Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Das Einfache verbirgt sich im Mannigfaltigen, und da ist’s, wo bei mir der Glaube eintritt, der nicht der Anfang, sondern das Ende alles Wissens ist.
Glücklicherweise bleibt uns zuletzt die Überzeugung, dass gar vieles nebeneinander bestehen kann und muss, was sich gern wechselseitig verdrängen möchte; der Weltgeist ist toleranter, als man denkt.
Wenn man älter wird, muss man mit Bewusstsein auf einer gewissen Stufe stehen bleiben.
Auch hat schon Franklin eine besondere Aversion gegen die Mathematiker, in Absicht auf geselligen Umgang, klar und deutlich ausgedrückt, wo er ihren Kleinigkeits- und Widerspruchsgeist unerträglich findet.
Der Mensch hat nach der Geburt noch eine Metamorphose zu bestehen, die der Pubertät. Die Pubertät kann sich lange verziehen, weil zuerst das Knochensystem sein volles Recht haben muss.
Und wie oft hatte ich nicht schmerzlich ausseufzen müssen: Ich trete die Kelter allein. Indem ich mich also nach Bestätigung der Selbständigkeit umsah, fand ich als die sicherste Base derselben mein produktives Talent.
Leider ist es im Diätetischen wie im Moralischen: wir können einen Fehler nicht eher einsehen, als bis wir ihn los sind; wobei denn nichts gewonnen wird, weil der nächste Fehler dem vorhergehenden nicht ähnlich sieht und also unter derselben Form nicht erkannt werden kann.
Ironie ist das Körnchen Salz, das das Aufgetischte überhaupt erst genießbar macht.
Wer ist der glücklichste Mensch? Der fremdes Verdienst zu empfinden weiß und am fremden Genuß sich wie am eignen zu freun.
Niemand weiß, was er tut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewußt.
Es ist einem denkenden Wesen durchaus unmöglich, sich ein Nichtsein, ein Aufhören des Denkens und Lebens zu denken.
Ich kann mich nicht bereden lassen, Macht mir den Teufel nur nicht klein! Ein Kerl, den alle Menschen hassen, Der muss was sein!
Gatten, die sich vertragen wollen, Lernen’s von uns beiden! Wenn sich zweie lieben sollen, Braucht man sie nur zu scheiden.
Nur bei verwickelten mißlichen Fällen erkennt der Mensch, was in ihm steckt.
Anstatt verständig zu belehren und ruhig einzuwirken, streut man willkürlich Samen und Unkraut zugleich nach allen Seiten, kein Mittelpunkt, auf den hingeschaut werde, ist mehr gegeben, jeder Einzelne tritt als Lehrer und Führer hervor und gibt seine vollkommene Torheit für ein vollendetes Ganze[!].
Der Wind, der von den Gräbern der Alten herweht, kommt mit Wohlgerüchen wie über einen Rosenhügel. Die Grabmäler sind herzlich und rührend und stellen immer das Leben her.
Heute geh ich, komm ich wieder, singen wir ganz andre Lieder. Wo so viel sich hoffen läßt, ist der Abschied ja ein Fest.
Die Geschichte wie die des Universums, das sie repräsentieren soll, hat einen realen und idealen Teil.
Das ganze Leben besteht aus Wollen und Nicht-Vollbringen, Vollbringen und Nicht-Wollen.
Was auch als Wahrheit oder Fabel In tausend Büchern dir erscheint, Das alles ist ein Turm zu Babel, Wenn es die Liebe nicht vereint.
Seit sechzig Jahren seh ich gröblich irren Und irre so derb mit drein, Da Labyrinthe nun das Labyrinth verwirren, Wo soll euch Ariadne sein?
In seiner Jugend glaubt jeder, dass die Welt eigentlich erst mit ihm angefangen habe, und dass alles eigentlich um seinetwillen da sei.
Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen, Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt.
Ach wenn in unsrer engen Zelle Die Lampe freundlich wieder brennt, Dann wird’s in unserm Busen helle, Im Herzen, das sich selber kennt. Vernunft fängt wieder an zu sprechen Und Hoffnung wieder an zu blühn; Man sehnt sich nach des Lebens Bächen, Ach! nach des Lebens Quelle hin.
So sei doch höflich! – Höflich mit dem Pack? Mit Seide näht man keinen groben Sack.
Denn fort ist fort, und was einmal, dir ein Mächtiger nimmt, das hast du besessen.
Welch Glück ist’s, ein leichtes, ein freies Herz zu haben! Mut treibt uns an Beschwerlichkeit, an Gefahren; aber große Freuden werden nur mit großer Mühe erworben.
Die kleinen Gefälligkeiten der Freundschaft sind tausendmal werter als jene blendenden Geschenke, wodurch uns die Eitelkeit des Gebers erniedrigt.
Man will Wahrheit, man will Wirklichkeit und verdirbt dadurch die Poesie.
Es ist nichts furchtbarer anzuschauen als grenzenlose Tätigkeit ohne Fundament. Glücklich diejenigen, die im Praktischen gegründet sind und sich zu gründen wissen!
Der herrliche Calderon hat so viel Konventionelles, dass einem redlichen Beobachter schwer wird, das große Talent des Dichters durch die Theateretikette zu erkennen.
Die Stadt selbst ist unangenehm, dagegen rings umher eine unaussprechliche Schönheit der Natur.
Je ausführlicher ein Bericht ist, desto lebhafter sehnt sich der Geist nach dem Urbilde.
Ich habe die Tage der Freiheit gekannt, ich hab sie die Tage der Leiden genannt.
Wer es nicht glauben will, der gehe seinen Weg, auch der gelingt zuweilen; ich aber sage: von unten hinauf zu dienen, ist überall nötig. Sich auf ein Handwerk zu beschränken, ist das Beste.
Man liest viel zu viel geringe Sachen, womit man die Zeit verdirbt und wovon man weiter nichts hat. Man sollte eigentlich immer nur das lesen, was man bewundert, wie ich in meiner Jugend tat, und ich es nun an Walter Scott erfahre.