffen.

Hart, blank, scharf und biegsam, einer edlen Klinge vergleichbar: das ist die Schönheit des Gedankens.

Ich habe niemals einen wirklich großen Geschäftsmann gesehen, dem das Verdienen die Hauptsache war.

Neujahrswunsch: Weniger Rede, mehr Gedanken; weniger Interessen, mehr Gemeinsinn; weniger Wissen, mehr Urteil; weniger Zwiespalt, mehr Charakter.

Die sogenannten Machtideale bedürfen keiner Erwähnung. Sie passen auf jeden, der die Mittel zu haben glaubt oder sucht, um sich auf Kosten anderer Vorteile zu schaffen.

Es gibt kein größeres Sakrileg, als vom Zweck des Lebens oder Zweck der Welt zu sprechen. Es gibt nirgends einen Zweck als in der Verderbtheit. Der Zweck ist teuflisch, das gottfeindliche Prinzip.