Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Wo ich nicht mit Folge wirken, fortgesetzt Einfluß wirken kann, ist es geratener, gar nicht wirken zu wollen.

Geist und Körper, innig sind sie ja verwandt, ist jener froh, gleich fühlt sich dieser frei und wohl, und manches Übel flüchtet vor der Heiterkeit.

Der Schein, was ist er, dem das Wesen fehlt? Das Wesen, wär‘ es, wenn es nicht erschiene?

Wollt ihr Macht? Der Mächtige hat sie. Wollt ihr Reichtum? Zugegriffen! Glanz? Behängt euch! Einfluß? Schleicht nur! Hoffe niemand solche Güter; Wer sie will, ergreife sie.

Der Haß ist eine läst’ge Bürde. Er senkt das Herz tief in die Brust hinab und legt sich wie ein Grabstein schwer auf alle Freuden.

Autorität: ohne sie kann der Mensch nicht existieren, und doch bringt sie eben soviel Irrtum als Wahrheit mit sich.

Aus einer großen Gesellschaft heraus ging einst ein stiller Gelehrter nach Haus. Man fragte: Wie seid Ihr zufrieden gewesen? Wärens Bücher, sagte er, ich würd‘ sie nicht lesen.

Mit der Oper, wie sie bei uns zusammengesetzt ist, mag ich mich nicht abgeben, besonders weil ich diesen musikalischen Dingen nicht auf den Grund sehe.

Jede Kunst verlangt den ganzen Menschen, der höchstmögliche Grad derselben die ganze Menschheit.

Was ist das Heiligste? Das, was heut und ewig die Geister, Tief und tiefer gefühlt, immer nur einiger macht.

Man läßt sich seine Mängel vorhalten, man läßt sich strafen, man leidet manches um ihrer willen mit Geduld; aber ungeduldig wird man, wenn man sie ablegen soll.

Die Frauen haben eine gewisse Zurückhaltung aus Bescheidenheit, die ihre größte Zierde ist, sie hindert sie, ihre Gefühle frei zu äußern, und diese werden sie am wenigsten zu Tage legen, wenn Eitelkeit im Spiel ist.

Wein, er kann dir nicht behagen, Dir hat ihn kein Arzt erlaubt, Wenig nur verdirbt den Magen Und zu viel erhitzt das Haupt.

In jedem Künstler liegt ein Keim von Verwegenheit, ohne den kein Talent denkbar ist, und dieser wird besonders rege, wenn man den Fähigen einschränken und zu einseitigen Zwecken dingen und brauchen will.

Man sagt, zwischen zwei entgegengesetzten Meinungen liege die Wahrheit mitten inne. Keineswegs! Das Problem liegt dazwischen, das Unschaubare, das ewig tätige Leben, in Ruhe gedacht.

Man spricht so viel von Geschmack: der Geschmack besteht in Euphemismen. Diese sind Schonungen des Ohrs mit Aufregung des Sinnes.

Sehr oft, wenn wir uns von dem Beabsichtigten für ewig getrennt sehen, haben wir schon auf unserm Wege irgendein anderes Wünschenswerte gefunden, etwas uns Gemäßes, mit dem uns zu begnügen wir eigentlich geboren sind.

Die Tage und Jahre fliehen mit einer so reißenden Lebhaftigkeit, dass man sich kaum besinnen kann, und bergab scheint es noch immer schneller zu gehen.

Wo das Vertrauen fehlt, da fehlt dem Kranz der Liebe seine schönste Blüte.

Der Aberglaube ist ein Erbteil energischer, großtätiger, fortschreitender Naturen, der Unglaube das Eigentum schwacher, kleingesinnter, zurückschreitender, auf sich selbst beschränkter Menschen.

Überhaupt lernt niemand etwas durch bloßes Anhören, und wer sich in gewissen Dingen nicht selbständig bemüht, weiß die Sache nur oberflächlich und halb.

Jeder Jammer wird Wollust, wenn wir seine klemmende, stechende Empfindung, die unser Herz ängstigt, durch Klagen lindern und zu einem sanften Kitzel verwandeln.

Um es in der Aussprache zur Vollkommenheit zu bringen, soll der Anfänger alles sehr langsam, die Silben, und besonders die Endsilben, stark und deutlich aussprechen, damit die Silben, welche geschwind gesprochen werden müssen, nicht unverständlich werden.
![Johann Wolfgang von Goethe - Seine [Lord Byron 's gezeichnete] Frauen sind gut. Es ist aber auch das einzige Gefäß, was uns...](https://www.netzitate.com/bilder/159/zitate-von-johann-wolfgang-von-goethe-3885.jpg)
Seine [Lord Byron’s gezeichnete] Frauen sind gut. Es ist aber auch das einzige Gefäß, was uns Neuern noch geblieben ist, um unsere Idealität hineinzugießen.

Die Natur gerät auf Spezifikationen wie in eine Sackgasse: sie kann nicht durch und mag nicht wieder zurück; daher die Hartnäckigkeit der Nationalbildung.

Die Welt ist eine Glocke, die einen Riß hat: sie klappert, aber klingt nicht.

Geschieht wohl, daß man einen Tag weder sich noch andre leiden mag, will nichts dir nach dem Herzen ein. Sollts in der Kunst wohl anders sein? Drum hetze dich nicht zur schlimmen Zeit; denn Füll und Kraft sind nimmer weit: Hast in der bösen Stund geruht, ist dir die gute doppelt gut.

Die Frage: Woher hat’s der Dichter? geht auch nur aufs Was, vom Wie erfährt dabei niemand etwas.

Die größten Wahrheiten widersprechen oft geradezu den Sinnen, ja fast immer.

Eine alte Gewohnheit legt sich so leicht nicht ab, und eine Richtung, die wir früh genommen, kann wohl einige Zeit abgelenkt, aber nie ganz unterbrochen werden.

Mußt nicht widerstehn dem Schicksal, aber mußt es auch nicht flieh’n! wirst du ihm entgegengehen, wird’s dich freundlich nach sich zieh’n.

Die Krankheit des Gemüts löset sich in Klagen und Vertrauen am leichtesten auf.

Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben! Und Fluch vor allem der Geduld!

Greift nur hinein ins volle Menschenleben! Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt, Und wo Ihr’s packt, da ist’s interessant.

Es ist vieles wahr, was sich nicht berechnen läßt, sowie sehr vieles, was sich nicht bis zum entscheidenden Experiment bringen läßt.