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Wieviel schöner ist es doch meist, zum Beispiel einen verlorenen Gegenstand wiederzufinden oder eine gute Verdauung zu haben, als im Lotto zu gewinnen. Die Zufriedenheit hält länger an und sie ist ungetrübt.
Elmar SchenkelSokrates hat übertrieben, mir reicht es zu sagen: Ich weiß, dass ich vieles nicht mehr weiß - und gleich dazu: ich weiß, dass ich vieles noch nicht weiß. Da bleibt nicht viel übrig, aber etwas mehr als nichts ist es doch.
Elmar SchenkelJede Form von Utopie, die den Menschen als letzte Instanz auf der Erde einsetzt, hat ihr Problem mit dem Tod.
Elmar SchenkelZitatverbot. Um Dinge dringlicher erscheinen zu lassen, ist es besser, auf Zitate oder schon Zitatzeichen zu verzichten. Gänsefüßchen schläfern ein, das ist dem Handbuch für Plagiatoren zu entnehmen.
Elmar SchenkelOrte träumen in Farbe. Die Farbe erträumt Orte. Und Worte. Es heißt also nicht, dass Bilder verortet sein müssen. Sie sind das eigentlich Ortlose, wie das Auge, das schweift, das mitgeht oder stehenbleibt.
Elmar SchenkelDas Leben besteht aus Vorwänden. Immer nur Vorwänden, bis man vor der eigentlichen Wand steht.
Elmar SchenkelIch vermute, dass auch das Spiel, das wir Leben nennen, mit einer Überraschung endet - so, wie es mit einer Überraschung begonnen hat.
Elmar SchenkelEin Notizbuch ist wie ein Handy. Man kann fotografieren und sogar telefonieren - mit der Vergangenheit!
Elmar SchenkelBei der Betrachtung von Reklamewänden in der U-Bahn stellt sich unwillkürlich die Frage, ob nicht die Reklame das älteste menschliche Bedürfnis ist.
Elmar SchenkelIch nehme mir zum Neuen Jahr immer etwas Schlimmes vor, zum Beispiel: Ich will dieses Jahr mehr Fernsehen schauen. Wenn das am Ende nicht gelingt, fühlt man sich gut. Also solche Vorsätze, deren Nicht-Einlösen gute Gefühle erzeugt...
Elmar SchenkelWo früher bei langweiligen Vorträgen geträumt, geschwätzt oder gedrudelt wurde, wird heute gesurft. Das Smartphone ist unser Erlöser geworden.
Elmar SchenkelEinfacher als die Geburt scheint der Tod zu sein. Am Ende schaffen ihn alle; doch nur ganz wenigen gelingt es, geboren zu werden.
Elmar SchenkelEr [Cioran] liebte das Primäre und Unverstellte: Was zähle, sei die Vorgeschichte, also die Zeit, bevor man ins Bewusstsein, in die Geschichte eintrete, das unbewusste Leben.
Elmar SchenkelFundamentalisten aller Couleur haben ein Problem mit der Nacktheit. Bei ihren Heiligen Schriften aber pochen sie auf Nacktheit. Es gibt keine andere Interpretation, denn die wäre nur Verkleidung.
Elmar SchenkelWir können uns nur unterhalten, weil wir verschieden sind. Komplette Empathie wäre das Ende von Sprache.
Elmar SchenkelDas Leben ist eine Überflüssigmachmaschine. Je älter man wird, desto deutlicher wird, wie und wo und wann man überflüssig geworden ist. Die große Kunst besteht darin, dieses Überflüssigwerden als Auszeichnung zu verstehen, als Geschenk.
Elmar SchenkelDas Notizbuch hypnotisiert den vorbeiziehenden Gedanken so lange, bis er sein Inkognito aufgibt.
Elmar SchenkelDer Verlust der Tiere in unserer Welt ist nicht genügend reflektiert worden. Mit dem Tier stirbt Gott, und der Übermensch muss herbeigerufen werden. Mit dem Tier verschwindet der Sinn aus der Geschichte.
Elmar Schenkel[Das] menschliche Maß, mit dem wir in die Welt geschickt wurden, um sie schön zu finden oder ihre Gefahren rechtzeitig zu erkennen.
Elmar SchenkelEine Meditation über Tapeten - solche, die den Raum öffnen oder verschließen. Tapeten erzeugen Innenzustände, man schaut auf die Wände des Bewusstseins.
Elmar Schenkel