Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Es ist viel Tradition bei den Kunstwerken. Die Naturwerke sind immer wie ein erstausgesprochenes Wort Gottes.

Das artige Wesen, das, entzückt, sich selbst und andre gern beglückt, das möchte ich Seele nennen.

Allein kann der Mensch nicht wohl bestehen, daher schlägt er sich gern zu einer Partei, weil er da, wenn auch nicht Ruhe, doch Beruhigung und Sicherheit findet.

Die außerordentlichen Männer des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts waren selbst Akademien, wie Humboldt zu unserer Zeit. Als nun das Wissen so ungeheuer überhand nahm, taten sich Privatleute zusammen, um, was dem Einzelnen unmöglich wird, vereinigt zu leisten.

Eine Welt zwar bist du, o Rom, doch ohne die Liebe wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

Die Natur wird allein verständlich, wenn man die verschiedensten isoliert scheinenden Phänomene in methodischer Folge darzustellen bemüht ist.

Das Vollkommene, wo es anzutreffen ist, gibt eine gründliche Befriedigung, wie der Schein eine oberflächliche, und so bringen beide eine ähnliche Wirkung hervor.

Die angenehmsten Gesellschaften sind die, in welchen eine heitere Ehrerbietung der Glieder gegeneinander abwaltet.

In einem solchen Augenblick zweifelt man keineswegs, hier das Kunstwerk der Kunstwerke, oder, wenn man gemäßigter sprechen will, ein höchst musterhaftes zu erblicken.

Niemand wollte gestehen, dass eine Idee, ein Begriff der Beobachtung zu Grunde liegen, die Erfahrung befördern, ja das Finden und Erfinden begünstigen könne.

Wer nicht das Mechanische vom Handwerk kennt, kann nicht urteilen: den Meister kann niemand und den Gesellen nur der Meister meistern.

Alle Menschen, wie sie zur Freiheit gelangen, machen ihre Fehler geltend: die Starken das Übertreiben, die Schwachen das Vernachlässigen.

Die Männer wissen gar viel, wenn sie etwas finden können, was uns, wenigstens dem Scheine nach, herabsetzt.

Zuerst im stillsten Raum entsprungen, Das Lied erklingt von Ort zu Ort: Wie es in Seel‘ und Geist erklungen, So hallt’s nach allen Zeiten fort.

Man sagt: „Eitles Eigenlob stinket“. Das mag sein; was aber fremder und ungerechter Tadel für einen Geruch habe, dafür hat das Publikum keine Nase.

Wer weiß, wie noch die Würfel fallen? Und hat er Glück, so hat er auch Vasallen.

Schauspieler gewinnen die Herzen und geben die ihrigen nicht hin; sie hintergehen aber mit Anmut.

Liebt euch! und verzeiht euch kleine Schwachheiten und trachtet, daß euch die gegenseitige Liebe alles ersetzt.

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, und haben sich, es man es denkt, gefunden.

Mädchen haben Zeit zu beobachten, und da finden sie meist, was sie nicht suchen.

Kinder halten nicht, was sie versprechen; junge Leute sehr selten, und wenn sie Wort halten, hält es ihnen die Welt nicht.

Schreitet ins Leben zurück! Nehmet den heiligen Ernst mit hinaus, denn der Ernst, der heilige, macht allein das Leben zur Ewigkeit.

Mit Narren leben wird dir gar nicht schwer, Erhalte nur ein Tollhaus um die her.

Das Vermögen, jedes Sinnliche zu veredeln und auch den totesten Stoff durch Vermählung mit der Idee zu beleben, ist die sicherste Bürgschaft unseres übersinnlichen Ursprungs.

Die Ehe ist der Anfang und der Gipfel aller Kultur. Unauflöslich muß sie sein; denn sie bringt so vieles Glück, daß alles einzelne Unglück dagegen gar nicht zu rechnen ist.

Die ersten Liebesneigungen einer unverdorbenen Jugend nehmen durchaus eine geistige Wendung. Die Natur scheint zu wollen, dass ein Geschlecht in dem anderen das Gute und Schöne sinnlich gewahr werde.

Daß Glück ihm günstig sei, was hilft’s dem Stöffel? Denn regnet’s Brei, fehlt ihm der Löffel.

Nur uns Armen, die wir wenig oder nichts besitzen, ist es gegönnt, das Glück der Freundschaft in reichem Maße zu genießen.

Ein jeder leidet, der nicht für sich selbst handelt. Man handele für andere, um mit ihnen zu genießen.

Mit dem Vertrauen ist es eine wunderliche Sache. Hört man nur einen: der kann sich irren oder sich betrügen; hört man viele: die sind in demselbigen Falle, und gewöhnlich findet man da die Wahrheit gar nicht heraus.

Das Publikum beklagt sich lieber unaufhörlich, übel bedient worden zu sein, als dass es sich bemühte, besser bedient zu werden.

Liegt dir Gestern klar und offen, wirkst du heute kräftig frei, kannst auch auf ein Morgen hoffen, das nicht minder glücklich sei.

Das Genie mit Großsinn sucht seinem Jahrhundert vorzueilen; das Talent aus Eigensinn möchte es oft zurückhalten.

Mancher grüßet uns freundlich bei Tage, doch käm er im Finstern uns in den Weg, es möchte wohl kaum zum Besten geraten.

Weiß hat Newton gemacht, aus allen Farben. Gar manches hat er euch weisgemacht, was ihr ein Säkulum glaubt.

Man erzählt von einem unserer trefflichsten Männer, er habe mit Verdruss das Frühjahr wieder aufgrünen gesehen und gewünscht, es möchte zur Abwechslung einmal rot erscheinen.

Der Verständige findet fast alles lächerlich, der Vernünftige fast nichts.

Das Fürchterlichste ist, wenn platte, unfähige Menschen zu Phantasten sich gesellen.

Aber die Kreise des Wahren berühren sich unmittelbar; aber in den Intermundien hat der Irrtum Raum genug, sich zu ergehen und zu walten.

Gewinnt man einer fremden Arbeit die Art nicht ab, wie sie behandelt werden will, so kann eine Übersetzung oder Umbildung nicht gelingen.

Wofür ich Allah höchlich danke? Daß er Leiden und Wissen getrennt. Verzweifeln müßte jeder Kranke, das Übel kennend wie der Arzt es kennt.

Das Glück tappt unter die Menge, faßt bald des Knaben lockige Unschuld, bald auch den kahlen schuldigen Scheitel.