Emanuel Wertheimer Zitate
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Hat man nicht mehr nötig zu heucheln, wird man aufrichtig; dann ist die Wahrheit des Heuchlers verderblicher als seine Heuchelei.

Der alte Bibelspruch lautet heute für viele so: Im Schweiße eines andern Angesichts sollst du dein Brot verdienen.

Die Frauen lieben lange, ehe sie’s gestehen, die Männer lange nicht mehr, wenn sie’s noch beteuern.

Der Schlaue hat immer die Meinung, die zwischen zwei verschiedenen Meinungen liegt.

Wenn ihm bemerkbare Vorzüge fehlen, geht der Eitle so weit, sich durch lächerliche Gebrechen zu entstellen, nur um aufzufallen.

Die eigne Anerkennung allein befriedigt deshalb nicht auf die Dauer, weil sie durch ihre Beständigkeit an Eindruck verliert.

Die Liebe würde ihren Namen verdienen, könnte sie sich die Beständigkeit der Eigenliebe zum Muster nehmen.

Die Menge versteht von der Kunst beinahe alle Wirkungen und fast keine einzige Ursache.

Der originelle Denker löscht alles um sich aus, ehe er sein eignes Licht anzünden will.

Der Zufall ist nur ein Sklave, der auszuführen hat, was Ursache und Wirkung ihm befehlen.

Harren die Genüsse jederzeit unsers Befehls einzutreten, dann empfängt man sie kalt, ja zuweilen weist man ihnen sofort die Thüre.

Der Verbrecher verteidigt sich so lange vor seinem Gewissen, bis sein Opfer als Angeklagter vor ihm steht.

Am unerträglichsten sind jene, die für Minuten Geist haben und stundenlang damit glänzen wollen.

Um in Gesellschaft für geistreich zu gelten, muß man über jede Art von Schmeichelei verfügen.

Oft grüßt der Zufall, ohne dass wir danken, öfter noch grüßen wir, ohne dass er dankt.

Wir werden weder besser noch schlechter: zu ersterem fehlt uns die Fähigkeit, zu letzterem die Möglichkeit.

Ein Optimist sagte: Zu den ganz guten Menschen zähle ich schon die nicht ganz schlechten.

Die Musik hat die literarische Bildung zurückgedrängt, sie ist eine Art geistigen Müßiggangs geworden; ihre Pflege ist daher gesichert.