Zitate von Friedrich Nietzsche
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Jeder, der seinen Geist zeigen will, läßt merken, daß er auch reichlich vom Gegenteil hat.
Die sogenannten Paradoxien des Autors, an welchem der Leser Anstoß nimmt, stehen häufig gar nicht im Buche des Autors, sondern im Kopfe des Lesers.
Er ist ein Denker: das heißt, er versteht sich darauf, die Dinge einfacher zu nehmen, als sie sind.
Die liebliche Bestie Mensch verliert jedesmal, wie es scheint, die gute Laune, wenn sie gut denkt: sie wird „ernst“.
Damit der Mensch vor sich Achtung haben kann, muss er fähig sein, auch böse zu werden.
In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegoßnen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der Weltgeschichte, aber doch nur eine Minute.
Denn was ist Schönheit, wenn nicht das von uns erblickte Spiegelbild einer außerordentlichen Freude der Natur, darüber dass eine neue fruchtbare Möglichkeit des Lebens entdeckt ist?
Der Mensch allein widerstrebt der Richtung der Gravitation: er möchte beständig nach oben – fallen.
Der größte Teil unseres Wesens ist uns unbekannt. Trotzdem lieben wir uns, reden als von etwas ganz Bekanntem, auf Grund von ein wenig Gedächtnis. Wir haben ein Phantom vom „Ich“ im Kopfe, das uns vielfach bestimmt.
Menschen, die gegen sich misstrauisch sind, wollen mehr noch geliebt sein als lieben, um einmal, für einen Augenblick wenigstens, an sich glauben zu dürfen.
Die Kirche ist exakt das, wogegen Jesus gepredigt hat – und wogegen er seine Jünger kämpfen lehrte.
Was ist das Siegel der erreichten Freiheit? – Sich nicht mehr vor sich selber schämen.
Aber damit wird Heraklit ewig recht behalten, daß das Sein eine leere Fiktion ist.
Macht ohne Siege. – Die stärkste Erkenntnis (die von der völligen Unfreiheit des menschlichen Willens) ist doch die ärmste an Erfolgen: denn sie hat immer den stärksten Gegner, die menschliche Eitelkeit.
Des einen Einsamkeit ist die Flucht des Kranken; des anderen Einsamkeit die Flucht vor den Kranken.
An sich wäre es ja viel natürlicher, daß man der Jugend geographische, naturwissenschaftliche, nationalökonomische, gesellige Grundsätze beibrächte, daß man sie allmählich zur Betrachtung des Lebens führte und endlich, spät, die merkwürdigsten Vergangenheiten vorführte.
Die Predigt der Keuschheit ist eine öffentliche Aufreizung zur Widernatur. Jede Verachtung des geschlechtlichen Lebens, jede Verunreinigung desselben durch den Begriff ‚unrein‘ ist die eigentliche Sünde wider den heiligen Geist des Lebens.
Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung: sie heißt Schwangerschaft.
Mir scheint dagegen die wichtigste Frage aller Philosophie zu sein, wie weit die Dinge eine unabänderliche Artung und Gestalt haben: um dann, wenn diese Frage beantwortet ist, mit der rücksichtslosesten Tapferkeit auf die Verbesserung der als veränderlich erkannten Seite der Welt loszugehen.
Dieses Leben, welches jedem von uns zuruft: „Sei ein Mann und folge mir nicht nach, – sondern dir! Sondern dir!“
Man findet in den Dingen nichts wieder als was man einst selbst hineingesteckt hat: dies Kinderspiel, von dem ich nicht gering denken möchte, heißt sich „Wissenschaft“?
Die Bezeichnung „formale Bildung“ gehört unter die rohe unphilosophische Phraseologie, deren man sich möglichst entschlagen muss: denn es gibt keine „materielle Bildung“.
Die Wahrheit soll wie die Sonne nicht zu hell sein: sonst flüchten die Menschen in die Nacht und machen es dunkel.
Die jüdische Religion hat einen unsäglichen Schauder vor dem Tod, das Hauptziel ihrer Gebete – um langes Leben.
Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelikatesse gegen uns Denker – im Grunde sogar ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht Denken!
Die Deutschen haben das Pulver erfunden – alle Achtung! Aber sie haben es wieder gut gemacht: Sie erfanden die Presse.
Es ist zu bezweifeln, ob ein Vielgereister irgendwo in der Welt hässlichere Gegenden gefunden hat, als im menschlichen Gesichte.
Viele erscheinen gereizt, wenn man ihnen eine Neuigkeit erzählt, sie empfinden das Übergewicht, welches die Neuigkeit dem gibt, der sie früher weiß.
Das Wesentliche an jeder Erfindung tut der Zufall, aber den meisten Menschen begegnet dieser Zufall nicht.