Zitate von Otto Weiß
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Welche Leute ziehen Sie vor: Bibelfeste, die charakterschwach, oder Bibelschwache, die charakterfest sind?
Oft kann man’s sagen: Die Vorbereitungen sind nun so weit gediehen, daß sie sich als überflüssig herausstellen.
Das kann man wohl sagen: Wenn alle Glückwünsche in Erfüllung gingen – es würden ihrer wohl tausendmal weniger dargebracht!
Moralsätze und Lebensregeln lesen die Leute besonders gern; es ist auch wirklich angenehmer, sie zu lesen, als sie zu befolgen!
Eben schlag‘ ich im Adreßbuch nach: Ich möchte nämlich erfahren, wo der Mensch wohnt, der stets weiß, was zu tun und was zu unterlassen ist.
Die Natur hat zwei Lieblingsbeschäftigungen: sie baut auf, um niederzureißen, und reißt nieder, um aufzubauen.
Ein Statistiker: Die öffentliche Moral ist im Durchschnitt zehnmal größer als die private.
Traurig aber wahr: Viele Lehrer müssen ihren Schülern das beibringen, was sie selbst nicht wissen!
Ort, Zeit und Umstände entscheiden darüber, ob ein Vorzug ein Fehler oder ein Fehler ein Vorzug ist.
Überall finden sich Leute – bereit, uns aus einer Lage herauszuhelfen, in der wir uns wohl fühlen.
Die Wissenschaft ist frei von Unfehlbarkeitsdünkel; darin unterscheidet sie sich von vielen Gelehrten.
Mit der Unmäßigkeit ist’s nämlich so: man kann nicht bloß an der eignen zugrunde gehen – auch an der seiner Vorfahren – sogar an der seiner Nachkommen.
Mehr Schriftsteller, als man glaubt, müssen das schreiben, was Frau und Kinder ihnen in die Feder diktieren.
Behandle jeden nicht nur mit der Achtung, die er verdient, sondern auch mit jener, die er nicht verdient.
Daß es Unglück in dieser Welt geben muß, sehen wir ein. Wir sehen nur nicht ein, warum das Unglück gerade uns treffen soll.
Ausspruch eines Fachmannes: Die pädagogische Wissenschaft blüht – die Erziehung liegt im argen.
Der männliche Händedruck, der einer jüngeren Dame gilt, darf höchstens eine Viertelstunde währen.
Gewisse Geister predigen das Evangelium des Egoismus… Wozu der Eifer und die Mühe? ’s ist gerade so, als wollten sie die Menschen ermahnen, zu essen und zu trinken, zu schlafen und sich zu vermehren.
Nichts verletzt viele Frauen mehr, als wenn man ihren Mann abfällig beurteilt; derartiges betrachten sie als Eingriff in ihre Rechte.
Eine Frage: Wer ist tadelnswerter: der Herausgeber eines Skandalblattes – oder die Leser eines Skandalblattes?
Wichtigste pädagogische Frage: Wie erzieht man die Kinder so, daß sie ihren Eltern nicht zu sehr gleichen?
Aehnlichkeiten zwischen Bureaukraten und vielen Schriftstellern: Statt zu denken, schreiben sie.
Schluß einer Erzählung: Endlich machten die Aufregungen und Szenen ruhigeren Verhältnissen Platz – sodaß die Beteiligten sich wieder langweilen konnten wie früher.
Seien wir froh, daß wenigstens diese Dinge nicht der Mode unterliegen: Lieben, Hassen – Lachen, Weinen.
Den möchte ich kennen, der so viel Scharfsinn und Beredsamkeit hätte, um einem Dummkopf zu beweisen, daß er ein Dummkopf sei.
So gern polemisiert manch friedliebender Schriftsteller! Ursache: Nicht sein Charakter, sein Talent ist streitsüchtig.
Wohl fühlt sich mancher allen Strapazen seines Berufs, doch nicht allen Strapazen seiner Muße gewachsen.
Bedauernswerte Menschen gibt’s, die nie in ihrem Leben einen dummen Streich gemacht haben.