Zitate von Denis Diderot
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Die Scharlatane, die nicht schweigen können und die Schweigen und Bescheidenheit für Symptome von Unwissenheit und Dummheit halten, legen sich unerschöpfliche Zitatenschätze zu.
Christus hat gesagt, er sei gekommen, um den Gatten von der Gattin, die Mutter von ihren Kindern, den Bruder von der Schwester, den Freund vom Freunde zu trennen; seine Vorhersage hat sich nur zu getreulich erfüllt.
In der Natur fressen sich alle Gattungen, alle Stände fressen dich in der Gesellschaft, wir strafen einer den andern, ohne daß das Gesetz sich dreinmische.
Gegen unvernünftige Gesetze werden wir Reden halten, bis man sie bessert, und unterdessen werden wir uns ihnen blindlings unterwerfen.
Warum sind die Frommen, die Andächtigen, so hart, so widerlich, so ungesellig? Sie haben sich zu leisten auferlegt, was ihnen nicht natürlich ist. Sie leiden, und wenn man leidet, macht man andere leiden.
Wenn die Vernunft ein Geschenk des Himmels ist und wenn man vom Glauben das gleiche sagen kann, so hat uns der Himmel zwei unvereinbare, einander widersprechende Geschenke gemacht.
Nicht der erregte Mensch, der außer sich ist, kann uns mitreißen; das ist das Vorrecht des Menschen, der sich in der Gewalt hat.
Es muß doch eine gewisse Würde mit der menschlichen Natur innig verknüpft sein, die niemand ersticken kann.
Man kann die Begriffe, die keine Grundlage in der Natur haben, mit jenen Wäldern des Nordens vergleichen, deren Bäume keine Wurzeln haben. Es bedarf nur eines Windstoßes, nur einer geringfügigen Begebenheit, um einen ganzen Wald von Bäumen oder von Ideen umzuwerfen.
Mag nur der Haushalt groß oder klein sein, mindestens eins von dem Paar muß gesunden Menschenverstand besitzen.
Selten wird ein Handwerk rechtlich betrieben, oder wenig rechtliche Leute sind bei ihrem Handwerk.
Die Reue entsteht vielleicht weniger aus dem Entsetzen vor sich selbst, als vielmehr aus Angst vor den anderen, weniger aus Scham über die Handlung, als wegen des Tadels und der Strafe, die ihr unbedingt folgen, wenn die Tat entdeckt würde.
Wenn einer Frau sehr viel daran liegt, euch irrezuführen, wird sie den Rausch der Leidenschaft vortäuschen; ja sie wird ihn sogar empfinden, ohne sich zu vergessen.
Ich habe die Tugend der Menschlichkeit, eine Quelle so vieler anderer Tugenden, zwar in vielen Köpfen bemerkt, aber nur in wenigen Herzen.
Es wäre viel wichtiger, darauf hinzuarbeiten, das Elend zu verhüten, als die Zufluchtsstätten für die Elenden zu vermehren.
Der Hauptpunkt im Leben ist doch nur: frei, leicht, angenehm, häufig, alle Abende auf den Nachtstuhl zu gehen. O stercus pretiosum! das ist das große Resultat des Lebens in allen Ständen.
Nie zu bereuen und nie anderen Vorwürfe zu machen, das sind die ersten Schritte zur Weisheit.
Ich unterhalte mich mit mir selbst von Politik, von Liebe, von Geschmack oder Philosophie und überlasse meinen Geist seiner ganzen „Leichtfertigkeit“. Mag er doch die erste Idee verfolgen, die sich zeigt, sie sei weise oder töricht.
Wenn man hört, wie viel Aufhebens ein Theologe von der Handlung eines Menschen macht, der als Lüstling von Gott geschaffen ist und der mit seiner Nachbarin, die Gott so gefällig und anmutig machte, geschlafen hat: könnte man da nicht meinen, die Welt sei an allen vier Ecken in Brand gesteckt worden?
Die einen, so scheint mir, haben viele Werkzeuge und wenig Ideen; die anderen haben viele Ideen und gar keine Werkzeuge. Das Interesse der Wahrheit würde verlangen, daß die Denkenden sich endlich dazu herbeilassen, sich mit den Schaffenden zu verbünden.
Aufgeklärtheit und Aufrichtigkeit sind also der wahre Maßstab für Autorität in der Rede.
Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären, sagte Gott zu dem pflichtvergessenen Weibe. Aber was haben ihm die Weibchen der Tiere getan, die auch mit Schmerzen gebären?
Ich stelle mir das große Gehege der Wissenschaft als ein weites Feld mit dunklen und hellen Stellen vor.
Der Quietismus ist die Heuchelei des perversen Mannes und die wahre Religion der liebevollen Frau.
Wenn man einen falschen Weg einschlägt, verirrt man sich um so mehr, je schneller man geht.
Im übrigen haben es diejenigen, die befähigt sind, sich von Vorurteilen zu befreien, nicht nötig, sich belehren zu lassen.
Je seltener sie [die Tugend] unter den Menschen ist, desto höher muß sie geschätzt werden. Man lobt sie, doch man tut nichts für sie.
Weshalb einen Schuldigen bestrafen, wenn man aus seiner Züchtigung keinen moralischen Gewinn ziehen kann?
Halte dir stets vor Augen, daß die Natur nicht Gott, daß ein Mensch keine Maschine und daß eine Vermutung keine Tatsache ist.
Dabei ist es mit den heftigen Freuden ebenso wie mit dem tiefen Schmerz: sie sind stumm.
Wahrlich, lieber Leser, du bist eben so streng in deinem Tadel, als du oft in deinem Lobe flüchtig bist.
Die Kunst des Briefeschreibens ist nichts anderes als die Kunst, die Arme zu verlängern.
Ein Glück, das nicht von Zeit zu Zeit vom Vergnügen belebt wird und über das Vergnügen nicht seine Wonnen ausbreitet, ist weniger ein wahres Glück als ein Zustand, eine ruhige Lage: das ist ein trauriges Glück.
Vielleicht ist keine Freude auf Erden mit der einer Mutter zu vergleichen, die ihr Erstgeborenes erblickt; aber dieser Augenblick des Glücks wird teuer erkauft.
Was aber wird Gott mit denjenigen machen, die nichts von seinem Sohn gehört haben? Wird er Taube bestrafen, weil sie nichts hören konnten?
Der Besitz von Gütern ist wohl die Grundlage für unser Glück, aber nicht das Glück selbst…