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Der Schein trügt, ist ein altes Sprichwort... und doch lassen wir uns alle von ihm betrügen.
Wilhelm VogelHoffnungen sind Bänder, mit welchen wir uns selbst die Augen verbinden, um uns über die Wirklichkeit hinweg zu täuschen.
Wilhelm VogelLiebe ohne Seele... ist ein Zeitvertreib, der früher oder später in Überdruß endet... aber die Seele im Blute der Liebe bindet über das Grab hinaus.
Wilhelm VogelDie Menschen fordern geradezu zu dem Verkehr mit der Maske der Heuchelei heraus - denn, wer sie lüftet, wird von selbst unmöglich gemacht.
Wilhelm VogelNur da, wo die materielle Lage einen unabhängigen Standpunkt sichert, können Ideale gedeihen - im Kampf ums Dasein - im Ringen ums tägliche Brot sterben sie einen jammervollen Tod.
Wilhelm VogelDer Mensch, der der inneren Stimme folgt, hat den sichersten Kompaß, um in gerader Linie sein Lebensschifflein durch des Schicksals Fluten dem Endpunkt seiner Reise zuzusteuern.
Wilhelm VogelWir alle fühlen die Komödie, die wir im Leben spielen, kritisieren, bemäkeln und verspotten sie... und machen sie doch ausnahmslos mit.
Wilhelm VogelDiplomatie ist Handelstechnik höheren Ranges. Gefeilscht wird hier ebenfalls, nur mit höherem Raffinement. "Diplomatisch vorgehen" heißt soviel wie auf Umwegen und Hintertüren, dem Unrecht zum Recht zu verhelfen suchen.
Wilhelm VogelDas höchste Glück bringt uns der Augenblick eines unverhofften Gebens des Schicksals, wenn sich ihm jenes Zufriedensein zur Seite stellt, das keine Wünsche mehr hat.
Wilhelm VogelPflichtgefühl ist die treibende Kraft zur Lebensenergie - und dadurch sollen wir uns von den Tieren unterscheiden.
Wilhelm VogelDie Kameradschaft hat gegenüber der Freundschaft den Vorzug, daß ihr Gewissen großmaschiger ist.
Wilhelm VogelDie Frau muss die Stärkere sein, wenn es die Seelenreinheit der Liebe gilt. Der Mann, wenn er liebt, ist zu schwach, um sich nicht zu allen Pflichten niederreißender Leidenschaft hinreißen zu lassen.
Wilhelm VogelReligion soll Religion bleiben, d.h. Innenkultus des Menschen, mit welchem der äußere Mensch und seine Stellung nichts gemeinsam haben.
Wilhelm VogelWir sind alle Augenblicksmenschen, deren Geschick sich auf einen einzigen Wink des Schicksal entscheidet.
Wilhelm VogelWir haben eher Grund, diejenigen zu fürchten, die unsere Fehler absichtlich übersehen, als diejenigen, welche uns kritisieren.
Wilhelm VogelDie ungeschützte mißliche Lage eines andern zu seinem Vorteil auszunutzen und dabei auch noch in der Maske des Wohltäters aufzutreten - ist die Mildtätigkeit so vieler in der Öffentlichkeit als Muster und Wohltäter dastehender Menschen.
Wilhelm VogelDer Mensch wird gehässig, der sich in seinen Plänen, wenn sie unedel sind, durchschaut sieht.
Wilhelm VogelDie Dauer des Todeskampfes einer Liebe hängt wie beim Menschen vom Herzen ab... Der mit dem stärkeren Herzen erleidet den längeren, qualvolleren Tod.
Wilhelm VogelDie Dämmerstunden sind es, in denen wir unser Geschick ausarbeiten, die offene Tageshelle mit ihrem Hasten verwehrt uns die Stille der inneren Ausblicke.
Wilhelm VogelEs gibt auch Leute, die das Laster bewundern, aus Furcht, lächerlich zu erscheinen, wenn sie es verdammen.
Wilhelm VogelMan richtet eine Menschenklasse oder eine Nation nicht nach ihren guten, sondern nach ihren schlechten Eigenschaften.
Wilhelm VogelUnser Empfinden entscheidet viel rascher wie der Verstand, worauf auch zurückzuführen ist, daß wir einen Menschen vom ersten Augenblick an hassen können, ohne ihm je früher im Leben begegnet zu sein - ein Haß, der sich im Laufe der Zeit nicht als unberechtigt herausstellt.
Wilhelm VogelDas charakterisiert die Menschen von heute: Freunde, dicke Freunde, solange die beiderseitigen Interessen den gleichen Weg nehmen. Sofortiger Riß in der Freundschaft, wenn der Egoismus des einen durch Schmälerung seiner Interessen beeinträchtigt wird.
Wilhelm VogelDer Haß bringt einen Menschen seinem Ziele viel rascher näher wie die Liebe, die unsere Kräfte einschläfert, während der Haß sie ständig wach hält und seinen Träger rastlos vorwärts treibt.
Wilhelm VogelDer Genuß, der nur den Sinnen genügt und die Seele ausschließt, bedeutet ein langsames unbewußtes Absterben durch ein süßes, schleichendes Gift, das Körper und Geist lahmlegt.
Wilhelm Vogel