Zitate von Christa Schyboll
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Manche Helden zeichnen sich dadurch aus, daß sie lieber ein Leben retten als viele, weil sie im Affekt eine kleine mathematische Gleichung übersahen.

Permanentes Lächeln kann manische Züge tragen, wenn man es zu traurigen Anlässen benutzt.

Poesie bedeutet, einen schönen Gedanken in einen harmonischen Rhythmus zu kleiden und damit Gefühle in tanzende Schwingung zu versetzen.

Die Vererbbarkeit von geistigem Rost ist nicht nur in einzelnen Kulturen zu beobachten, sondern tritt mittlerweile generationsübergreifend als flächendeckendes globales Phänomen auf.

Die Raffinesse manch schöner Frau erfährt ihren Höhepunkt dann, wenn sie selbst eine kleine Warze als besonderes Schönheitsattribut zu vermarkten versteht.

Die Existenzberechtigung eines kühl kalkulierenden rationalen Denktypus ergibt sich aus der Notwendigkeit, daß jemand da sein muß, der im Falle einer spontanen Massenhysterie ganz sachlich und klar den Urin aus dem Schuh der schier Verzweifelten schüttet.

Starke Charaktere zeichnen sich durchaus nicht allein durch Intelligenz aus, sondern bauen auch auf untrüglichen Instinkt.

Wenn die Zeit es nicht mehr sonderlich eilig hat, ist dies ein erstes Indiz dafür, daß sich im Raum die Trägheit ausbreitet.

Künstlerisches Vermögen ist der fragile Schwebezustand zwischen nachhaltiger Veredelung und Degeneration bis an die Todesgrenze.

Die Religionen werden dann wieder einen echten Zulauf und Hochkonjunktur bei den wirklich Suchenden haben, wenn die unendlich tiefe Freude über die Liebe in jeder freien Form in der Welt auch wieder richtig Spaß machen darf – aber ohne Verzicht dabei auf eine mögliche Heiligsprechung!

Mancher schwarze Politiker ist mit dem Dunkel seiner Gesinnung so klar und hell in die Öffentlichkeit getreten, daß die dort geworfenen Schatten bräunliche Färbungen annahmen.

Traumtänzer mögen zwar ihren Traum tanzen, aber sie tanzen sich nur selten ins Zentrum der realen Erfüllung ihrer Wünsche.

Der Tod stirbt dann, wenn das Leben so lebendig geworden ist, daß seine Vitalität sich nicht mehr erschöpft. Der Tod stirbt dann, wenn wir die Gottesdurchdringung im Herzen erfahren.

Warum klingt nur der Ausspruch „Du Held!“ bei manchen Menschen so, als meinten sie: „Du Idiot!“

Ein Fünfzehnsekundenkuß, der die psychische Zeit von fünfzehn Jahren birgt, muß nicht zwangsläufig in einer Beziehungskrise enden.

Wenn du deinen Gott verloren hast und die alten Werte dir nichts mehr bedeuten, dann schaff‘ dir einen neuen Gott, der alles ist und alles kann und dir so sehr vertraut, daß er die Verantwortung für all dein Tun nur in dein eignes Urteil legt!

Manche Phlegmatiker sind Menschen, die so lähmend langsam handeln können, daß sie zur Massenhypnose befähigt wären.

In der Chefetage des Klimas spielen die Stürme mehr und mehr die erste Geige und sind an ihrer steilen Karriere nur noch durch einen Polsprung zu hindern, der den Erdbeben neue Chancen auf einen Vorstandsposten verheißt.

Mit stürmischem Elan werden die letzten Tabus gebrochen und die Erde zittert dabei in ihren Festen und gibt dabei zum Besten wie sie zurückschlägt und läßt dabei Stürme, Vulkane und Eisberge kochen.

Manche Touristen sind Menschen, die nach ihrem Urlaub nichts brauchen als Ferien und Ruhe.

Welche Spuren verwischst du, wenn du leise Nettigkeiten über dich selbst in deine Gespräche flechtest? Fürchtest du vielleicht, dir selbst am Ende nicht gerecht zu werden?

In den Stunden des nackten Entsetzens tropfen die Sekunden wie langsam fließender Honig in die Gegenwart.

Die lokale Bösartigkeit im einzelnen Menschen hat die inhärente Tendenz, zur globalen Feindseligkeit auszuufern.

Die Anziehung der klugen Frau bedingt den klugen Mann, der diese Klugheit zu schätzen und zu genießen weiß.

Wer sich ernsthaft dem Studium des Wesens der Zeit widmet, erfährt früher oder später seinen eigenen Katapult aus derselben.

Manche Talkmaster sind Menschen, die Menschen nur dazu benutzen, um anderen Menschen zu zeigen, wie sie selbst niemals leben möchten.

Solange die Tradition große Bedeutung hat, verbleibt die große Bedeutung in den Fesseln der Geschichte.

Manche Vorstandsvorsitzende sind Menschen, durch deren Nervenenden zuckende Blitze nichts als hohe Börsenkurse in den Äther malen – und sie dabei selbst selig von immer höheren Tantiemen träumen.

Manche Quasselstrippen sind Menschen, die mit leeren Wortgeschossen verheerender sind als alle Armeen der Welt.

Die Demokratie läßt sich als ein Reglement für den Ellenbogengebrauch zum Wohl aller verstehen.

Manche Jugendliche sind Menschen, die ihre pubertierenden Eltern nur mit strenger Erziehung ins wahre Leben entlassen können.

Wollen dich die Pechsträhnen nicht verlassen, dann dreh den Spieß um und verlaß selbst die Pechsträhnen.

Bevor Gott die zehn Gebote den Menschen gab, vergaß er aufs Kleingedruckte im Anhang hinzuweisen: Du sollst keine Transzendenz erreichen und darfst stattdessen unendlich viele weitere Gebote deinen Mitmenschen geben, damit du dich ein wenig göttlich fühlst.

Viele Frauen, die nicht so aussehen, wie sie aussehen möchten, sehen nur deshalb nicht so aus, weil ihr eigener Spiegelblick sie immerzu überkritisch anschaut.

Manche „Gelbliberale“ mit grünen Themen, die mit roten Finanzierungsvorschlägen voll ins Schwarze treffen wollen, erzeugen damit häufig nur Farbkleckse, die nicht einmal einen weißblauen Hintergrund vertragen.

Wenn du dich tatsächlich frei fühlst, hast du vermutlich nicht die Determination deiner Dreidimensionalität gründlich bedacht.

Die Notwendigkeit deines Läuterungsprozesses hast du eingeleitet durch die Lebensbeichte, die da spricht: Mea Culpa, noch immer bin ich lediglich ein Mensch!

Manche Opiumbauern sind Menschen, die den Rauchschleier des Seelennebels nur über fremde Kulturen legen möchten.

Wen das Brummen einer Fliege noch stört, hat bei seiner Meditation noch nicht das Brummen von zwei Fliegen in verschiedenen Ecken eines Zimmers gleichzeitig gehört.

Beherrscht man die Kunst der freien Rede lange schon perfekt, ist verwöhntes Publikum nur noch durch einen neuerdings verwendeten Spickzettel zu erstaunen.

Manche Mütter sind Menschen, deren Kinder im Zoo eine vermutlich natürlichere Erziehung bekämen als unter der Fuchtel der Gesellschaftsnorm.

Die unerschütterliche Entschlossenheit manch eines Lehrers in Bezug auf die Steigerung des Bildungsniveaus seiner Klasse läßt ihn manchmal als Prototyp hyperkinetischen Verhaltens erscheinen.

Den Schlüssel zu den Schönheiten der Außenwelt findest du in deinem reichen Innern. Doch läßt er sich nur finden, wenn dein Auge nicht nur die Zerstreuung sucht.

Nur jene Lügen, die glaubwürdig genug sind, die ganze Welt zum Guten umzukrempeln, lohnen einen moralischen Fehltritt.

Die Grenzen des Wissens zu erweitern bedarf völlig anderer intellektueller Voraussetzungen als die Grenzen des Unwissens zu erweitern.

Die besten Beobachter sind jene, die während des Vorgangs der Beobachtung von niemandem dabei beobachtet werden, deren Beobachtung sie nur ablenken würde.