Zitate von Michel de Montaigne
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Wenn man mich fragt, warum ich reise, antworte ich: Ich weiß wohl, wovor ich fliehe, aber nicht, wonach ich suche.
Nicht einmal im ganzen Jahr fahre ich über die Fehler meiner Untergebenen auf, aber über ihre Ausflüchte, Entschuldigungen und Verteidigungen.
Es bereitet nur wenig mehr Mühe, seine Familie zu regieren oder ein ganzes Königreich.
Eigensinn und Widerspruchsgeist sind niedrige Eigenschaften und meist nur bei kleinen Seelen zu finden.
Ich bin der Auffassung, daß Freuden zu meiden sind, wenn sie größere Schmerzen zur Folge haben, und Schmerzen verheimlicht werden sollten, die in größerer Freude enden.
Der Schlaf erstickt und unterdrückt unsere seelischen Kräfte, der Geschlechtsakt saugt sie ebenso auf und lässt sie verschwinden.
Wir sind nie daheim; wir sind immer weit weg: die Furcht, die Sehnsucht, die Hoffnung treiben uns der Zukunft entgegen und rauben uns das Bewußtsein und die Beachtung dessen, was ist, um uns mit dem zu unterhalten, was sein wird, – höchst wahrscheinlich, wenn wir nicht mehr sind.
Jeder Tod muß mit dem Leben aus einem Stück sein. Das Sterben macht uns nicht zu andern Menschen. Ich erkläre mir den Tod eines Menschen beständig aus seinem Leben.
Ein Abschied verleitet immer dazu, etwas zu sagen, was man sonst nicht ausgesprochen hätte.
Reden ist nicht dasselbe wie Handeln, man muß bei der Beurteilung die Predigt vom Prediger trennen.
Weiß man denn, was einen gesund gemacht hat? Die Heilkunst, das Schicksal, der Zufall oder Omas Gebet?
Die Dummheit ist eine böse Eigenschaft. Aber sie nicht ertragen können, sich darüber aufregen und ärgern, ist eine Krankheit anderer Art, die der Dummheit nichts nachsteht und die gerade so unleidlich ist.
Die Natur sollte sich damit begnügen, das Alter elend zu machen, ohne es auch noch lächerlich zu machen.
Es ist nicht genug, die Erfahrungen zu zählen: man muß sie auch wägen und ordnen. Man muß sie verdauen und erwägen, damit man aus ihnen die Gründe und Schlüsse ziehen kann, die aus ihnen zu ziehen sind.
Auf den Tod sinnen heißt auf Freiheit sinnen. Wer sterben gelernt hat, versteht das Dienen nicht mehr.
Wir leben immer in Beziehung auf unsere Mitmenschen; diese unsere Beschaffenheit, sie mag angelernt sein oder angeboren sein, bringt uns mehr Nachteil als Vorteile.
Überhaupt halten sich ja Gesetze nicht deshalb, weil sie gerecht sind, sondern weil es Gesetze sind. Dies ist die geheimnisvolle Begründung ihrer Gültigkeit; sie haben keine andere.
Wie kann man das Leben verstehen, wenn man es nicht auffaßte als das Arbeiten jedes Einzelnen am Geiste, man kann wohl sagen, am Heiligen Geiste.
Weisheit ist, die Dinge zu nehmen, wie sie sind… und sich mit dem Unabänderlichen abzufinden.
Deiner Selbstkritik wird immer und mit Bereitwilligkeit zugestimmt, dem Eigenlob niemals.
Um seine Kinder braucht sich heutzutage niemand zu sorgen. Wenn sie zu nichts taugen, können sie noch immer in die Politik gehen.
Ich glaube bei den Menschen an alles mehr, wie an ihre Beständigkeit und an nichts williger, als an ihre Unbeständigkeit. Und doch ist das Leben nach einer sicheren und festen Richtschnur anzulegen, das vornehmste Ziel aller Weisheit.
Latein und Griechisch sind zweifellos ein schöner und wirkungsvoller Luxus, aber man bezahlt ihn zu teuer.
Ich weiß nicht, ob man von ihnen etwas ärgeres leiden könne als ihre Eifersucht. Es ist ihre gefährlichste Leidenschaft, so wie der Kopf ihr gefährlichster Körperteil ist.
Wohin ich auch zu gehen gedenke, so muß ich doch erst immer einen Schlagbaum der Gewohnheit freimachen, so sorgfältig hat sie alle unsere Straßen verrammelt.
Aus einfältigen, nicht so gar neugierigen Seelen und nicht so gar gelehrten Seelen werden gute Christen, die aus Ehrfurcht und Gehorsam einfältig glauben, und den Gesetzen folgen.
Das Lügen ist wahrlich ein verdammtes Laster. Sind wir doch Menschen und gesellige Wesen nur durch die Sprache. Würden wir die Tragweite und Scheußlichkeit dieses Lasters recht einsehen, wir würden es mit Feuer und Schwert verfolgen mit mehr Recht als andere Verbrechen.
Die innere Größe besteht nicht darin, sich möglichst weit nach oben oder nach vorwärts zu recken, sondern darin, sich zu bescheiden und zu beschränken.
Je kürzer ich das Leben noch besitze, desto tiefer und umfassender muss ich von ihm Besitz ergreifen.
An dem, was ich an mir selbst erfahren habe, fände ich genug, ein Weiser zu werden, wenn ich nur ein guter Schüler wäre.
Es ist lächerlich und ungerecht, daß der Müßiggang unserer Frauen mit unserem Schweiß bezahlt wird.
Wer klug wäre, würde den wahren Wert jeder Sache daran messen, wie weit sie für sein Leben nützlich und verwertbar ist.