Zitate von Georg Christoph Lichtenberg
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Alle Bewegung in der Welt hat ihren Grund in etwas was keine Bewegung ist, warum soll die allgemeine Kraft nicht auch die Ursache meiner Gedanken sein, so gut als sie die Ursache von Gärung ist?
Was mag wohl die Ursache sein, daß unangenehme Gedanken viel lebhafter schmerzen des Morgens, wenn man erwacht, als einige Zeit nachher, wenn man weiß, daß alles wacht, oder auch wenn man aufgestanden ist oder mitten am Tage oder auch des Abends?
Es ist mit dem Witz wie mit der Musik, je mehr man hört, desto feinere Verhältnissse verlangt man.
Vielleicht ist noch nie ein Vater gewesen, der nicht irgend einmal sein Kind für etwas ganz Originelles gehalten hat. Doch glaube ich, sind die gelehrten Väter diesem zärtlichen Irrtum mehr ausgesetzt, als irgend eine andere Klasse von Vätern.
Von dem, was der Mensch sein sollte, wissen auch die Besten nicht viel Zuverlässiges. Von dem, was er ist, kann man aus jedem etwas lernen.
Er handelte mit anderer Leute Meinungen. Er war Professor der Philosophie.
Ich möchte wohl den Titel des letzten Buches wissen, das gedruckt wird, Original, versteht sich, nicht Auflage.
Wenn man die Menschen lehrt wie sie denken sollen und nicht ewig hin, was sie denken sollen: so wird auch dem Mißverständnis vorgebeugt.
Nach einem dreißigjährigen Krieg mit sich selbst kam es endlich zu einem Vergleich; aber die Zeit war verloren.
Zu seinem Weibe sagte Opim: Komm, schönste Hälfte du! Sehr recht, denn halb gehört sie ihm, Halb seinem Nachbarn zu.
Ein Mittel, sich Ruhm zu erwerben, ist, wenn man mit einer gewissen Zuversicht in eine dunkle, unbekannte Materie hineingeht, wohin es niemand der Mühe wert achtet, einem zu folgen, und darüber mit scheinbarem Zusammenhang räsoniert.
Es ist eine traurige Liebe, wo man zum ersten Mal im Grab miteinander zu Bette geht.
Es gibt wirklich sehr viele Menschen, die bloß lesen, damit sie nicht zu denken brauchen.
Man wird häufig finden, dass die Verteidiger der Freiheit nicht selten die größten Tyrannen in ihrem Hause sind.
In Göttingen wird der Mann, der den Kopf von außen zustutzt, von den Purschen eines größeren Vetrauens gewürdigt, als der ihn von innen zu verbessern unternimmt.
Es kommt nicht darauf an, ob die Sonne in eines Monarchen Staaten nicht untergeht, wie sich Spanien ehedem rühmte; sondern was sie während ihres Laufes in diesen Staaten zu sehen bekommt.
Ich kenne die Leute wohl, die ihr meint, sie sind bloß Geist und Theorie und können sich keinen Knopf annähen. Lauter Kopf und nicht soviel Hand, als nötig ist, einen Knopf anzunähen.
Es kann einer in seinem zwanzigsten Lebensjahr noch glauben, daß das Königreich Preußen eine Insel sei, und deswegen doch ein in allem Betracht trefflicher Mensch sein. Ich habe einen solchen gekannt.
Eine Ehe ohne die Würze kleiner Mißhelligkeiten wäre fast so etwas wie ein Gedicht ohne r.
Gesetzt den Fall, wir würden eines Morgens aufwachen und feststellen, daß plötzlich alle Menschen die gleiche Hautfarbe und den gleichen Glauben haben, wir hätten garantiert bis Mittag neue Vorurteile.
A: Sie sind sehr alt geworden. B: Ja, das ist gewöhnlich der Fall, wenn man lange lebt.
Ich habe das schon oft bemerkt; die Leute von Profession wissen oft das Beste nicht.
In Preußen gibt’s noch Patrioten. Dort sind sie aber auch am nötigsten. Nur Patrioten und Philosophen dorthin, so soll Asien wohl nicht über die Grenzen von Kurland vorrücken.
Er speiste so herrlich, daß 100 Menschen ihr „Tägliches Brot gib uns heute“ davon hätte erfüllt werden können.
Man könnte den Menschen so den Ursachen-Bär, so wie den Ameisen-Bär nennen. Das Ursachen-Tier, wäre besser.
Es ist kaum glaublich, wie nachlässig die Menschen mit ihrer Zeit umgehen.
Das, was man wahr empfindet auch wahr auszudrücken, d.h. mit jenen kleinen Beglaubigungszeugen der Selbstempfindung, macht den großen Schriftsteller.
Es gibt kein größeres Hindernis des Fortgangs in den Wissenschaften als das Verlangen, den Erfolg davon zu früh verspüren zu wollen.
Lessings Geständnis, daß er für seinen gesunden Verstand fast zuviel gelesen habe, beweist, wie gesund sein Verstand war.
Viele Spötter meinen, reich an Geist zu sein, und sind doch nur arm an Takt.
Wenn ich je eine Predigt drucken lasse, so ist es über das Vermögen Gutes zu tun, das jeder besitzt.
Ein gewisser Mensch bleibt allezeit in den Augen des Weltweisen einerlei, er mag Perückenmacher oder Minister sein, so wie der Marmor derselbe bleibt, die Statue mag einen Kapuziner oder den Apollo vorstellen, Bronze oder Sandstein wird er aber nicht.
Wenn es doch in Sachen des Geschmacks oder der Kritik überhaupt ein Ober-Appellations-Gericht gäbe!
Die Augen eines Frauenzimmers sind bei mir ein so wesentliches Stück, ich sehe oft danach, denke mir so vielerlei dabei, daß, wenn ich nur ein bloßer Kopf wäre, die Mädchen meinetwegen nichts als Augen sein könnten.
So ist zum Beispiel das Wort unvergleichlich im Deutschen ganz unvergleichlich erbärmlich.
Ich glaube, der Mensch ist am Ende ein so freies Wesen, daß ihm das Recht, zu sein, was er glaubt zu sein, nicht streitig gemacht werden kann.
Er hustete so hohl, daß man in jedem Laut den doppelten Resonanz-Boden Brust und Sarg mitzuhören glaubte.