seite 8
Ideen wandern wie Wörter. Sie werden verdreht, verbogen, sie verlieren Vokale, werden vorne oder hinten ergänzt, erhalten einen Artikel und schmücken sich überhaupt mit fremden Federn - bis zur Unkenntlichkeit.
Elmar SchenkelNicht was soll ich tun, sondern soll ich was tun.
Elmar Schenkel[Fantasy]-Bücher sind den Märchen ebenbürtige Reiseführer in den Abgründen der menschlichen Seele, dem wirklichen Lonely Planet.
Elmar SchenkelUnmöglich mit einem Lageplan der Promis über einen berühmten Friedhof zu gehen. Der Zufall im Himmel bewahrt unser Lächeln.
Elmar SchenkelSammlungen sichern ein Leben über den Tod hinaus. Der Sammler schützt sich durch das Sammeln vor dem Tod. Dadurch ist er einigermaßen zufrieden.
Elmar SchenkelBücher werden geschrieben, weil wir uns nicht mehr an unsere Träume erinnern können.
Elmar SchenkelDer Mensch war immer ein Amphibienwesen und wird es bleiben. Erst bewegte er sich zwischen Wasser und Land, heute zwischen digital und analog.
Elmar SchenkelAuch Erkenntnisse leiden bei längerer Lagerung an Vitaminverlust.
Elmar SchenkelReligionen: Die Berge sind verschieden, die Gipfel gleich.
Elmar SchenkelDie meisten können sich Phantasie gar nicht leisten.
Elmar SchenkelGleichzeitig auf unserem Planeten: Steinzeit und Einsteinzeit.
Elmar SchenkelFast alle unsere Konflikte - von den menschlichen Beziehungen bis in den Verkehr und die Politik - rühren daher, dass wir uns nicht genügend in den anderen versetzen können.
Elmar SchenkelVollkommene Menschen können nie eine Gesellschaft bilden.
Elmar SchenkelWir sind Wesen der Oberfläche. Nur die Oberfläche ist schön, nicht die Blutgefäße und die Organe darunter. So lieben wir auch die Stadtzentren und nicht die Industriegebiete. Was produziert und schafft, ist hässlich.
Elmar SchenkelDie Träume sind wie Menschen. Erweise ihnen Respekt. Unterhalte dich mit ihnen, befrage sie, sie können dich langweilen oder enttäuschen, sie können aber auch antworten und dich anregen. Manchmal tragen sie einen Schlüssel mit sich, der auf dein Schloss passt.
Elmar SchenkelUnsere Welt lebt auf einer Endmoräne der Ewigkeit.
Elmar SchenkelDie Bücher, die man im Laufe seines Lebens lesen kann, belaufen sich - nach einer Berechnung von Arno Schmidt - auf wenige Tausend. Der Rest ist Schweigen, ein fortwährend anschwellendes Unwissen.
Elmar SchenkelMoral des Übersetzers: Texte zum Fremdgehen ermuntern.
Elmar SchenkelDie Intellektuellen leben immer schon in einem Gefängnis, denn intellektuell sein heißt, vom Leben abgeschnitten sein. Man bewegt sich von jeher in einer kleinen Zelle, die wir auch Kopf nennen.
Elmar SchenkelEs ist schwierig, sich die Schwächen anderer vorzustellen.
Elmar SchenkelUnwissen ist Macht. Wissen ist Ohnmacht.
Elmar SchenkelStärke und Schwäche Nietzsches - seine Formulierungen sind so stark, dass man immerzu versucht ist, sie aus ihrem Kontext zu lösen. Er gehört zu denen, die man nicht kennen muss, um sie zitieren zu können.
Elmar SchenkelPfeil und Bogen enthalten fast alles, was die spätere Geschichte an Nützlichem und Schädlichem hervorgebracht hat. Rakete, Feuerzeug, Saiteninstrument, Bohrer, Maschinengewehr. Die Neuzeit ist nicht zu Unrecht eine Fußnote zur Steinzeit genannt worden.
Elmar SchenkelManche Gedanken verschwinden aus reiner Trägheit.
Elmar SchenkelDas Wiederlesen des einst Geschriebenen (welche Überraschungen einen da erwarten!) simuliert den Blick der Toten auf das Leben.
Elmar SchenkelRechts: Wir sind die Besten! Links: Unsere Ideen sind die besten! Was ist daraus zu folgern? Denen, die weder an das eine noch an das andere glauben, wird es schlecht ergehen, sobald eine der beiden Himmelsrichtungen herrscht.
Elmar SchenkelAbhaltungskünste: alles was von den Wundern ablenkt.
Elmar SchenkelDas Wesen der Religion ist die Aufhebung der Einsamkeit und der Sterblichkeit.
Elmar SchenkelEine der größten Erfindungen ist zweifellos das Nadelöhr.
Elmar SchenkelGeh hin, sprach der Aphorismus, nimm deinen Kopf und nicht den eines anderen!
Elmar SchenkelDas Kind eines deutsch-asiatischen Paars: "ich bin überall Ausländer. In Asien, in Amerika, in Deutschland." Nach einer kurzen Pause: "Ich weiß, was ich bin. Ich bin ein Ichländer."
Elmar SchenkelGedankenwinter - dann fliegen nur wenig Sporen durch die Luft.
Elmar SchenkelFriedhöfe sind ein unabgeschlossenes und unendliches Projekt der Menschheit, das in die Zukunft wie tief in die Vergangenheit reicht.
Elmar SchenkelDer Mond war die Uhr der Urzeit.
Elmar SchenkelFische haben Flossen, Menschen haben Floskeln. Damit bewegt man sich durch das Leben wie durch Wasser.
Elmar SchenkelAufgabe der Erziehung: make people unboreable! Hilf ihnen so zu werden, dass sie sich nie wieder langweilen.
Elmar SchenkelDie einen bauen Straßen, die immer besser befahrbar werden. Der Verkehr wird schneller und schneller. Nun müssen sie wieder künstliche Buckel bauen, um die Fahrzeuge abzubremsen. Die anderen überlassen das von Anfang an den Straßen.
Elmar SchenkelIntuition setzt Wissen voraus, unbewusst gewordenes.
Elmar SchenkelDie Jahreszeit des Aphorismus ist der Übergang vom Herbst zum Winter. Es sind keine Blätter mehr an den Bäumen und es liegt noch kein Schnee. Alles steht kahl und scharf umrissen da.
Elmar SchenkelVerehren und Verachten sind billig zu haben. Das Dazwischen ist viel schwieriger und weniger lustig.
Elmar SchenkelWie oft möchten wir nicht die Toten bei uns haben, wie oft beschwören wir sie in unseren Reden! Und dann wiederum diese Angst vor den Untoten. Wir mögen's halt nur metaphorisch.
Elmar SchenkelJede Kultur ist, wie jede Sprache, ein System von Gewohnheiten.
Elmar SchenkelErnst Jünger abgewandelt: wie sehr uns auch das Gedächtnis im Stich lässt, der Traum bleibt uns treu. Nur im Traum ist das Vergangene wirklich zu haben.
Elmar SchenkelVor einem großen Ereignis beschäftigt man sich hauptsächlich mit Kleinigkeiten, als sei man in ein Mikroskop gefallen.
Elmar SchenkelKreativität kommt nicht aus einem Gedanken, sondern aus dem Zwischenraum zwischen zwei Gedanken.
Elmar SchenkelVerlegenheit macht Liebe.
Elmar SchenkelWir werden nicht geboren, sondern nur kurzzeitig dem Nichts entzogen.
Elmar Schenkel... dann diese Momente, in denen nichts kommt und geht und man sich schlicht in ein Straßencafé setzt, um das Kommen und Gehen den anderen zu überlassen - wie es einmal wirklich sein wird.
Elmar SchenkelAuch wenn alles vergeht, das längste Gedächtnis hat die Kunst.
Elmar SchenkelMir kommen sie [die Märchen] vor wie Burgen auf Hügeln, zwischen denen sich die Geschichte hindurchschlängelt.
Elmar Schenkel