Zitate von Friedrich Nietzsche
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Der Weise spricht Dem Volke fremd und nützlich doch dem Volke, zieh ich des Weges, Sonne bald, bald Wolke – und immer über diesem Volke!
Nicht wo das Auge aufhört zu erkennen, sondern schon dort wo eure Redlichkeit aufhört, da sieht das Auge nichts mehr.
Das Herz ist es, das begeistert: und der Geist ist es, der beherzt und kalt in der Gefahr macht.
Ich glaube, dass die Vegetarianer mit ihrer Vorschrift, weniger und einfacher zu essen, mehr genützt haben als alle neueren Moralsysteme zusammengenommen.
Die Flamme ist sich selber nicht so hell, als den anderen, denen sie leuchtet: so auch der Weise.
Im Beifall ist immer eine Art Lärm: selbst in dem Beifall, den wir uns selber zollen.
Schriftsteller, welche im allgemeinen ihren Gedanken keine Deutlichkeit zu geben verstehen, werden im einzelnen mit Vorliebe die stärksten, übertriebensten Bezeichnungen und Superlative wählen: dadurch entsteht eine Lichtwirkung, wie bei Fackelbeleuchtung auf verworrenen Laufwegen.
Manche Dinge, Ereignisse oder Personen, vertragen es nicht, im kleinen Maßstabe behandelt zu werden. Man kann die Laokoon-Gruppe nicht zu einer Nippesfigur verkleinern; sie hat Größe notwendig.
Die gewöhnlichste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt; das Belügen andrer ist relativ der Ausnahmefall.
Warum so stolz! – Ein edler Charakter unterscheidet sich von einem gemeinen dadurch, daß er eine Anzahl Gewohnheiten und Gesichtspunkte nicht zur Hand hat, wie jener: sie sind ihm zufällig nicht vererbt und nicht anerzogen.
Die Menschen glauben an die Wahrheit all dessen, was ersichtlich stark geglaubt wird.
Bemalte Gerippe: das sind jene Autoren, welche das, was ihnen an Fleisch abgeht, durch künstliche Farben ersetzen möchten.
Wenn man von einem unerträglichen Druck loskommen will, so hat man Haschisch nötig. Wohlan, ich hatte Wagner nötig.
Wünsche will ich, nichts als Wünsche: und immer an Stelle der Erfüllung einen neuen Wunsch.
Wen haßt das Weib am meisten? – Also sprach das Eisen zum Magneten: Ich hasse dich am meisten, weil du anziehst, aber nicht stark genug bist, an dich zu ziehen.
Neues will das Edle schaffen und eine neue Tugend. Altes will der Gute und daß Altes erhalten bleibe.
Die für beide Parteien unangenehmste Art, eine Polemik zu erwidern, ist sich zu ärgern und schweigen: denn der Angreifer erklärt sich das Schweigen gewöhnlich als Zeichen der Verachtung.
Das absolute Wissen führt zum Pessimismus: die Kunst ist das Heilmittel dagegen.
Schlamm ist auf dem Grunde ihrer Seele; und wehe, wenn ihr Schlamm gar noch Geist hat!
Man muß lieben lernen, gütig sein lernen, und dies von Jugend auf; wenn Erziehung und Zufall uns keine Gelegenheit zur Übung dieser Empfindung geben, so wird unsere Seele trocken und selbst zum Verständnis jener zarten Empfindungen liebevoller Menschen ungeeignet.
Aber daß ein Baum groß werde, dazu will er um harte Felsen harte Wurzeln schlagen!
„Irgendjemand muss schuld daran sein, dass ich mich schlecht befinde“ – diese Art zu schließen ist allen Krankhaften eigen.
Eure schlechte Liebe zu euch selber macht euch aus der Einsamkeit ein Gefängnis.
An der Forderung, daß das Große ewig sein soll, entzündet sich der furchtbare Kampf der Kultur; denn alles andere, was noch lebt, ruft nein!
Herrschen – und nicht mehr Knecht eines Gottes sein – dies Mittel blieb zurück den Menschen zu veredeln.
Die Länge des Tages. Wenn man viel hineinzustecken hat, so hat ein Tag hundert Taschen.
Jeder suchte eine Magd mit den Tugenden eines Engels. Aber mit einem Male wurde er die Magd eines Weibes, und nun täte er Not, daß er darüber noch zum Engel werde.
Über sich selber lachen, wie man lachen müsste, um aus der ganzen Wahrheit heraus zu lachen, – dazu hatten bisher die Besten nicht genug Wahrheitssinn und die Begabtesten viel zu wenig Genie! Es gibt vielleicht auch für das Lachen noch eine Zukunft!
Wenn man ein Jahr lang schweigt, so verlernt man das Schwätzen und lernt das Reden.
Denn viele Menschen… sind selber Intervalle und Pausen in der Symphonie des wirklichen Lebens.
Wie das Leben einmal eingerichtet ist, bezahlt man alles etwas zu teuer – scheint mir.
Solange man etwas erlebt, muß man dem Erlebnis sich hingeben und die Augen schließen, also nicht darin schon den Beobachter machen. Das nämlich würde die gute Verdauung des Erlebnisses stören: anstatt einer Weisheit trüge man eine Indigestion davon.
Im Grunde haben alle Civilisationen jene tiefe Angst vor dem „großen Menschen, welche allein die Chinesen sich eingestanden haben, mit dem Sprichwort „der große Mensch ist ein öffentliches Unglück.
Ich habe fliegen gelernt, seitdem will ich nicht erst gestoßen sein, um von der Stelle zu kommen.
Jede Verachtung des geschlechtlichen Lebens, jede Verunreinigung desselben durch den Begriff „unrein“ ist ein Verbrechen am Leben selbst.
Das Individuum wird von seinen Erziehern behandelt, als ob es zwar etwas Neues sei, aber eine Wiederholung werden solle. Erscheint der Mensch zunächst als etwas Unbekanntes, nie Dagewesenes, so soll er zu etwas Bekanntem, Dagewesenem gemacht werden.