Zitate von Otto Weiß
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Gar viele sind stolz darauf, sich zu einer Religion zu bekennen, deren Gebote sie nicht befolgen.
Ein Pädagoge: Unter den vielen, vielen Lehrmeistern läßt sich einer die allerhöchsten Honorare zahlen: das Leben.
Welcher Unterschied ist zwischen dem Vortrefflichen und den Wertlosen? „Gar keiner“, sagte die Reklame.
Auch der Unfehlbarkeitsdünkel hat seine bestimmten Formeln; eine davon lautet: Meiner unmaßgeblichen Meinung nach…
Ein Wohlbekannter sagte: Das Einkommen muß mindestens doppelt so groß sein, als die Bedürfnisse es erfordert – damit es knapp ausreiche.
Ausspruch eines Ethikers: Es gibt Pflichten, denen man sich nicht entziehen kann – weil sie kontraktlich fixiert sind.
Bekannter Monolog: Wenn’s also nicht möglich ist, es zu erreichen – wie erreicht man es dennoch?
„Warum haben Sie denn nicht geheiratet?“, fragte man einen alten, vergrämten Junggesellen. Worauf er mürrisch antwortete: „Weil man auch im ledigen Stande unglücklich sein kann!“
Täglich kann man es beobachten: Die Wahrheit tritt nirgends schüchterner auf als vor Leuten, die Geld und Einfuß haben.
Wer hätt‘ es nicht schon auf der Straße gesehn, wie eine Frau einem Mann, der hinter ihr ging, langsam nachlief!
Eine Bonne (Kindermädchen): Im Kindesalter sind die Menschen oft so unausstehlich – als wäre sie bereits erwachsen.
Jemand sagte: Da die Menge wankelmütig und undankbar ist, so schließe ich daraus, daß sie aus lauter Einzelnen besteht!
Man muß achtgeben: dadurch, daß man gewissen Leuten Dienste erweist, kann man ihr Schuldner werden!
Lebensphilosophie – ist unter anderem auch die Fähigkeit, einer Sache, die keine guten Seiten hat, die beste abzugewinnen.
Das vergessen die Leute oft: Wenn man das Gewünschte zu spät bekommt, ist es nicht mehr das Gewünschte.
Das Gewissen vieler Leute ist ruhig: denn sie begehen allerlei Schlechtigkeiten, ohne ihren Grundsätzen untreu zu werden.
Grabschrift für einen Bösartigen: Bleib stehen, o Wanderer! Hier liegt ein Mensch, der in der Blüte seines Lebens viel zu spät starb!
Die Liebe hat zwei gefährliche Feinde: Armut und Langeweile. Überhaupt hängt ihre Dauer teilweise von Dingen ab, die gar nichts mit ihr zu tun haben.
Sogar Aphoristen sind eitel. Wie denn auch nicht? Zählen sie doch zu den Schriftstellern! Sie verzichten indes gern auf Lob, wenn man sie – zitiert.
Zwei Definitionen: „Interessant“ ist das, was viele langweilt – und „langweilig“ das, was viele interessiert.
Bei der Hochzeit, da stand in der Nähe des Traualtars ein Aphorist und murmelte: „Wer schwören muß, dem wird mißtraut.“
Manchmal – so wird von uns verlangt – sollen wir aus der Ärmlichkeit des Gebotenen eine möglichst reiche Auswahl treffen.
Glaubt mir: Eine gerechte Sache ist immer am besten bei jenen aufgehoben, die von ihr profitieren.
Unhörbar sagte es schon mancher Verliebte zu seiner Holden: O, laß mich in deinen Armen vergessen, welch herzloses Geschöpf du bist!
Ein Diplomat vertraute mir’s an: Unter gewissen Umständen spielt in der Politik sogar die Ehrlichkeit eine Rolle.
Ewiges Sozialproblem: Wie verteilt man unter Menschen dies und jenes so, daß jeder davon mehr bekommt als der andere?
Im allgemeinen wird die Arbeit mehr geschätzt als die Arbeiter – und die Ausbeutung mehr als der Ausbeuter.
Zu den beiden Großmächten, die die Welt regieren – Hunger und Liebe – gesellt sich noch eine dritte, fast gleiche Stärke: der Neid.