Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Das edle: Ich will! hat keinen schlimmeren Feind als das feige, selbstbetrügerische: Ja, wenn ich wollte!
Ob es in dieser Welt Sich wirklich so verhält, Dafür kann ich nicht steh’n; – Ich hab es so geseh’n.
Das sind bedrohliche Menschen, die ein schmächtiges Talentchen und eine gewaltige Ausdauer haben.
Wenn wir aufhören, lebhaft zu hoffen, fangen wir an, uns lebhaft zu erinnern.
Ich bereue nichts, sagt der Übermut, ich werde nichts bereuen, die Unerfahrenheit.
Die Kritik ist von geringer Qualität, die meint, ein Kunstwerk nur dann richtig beurteilen zu können, wenn sie die Verhältnisse kennt, unter denen es entstanden ist.
Wer sich an seine eigene Kindheit nicht mehr deutlich erinnert, ist ein schlechter Erzieher.
Der Mittelmäßige fühlt sich dem Ausgezeichneten gegenüber immer im Zustande der Notwehr.
Überlege einmal, bevor du gibst, zweimal, bevor du annimmst, und tausendmal, bevor zu verlangst.
Ja, mein lieber Schriftsteller, gelesen mußt du haben, recht viel gelesen und gelernt. Aber weh dir, wenn man es merkt! Das ist nur beim Journalisten erlaubt.
Es hat einer eine Dummheit gemacht. Nun ja, er ist noch so jung! – Welch eine liebenswürdige Entschuldigung. Es hat einer eine Dummheit gemacht. Nun ja, er ist schon alt! – Welch eine beschämende Entschuldigung.
Die Gleichgültigkeit, der innere Tod, ist manchmal ein Zeichen von Erschöpfung, meistens ein Zeichen von geistiger Impotenz und immer – guter Ton.
Was sind Erkenntnisse, die nicht von der inneren Kraft des Glaubens getragen werden? Erkenntnis ohne Glauben ist tote Abstraktion.
Späte Freuden sind die schönsten; sie stehen zwischen entschwundener Sehnsucht und kommendem Frieden.
Nicht leisten können, was andere leisten – du mußt dich bescheiden. Nicht mehr leisten können, was du selbst einmal geleistet hast – zum Verzweifeln.
Der Augenblick tritt niemals ein, in dem der Dummkopf den Weisen nicht für fähig hielte, einen Unsinn zu sagen oder eine Torheit zu begehen.
Der Gedanke an die Vergänglichkeit aller irdischen Dinge ist ein Quell unendlichen Leids – und ein Quell unendlichen Trostes.
Wenn alberne Leute sich bemühen, ein Geheimnis vor uns zu verbergen, dann erfahren wir es gewiß, so wenig uns auch danach gelüstet.
Die jetzigen Menschen sind zum Tadeln geboren. Vom ganzen Achilles sehen sie nur die Ferse.
Zur Größe kann man sich aufringen, aufschwingen, aufdulden, aber nicht aufblasen.
Mein Bruder Victor schrieb einmal an meinen Mann: Der beste Mensch ist weiblichen Geschlechtes, der schlechteste auch. Wir sind uninteressante Mittelware.
Was uns an der sichtbaren Schönheit entzückt, ist ewig nur die unsichtbare.
Die Empfindung des Einsamseins ist schmerzlich, wenn sie uns im Gewühl der Welt, unerträglich jedoch, wenn sie uns im Schoße unserer Familie überfällt.
Eine Vernunftehe schließen, heißt in den meisten Fällen, alle seine Vernunft zusammenzunehmen, um die wahnsinnigste Handlung zu begehen, die ein Mensch begehen kann.
Einer der seltensten Glücksfälle, die uns werden können, ist die Gelegenheit zu einer gut angewendeten Wohltat.
Jeder Künstler soll es der Vogelmutter nachmachen, die sich um ihre Brut nicht mehr kümmert, sobald sie flügge geworden ist.
Viele Männer gibt es, viele Frauen, die vernünftig sind im Umgang mit dem eigenen und, ach, so albern im Umgang mit dem anderen Geschlecht.
Andere neidlos Erfolge erringen sehen, nach denen man selbst strebt, ist Größe.
Was ein Kind tut, soll nicht als eine Handlung, sondern als ein Symptom aufgefaßt werden.
Nichts bist du, nichts ohne die anderen. Der verbissenste Misanthrop braucht die Menschen doch, wenn auch nur, um sie zu verachten.
Dauernde Freundschaft kann nur zwischen Menschen von gleichem Wert bestehen.
Wenn eine Frau sagt „Jeder“, meint sie: jedermann. Wenn ein Mann sagt „Jeder“, meint er: jeder Mann.