Zitate von Luc de Clapiers
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Ein Mensch, welcher schlecht verdaut und gefräßig ist, ist vielleicht ein ziemlich treues Bild des Geistescharakters der Mehrheit der Gelehrten.
Ist es erstaunlich, daß sich die Mächtigen dieser Welt daran gewöhnt haben, nur sich selbst zu zählen?
Man ist weder zur Lenkung weitverzweigter Geschäfte berufen, noch zur Wissenschaft, zur Kunst oder Tugend, wenn man sie nicht um ihrer selbst willen, unabhängig von dem Ansehen, das sie verleihen, liebt.
Man kann auch diejenigen von ganzem Herzen lieben, deren Mängel man wohl kennt. Es wäre überheblich zu glauben, daß einzig das Vollkommene das Recht habe, uns zu gefallen. Mitunter verbinden uns Schwächen ebenso innig, wie es die Tugend vermag.
Worüber und wie immer man auch schreiben mag, niemals sagt man genug für die Menge und immer zuviel für die Klugen.
Es gibt, wenn man so sagen darf, Schwächen, die untrennbar mit unserem Charakter verbunden sind.
Der treffendste Witz überzeugt nicht mehr, so sehr hat man sich daran gewöhnt, daß dieses Metier auf falsche Voraussetzungen baut.
Um zu wissen, ob ein Gedanke neu ist, braucht man ihn nur so einfach wie möglich auszudrücken.
Das Gefühl der Aussichtslosigkeit, das uns überfällt, wenn wir uns die Achtung eines bestimmten Menschen nicht erringen können, bringt uns fast dazu, ihn zu hassen.
Die Welt ist voll von jener Sorte Menschen, die sich über ihre eigene Unproduktivität trösten, indem sie die Werke der anderen verwerfen, sich über die Ansichten anderer erheben und sich durch eine anmaßend zur Schau getragene Mißachtung der Lehren anderer interessant machen.
Die Halbphilosophen loben den Irrtum, nur um wider Willen der Wahrheit die Ehre zu geben.
Den Armen beherrscht die Not, den Reichen das Vergnügen. Jede Lage hat ihre Gefahren und Pflichten, deren nur das Genie Herr wird.
Wieviel man den Menschen auch hilft, es ist niemals soviel, als sie zu verdienen glauben.
Die Schwachen wollen abhängig sein, um beschützt zu werden. Wer die Menschen fürchtet, liebt die Gesetze.
Das Vergnügen, selbständig zu denken, kann nie das ganze Volk erfassen. Und käme es dazu, würden sich in Philosophie und Kunst sofort alle nur denkbaren Kindereien und Torheiten breitmachen, ja sogar Anhänger finden – genau so, wie in den vom Volk regierten Ländern.
Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
Mitunter sage ich mir wohl: das Leben ist zu kurz, daß mich nichts beunruhigen darf. Kommt aber ein unwillkommener Besucher, der mich beim Ankleiden stört, packt mich Ungeduld, und ich kann es kaum ertragen, mich auch nur eine halbe Stunde zu langweilen.
Es gibt keine auch noch so offenbaren Widersprüche, deren sich der Neid nicht bediente, wenn es gilt, jemandem zu schaden.
Es gibt keine Art von Gewalttätigkeit oder Usurpation, die sich nicht durch ein Gesetz rechtfertigen ließe.
Damit man sagen könne, daß ein Schriftsteller sich widersprochen habe, muß es unmöglich sein, ihn mit sich in Einklang zu bringen.
Was uns die Eitelkeit der andern unerträglich macht, ist, weil sie die unsere verletzt.
Prüft man alle Lächerlichkeiten der Welt, wird man kaum eine finden, die nicht der Eitelkeit entspringt, oder einer Leidenschaft, die uns blind macht für unsere Grenzen. Mit einem Wort: lächerlich ist der Mensch, der seinen Charakter und seine Kräfte überschreitet.
Es ist ein Beweis von Geisteskleinheit, wenn man immer das Schätzenswerte von dem Liebenswerten unterscheidet. Große Seelen lieben natürlicherweise alles, was ihrer Achtung wert ist.
Es gibt nur wenige Menschen, die nicht den Wunsch haben, von Zeit zu Zeit ihrer Verdienste versichert zu werden.
Es gibt gewiß sehr viel Menschen, die aus Unsicherheit oder weil sie fürchten, die Achtung ihrer Mitmenschen zu verlieren, ihre liebsten, ihre beharrlichsten und oft auch ihre besten Neigungen verbergen.
Gerade weil wir die Grenzen unserer Vernunft erkannt haben, sind wir für Vorurteile empfänglich, öffnen wir unsere Phantasie jedem Argwohn und den Gespenstern der Angst.
Das Gesetz, dem Geist wie Körper gehorchen müssen, schreibt dauernde Nahrung für beide vor.
Kleine Ämter muß man auch kleinen Menschen geben, dort entfalten sie ihre Talente und ihre Eigenliebe, verachten niedere Aufgaben nicht, sondern machen sich eine Ehre aus ihnen.
Ich weiß nicht, von welchem Volk man erzählt, daß es die Orakel befragte, was es denn tun müsse, um bei öffentlichen Beratungen nicht lachen zu müssen. Unsere Narrheit ist noch lange nicht so vernünftig wie die dieses Volkes.