Zitate von Friedrich Hölderlin
page 6
Immer kommen die großen Wendezeiten der Völker aus dem Abgrund, und gewaltig dämmert’s im Abgrund, im alles merkenden auf.
Nichts läßt die Erde mit größerer Sicherheit zur Hölle werden als der Versuch des Menschen, sie zu seinem Himmel zu machen.
Was lebt, ist unvertilgbar, bleibt in seiner tiefsten Knechtsform frei, bleibt Eins und wenn du es scheidest bis auf den Grund, bleibt unverwundet und wenn du bis ins Mark es zerschlägst und sein Wesen entfliegt dir siegend unter den Händen.
Zu wem so laut das Schicksal spricht, der darf auch lauter sprechen mit dem Schicksal, sagt ich mir; je unergründlicher er leidet, um so unergründlich mächtiger ist er.
Seid gesegnet, goldne Kinderträume, ihr verbargt des Lebens Armut mir, ihr erzogt des Herzens gute Keime, was ich nie erringe, schenket ihr!
Die Natur war Priesterin und der Mensch ihr Gott, und alles Leben in ihr und jede Gestalt und jeder Ton von ihr nur Ein begeistertes Echo des Herrlichen, dem sie gehörte.
Es gibt ein Vergessen alles Daseins, ein Verstummen unseres Wesens, wo uns ist, als hätten wir alles gefunden.
Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste, Hohe Tugend versteht, wer in die Welt geblickt. Und es neigen die Weisen Oft am Ende zum Schönen sich.
Laß allen Tugenden die Sterbeglocke läuten! Ich höre ja dich, dich, deines Herzens Lied, du Liebe!, und finde unsterblich Leben, indessen alles verlischt und welkt.
Und so ist’s mein gewisser Glaube, daß am Ende alles gut ist, und alle Trauer nur der Weg zu wahrer heiliger Freude ist.
Es ist fast nicht möglich, unverhüllt die schmutzige Wirklichkeit zu sehen, ohne selbst darüber zu erkranken.
Der große Dichter ist niemals von sich selbst verlassen, er mag sich so weit über sich selbst erheben, als er will.
Oft schläft, wie edles Samenkorn, das Herz des Sterblichen in toter Schale, bis ihre Zeit gekommen ist…
Ich glaube, daß dies das Eigentum der seltnen Menschen ist, daß sie geben können, ohne zu empfangen, daß sie sich auch „am Eise wärmen“ können.
Ist der Mensch nicht veraltert, verwelkt, ist er nicht, wie ein abgefallen Blatt, das seinen Stamm nicht wieder findet und nun umhergescheucht wird von den Winden, bis es der Sand begräbt? Und dennoch kehrt sein Frühling wieder!
Neide die Leidensfreien nicht, die Götzen von Holz, denen nichts mangelt, weil ihre Seele so arm ist, die nichts fragen nach Regen und Sonnenschein, weil sie nichts haben, was der Pflege bedürfte.
Wie der Zwist der Liebenden sind die Dissonanzen der Welt. Versöhnung ist mitten im Streit, und alles Getrennte findet sich wieder.
Das ist ewige Jugend, daß immer Kräfte genug im Spiele sind, und wir uns ganz erhalten in Lust und Arbeit.
Es ist doch ewig gewiß und zeigt sich überall: je unschuldiger, schöner eine Seele, desto vertrauter mit den andern glücklichen Leben, die man seelenlos nennt.
Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenrots?
Wurzel allen Übels: Einig zu sein, ist göttlich und gut; woher ist die Sucht denn unter den Menschen, daß nur Einer und Eines nur sei?
Die heimatliche Natur ergreift mich auch umso mächtiger, je mehr ich sie studiere.
Wer nur mit ganzer Seele wirkt, irrt nie. Er bedarf des Klügelns nicht, denn keine Macht ist wider ihn.
Ich meinte immer, um in Frieden mit der Welt zu leben, um die Menschen zu lieben und die heilige Natur mit wahren Augen anzusehen, müßte ich mich beugen und, um anderen etwas zu sein, die eigene Freiheit verlieren. Ich fühle es endlich: Nur in ganzer Kraft ist ganze Liebe.
Ich wollte dir manches vorräsonnieren. Aber die Nacht ist wunderschön. Der Himmel und die Luft umgibt mich, wie ein Wiegenlied, und da schweigt man lieber.
Ist nicht göttlich, was ihr höhnt und seellos nennt? Ist besser denn euer Geschwätz die Luft nicht, die ihr trinkt?
Ach! wär ich nie in eure Schulen gegangen. Die Wissenschaft, der ich in den Schacht hinunter folgte, von der ich, jugendlich töricht, die Bestätigung meiner reinen Freude erwartete, die hat mir alles verdorben.
Der Not ist jede Lust entsprossen, Und unter Schmerzen nur gedeiht Das Liebste, was mein Herz genossen: Der holde Reiz der Menschlichkeit.
Der Schmerz kann mich zu Boden werfen, aber überwältigen kann er mich nicht, so bald ich will.
Für des Menschen wilde Brust ist keine Heimat möglich; und wie der Sonne Strahl die Pflanzen der Erde, die er entfaltete, wieder versengt, so tötet der Mensch die süßen Blumen, die an seiner Brust gedeihten, die Freuden der Verwandtschaft und der Liebe.
Es ist schön, daß es dem Menschen so schwer wird, sich vom Tode dessen, was er liebt, zu überzeugen, und es ist wohl keiner noch zu seines Freundes Grabe gegangen, ohne die leise Hoffnung, da dem Freunde wirklich zu begegnen.
Vollendete Natur muß in dem Menschenkinde leben, eh es in die Schule geht, damit das Bild der Kindheit ihm die Rückkehr zeige aus der Schule zur vollendeten Natur.
Glaube mir und denk, ich sag’s aus tiefer Seele dir: die Sprache ist ein großer Überfluß. Das Beste bleibt doch immer für sich und ruht in seiner Tiefe, wie die Perle im Grunde des Meers.
Glaube kann nie geboten werden, so wenig als Liebe. Er muß freiwillig und aus eigenem Triebe sein.
Es ist ein köstlich Wohlgefühl in uns, wenn so das Innere an seinem Stoffe sich stärkt, sich unterscheidet und getreuer anknüpft und unser Geist allmählich waffenfähig wird.