Zitate von Elmar Schenkel
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Es gibt Tage, da mache ich meinen Sprücheschrank zu. Die Küche muss ruhen. Viele Gedanken müssen auch erstmal in die Spülmaschine.
Auf das Wissen kann es im Zeitalter der Information nicht mehr ankommen. Was gelernt werden muss, ist der Umgang mit unserem Nicht-Wissen.
Zwischen einem Gedanken und einem Traumbild steht oft nur eine dünne Wand, und manchmal weiß man nicht, auf wessen Seite man steht.
Und was haben wir auf dem Mond verloren? Vielleicht sind unsere Reisen zum Mond nichts anderes als ein Versuch, die Frage zu beantworten, was wir auf der Erde verloren haben.
Was wäre aus dem Menschengeschlecht geworden, wenn es nie Missverständnisse gegeben hätte?
Ich vertiefte mich in Ciorans aphoristische Prosa, die sich unendlich zu wiederholen schien und doch immer wieder dem Nichts andere Lichter aufsetzte.
Es ist gut, über die Flüsse zu reden. Besser ist es, zu ihnen zu sprechen. Doch das Beste ist, ein Fluss zu werden.
Nachteil bei Demokratien: Mit ihren gewählten Herrschern kann man gleich die Wähler mithassen.
Ich werde fotografiert und schon bin ich Teil der Zukunft eines anderen oder vieler anderer.
Das alchemistische Labor dieser Tage ist der Computer, und sein Porzellan ist der Bildschirm. Auch er soll die Zeit, den Tod überwinden, doch wir verlieren alle Zeit dieser Welt an ihn.
Langsames Lesen: die Worte beim Wort nehmen, sie wiegen, den Stimmungen von Sätzen und Zeilen nachgehen, sie auf Assoziationen aller Art abklopfen, nach Echos suchen. Philologie wird damit zu einer Verweigerung von Hast.
Alles verändert sich dauernd; fortwährend sind wir im Übergang zu etwas Anderem. Wir leben in einer Adapter-Kultur.
Ein Buch der abgebrochenen Träume, das ist die Geschichte der Menschheit. Sie tat alles im Schlaf und konnte nichts vollenden.
Kein Glück ohne Vergessen, sagen die einen. Die anderen sagen: Kein Glück ohne Erinnerung. Das Fazit: Kein Glück ohne Gegensatz.
Wir stehen also mitten in einer Geschichte [der Science Fiction], deren Anfang wir suchen, solange noch kein Ende in Sicht ist.
Der Mensch ist unberechenbar – Grundformel der sozialen Mathematik. Daran ist noch aller Plan zugrunde gegangen.
Komplimente wie Witze funktionieren nur, wenn sie eine Lücke mitbringen, an der der Angesprochene seinen Geist oder sein Wissen erweisen kann.
Die Weisheit ist die ältere Schwester der Dummheit, aber beide gehören zur selben Familie.
Der Name ist ein Intermezzo auf unserem Weg von der Namenlosigkeit in die Namenlosigkeit. Er bleibt eine Zeit lang sichtbar, wie die Kreise, die ein Stein im Wasser geworfen hat. Der Name ist ein Stein, der ins Wasser des Lebens geworfen wird.
Aphorismen klingen wie Dekrete, es sind aber nur Tastversuche. Die Sprache zwingt dem Ausdruck einen Ton auf, den das Denken nicht hat.
Nachteil beim Zeichnen: du bist dem Gegenstand ausgeliefert, und er dir, zu einem einzigen Zeitpunkt. Das Schreiben aber kann Zeiten verschieben, dafür fehlt die Spontaneität. Eine verzögerte Auslieferung.