Zitate von Friedrich Nietzsche
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Es gibt Verluste, welche der Seele eine Erhabenheit mitteilen, bei der sie sich des Jammerns enthält und sich wie unter hohen schwarzen Zypressen schweigend ergeht.
Aber auch noch eure beste Liebe ist nur ein verzücktes Gleichnis und eine schmerzhafte Glut. Eine Fackel ist sie, die euch zu höheren Wegen leuchten soll.
Jede größere Arbeit hat einen ethischen Einfluß. Das Bemühen, einen Stoff zu konzentrieren und harmonisch zu gestalten, ist ein Stein, der in unser Seelenleben fällt: aus dem engen Kreise werden viele weitere.
Pfui, unter dem Gesindel leben, – Pfui, unter dem Gesindel die Ersten zu bedeuten!
Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht. Verächter des Lebens sind es, Absterbende und selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen sie dahinfahren!
Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet. Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?
Man ist ein Mann seines Faches um den Preis, auch das Opfer seines Faches zu sein.
Wie ruhig schlafen die Seelen eingefangener Verbrecher! Am Gewissen leiden nur Gewissenhafte!
Was ist an einem Buche gelegen, das uns nicht einmal über alle Bücher hinweg trägt?
„Jeder Mensch hat seinen Preis“, – das ist nicht wahr. Aber es findet sich wohl für jeden ein Köder, an den er anbeißen muss.
Die Moral ist der wirksamste Mechanismus, die Menschheit an der Nase ziehend zu schleifen.
In eurer Liebe sei eure Ehre! Wenig versteht sich das Weib sonst auf Ehre; aber das sei eure Ehre, immer mehr zu lieben, als ihr geliebt werdet.
Wie Gerechtigkeit so häufig der Deckmantel der Schwäche ist, so greifen billig denkende, aber schwache Menschen mitunter aus Ehrgeiz zur Verstellung und benehmen sich ersichtlich ungerecht und hart – um den Eindruck der Stärke zu hinterlassen.
Bessere Lieder müßten sie mir singen, daß ich an ihren Erlöser glauben lerne: Erlöster müßten mir seine Jünger aussehen!
Die Kunst ist mächtiger als die Erkenntnis, denn sie will das Leben, und jene erreicht als letztes Ziel nur – die Vernichtung.
Seine notwendigen Bedürfnisse so viel wie möglich selber befriedigen, wenn auch unvollkommen, das ist die Richtung auf Freiheit von Geist und Person. Viele, auch überflüssige Bedürfnisse sich befriedigen lassen, und so vollkommen als möglich, – erzieht zur Unfreiheit.
Unsere gelegentliche Gleichgültigkeit und Kälte gegen Menschen, welche uns als Härte und Charaktermangel ausgelegt wird, ist häufig nur eine Ermüdung des Geistes: bei dieser sind uns die anderen, wie wir uns selber, gleichgültig oder lästig.
Was ist gut? Tapfer sein ist gut. Tapferkeit aber ist nicht anders zu erreichen als durch gesunden Sinn und einen starken Leib. Über dich selbst sollst du hinauswachsen! Aber erst mußt du mir selbst gebaut sein, rechtwinklig in Leib und Seele…
In dieser Woche habe ich dreimal die Matthäuspassion gehört, jedesmal mit demselben Gefühl der unermesslichen Verwunderung. Wer das Christentum völlig verlernt hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium; es ist dies die Musik der Verneinung des Willens, ohne Erinnerung an die Askesis.
Der Mensch, welcher nicht zur Masse gehören will, braucht nur aufzuhören, gegen sich bequem zu sein; er folge seinem Gewissen, welches ihm zuruft: „Sei du selbst! Das bist du alles nicht, was du jetzt tust, meinst, begehrst.“
Dem Klugen glaubt man seine Torheiten nicht – Welch eine Einbuße an Menschenrechten!
Ihr alle, denen die wilde Arbeit lieb ist und das Schnelle, Neue, Fremde, – ihr ertragt euch schlecht, euer Fleiß ist Flucht und Wille, sich selber zu vergessen.
Die optimistische Natur hat ihr Glück schon im Lebensgefühl, die pessimistische erst im Glück. Dieser empfindet das Leben erst im Glück – und jener das Glück schon im Leben.
Wer ihn als einen Gott der Liebe preist, denkt nicht hoch genug von der Liebe selber. Wollte dieser Gott nicht auch Richter sein? Aber der Liebende liebt jenseits von Lohn und Vergeltung.
Alle Eigenschaften des Philisters liegen in der Mitte zwischen Tugend und Fehler.
Wer viel denkt, eignet sich nicht zum Parteimann: er denkt sich zu bald durch die Partei hindurch.
Der Wort- und Wendungen-Schatz, der jetzt jedermann zu Gebote steht, ist als verbraucht anzusehen und zu empfinden.
Die Gewöhnung an Ironie ebenso wie die an Sarkasmus verdirbt übrigens den Charakter. Sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer schadenfrohen Überlegenheit: Man ist zuletzt einem bissigen Hunde gleich, der noch das Lachen gelernt hat außer dem Bellen.
Wer die Kraft hätte, sein ganzes Leben lang nichts als ein Pläne-Schmiedender zu sein, wäre ein sehr glücklicher Mensch: aber er wird sich gelegentlich von dieser Tätigkeit ausruhen müssen, dadurch, daß er einen Plan ausführt – und da kommt der Ärger und die Ernüchterung.
Die Geschichte handelt fast nur von diesen schlechten Menschen, welche später gutgesprochen worden sind!
Wer jemandes Ideal geschaut hat, ist dessen unerbittlicher Richter und gleichsam sein böses Gewissen.