Zitate von Jean Paul
page 20
Es ist auf der Erde schwer, Tugend, Freiheit und Glück zu erwerben, aber es ist noch schwerer, sie auszubreiten; der Weise bekömmt alles von sich, der Tor alles von andern.
Die Geschichten, die man in der Kindheit las, nehmen etwas vom Zauber unserer eignen Kindheit an.
Wer auf den blumigen Höhen der Menschheit doch kein Glück erreicht, der ist, wenn er ohne Gott im Innern ist, hilfloser als der Niedrige, der wenigstens in der Anklage seiner tiefen Stellung die Hoffnung der Verbesserung sucht.
Gäb es für das Herz nichts als den Augenblick, so dürftest du sagen: um mich und in mir ist alles leer; aber liegt da nicht die lange Vergangenheit hinter dir und wächst täglich, und die Zukunft steht vor dir, und deinen Winter umschließt ein Frühling und ein Herbst.
Die Wettergespräche [kommen] nicht von Langweile, sondern weil der Mensch immer eine starke fortdauernde Empfindung mit Worten äußern und geben will – wäre Krieg, so gäb’s Kriegsgespräche.
Bedeutende Menschen, die uns aber böse geschildert worden, nehmen uns, da wir ihnen stets ein unmoralisches Äußeres dazu liehen, stets bei der ersten Bekanntschaft ein wenig ein.
Erziehung und Unterricht treiben aus uns schöne Keime, als sollten wir zu Griechen erwachsen; später nimmt uns statt des Gärtners der Braumeister, der Staat, in Empfang.
Wahrlich, ich hab‘ oft den Wunsch getan – und nachher ein Gemälde daraus gemacht -, ich möchte dabeistehen können bei allen Aussöhnungen in der Welt, weil uns keine Liebe so tief bewegt als die wiederkehrende.
In unsern Gesprächen verweilen wir bei einem witzigen Gedanken und bestreiten den ernsthaften, anstatt es umzukehren.
Die Menschen aber vergeben lieber Pasquill als Satire, lieber Verleumdung als Ermahnung, lieber Spotten über Orthodoxe und Aristokraten als Vernünfteln darüber.
Man tadelt den eignen Hund, der an jedem Fremdling aufhüpft, liebt es aber, wenn es uns geschieht; so hassen wir unsern Schmeichler nicht so sehr als einen fremden.
Um die Menschen recht zu lieben, muß man sie immer aus einem noch höhern Punkt als dem unserer Verhältnisse (der Freundschaft etc.) ansehen, nämlich aus dem der Menschheit oder Moralität.
Weiber hassen den selten, den sie verläumden – sie denken nichts Böses dabei, wenn sie es sagen.
Um Genies in der Kindheit zu beobachten, müßte man erst wissen, wer eines wird; denn erst hinterher macht man spätere Erlebungen zu frühern Erfahrungen.
Ein Autor bringt sich darum nicht ganz in seinen Roman, weil er eine Menge Züge von sich übriglassen muß, um sie andern Leuten darin zu leihen.
Fehler aus relativen Schlüssen: z. B. das Übel und den Wert eines Menschen verkleinern, indem man beide mit größern vergleicht.
Bleibe treu deinem Herzen und deinem Gott, der es schuf, und waffne deinen Mut nicht gegen dich, sondern für dich.
Wenn man bezahlt wird, denkt man, man arbeitete zu wenig – wenn man arbeitet, man bekomme zu wenig.
Es gibt eine Zeit in der Jugend, wo – wegen der Kraft etc. – uns der Skeptizismus gefällt, der uns nachher, näher am Grabe, peinigt.
In der Liebe wird der Ernst der Jungfrau bezaubern; in der Ehe, die selber ein langer Ernst ist, möchte leichtes Scherzen und Bescherzen der Welt besser einschlagen.
Schwerlich kennt die Frau unter der Liebe etwas größers als die Liebe – der Mann kennt mitten darunter noch seine Lieblingsarbeit, seine Philosophie als das Größere. Bei ihr ist sie Ziel; bei uns ist sie Spaliergewächs an den Schranken zum Ziel.
Überhaupt halte ich die beständige Rücksicht, die wir in allen unsern Handlungen auf fremde Urteile nehmen, für das Gift unsrer Ruhe, unsrer Vernunft und unsrer Tugend.
Der Humor, als das umgekehrt Erhabene, vernichtet nicht das Einzelne, sondern das Endliche durch den Kontrast mit der Idee.
Derselbe Mann, der mich besucht, zeigt sich ganz anders, als wenn ich ihn besuche. Beide Verhältnisse geben erst den Durchschnitt eines Charakters. Ja wieder anders zeigt er sich im Begegnen auf der Reise, wo er weder Gast noch Wirt ist, sondern nur Erdenbürger.
Die verschiedenen Erden und Nebenerden über und um uns sind nur entferntere Weltteile; der Mond ist nur ein kleineres entlegneres Amerika, und der Äther ist das Weltmeer.
Die Blumen der Freude im Herbst des Alters geruchlos; des Frühlings in der Jugend vielleicht giftig, die der Mitte recht.
Nicht der äußere Mensch, aber der innere hat Spiegel nötig. Man kann sich nicht anders ganz sehen, als im Auge eines fremden Sehers.
So viele fingen mit der Liebe an, mit der sie wirken wollten, und mußten aufhören mit der Furcht, die sie gaben.
Die Satire bessert selten. Darum sei sie nicht bloß lächelnd, sondern bitter, um die Toren, die sie nicht bessern kann, wenigstens zu bestrafen.