Zitate von Georg Christoph Lichtenberg
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Die Philosophie ist, wenn sie spricht, immer genötigt, die Sprache der Unphilosophie zu reden.
Werke von großen Geistern sind Spiegel, wenn ein Affe hineinguckt, kann kein Apostel heraussehen.
Nicht alle Wohlgeboren sind Wohlgestorben oder im Reich der Toten Hochedelgestorbene.
Ich frage alle Physiognomen, ob sie nicht einmal aus den Gesichtern auf Vornamen geschlossen haben.
Es gibt für mich keine gehässigere Art Menschen, als die welche glauben, dass sie bei jeder Gelegenheit ex officio witzig sein müßten.
Sei aufmerksam, empfinde nichts umsonst, messe und vergleiche; dieses ist das ganze Gesetz der Philosophie.
Ein guter Ausdruck ist so viel wert wie ein guter Gedanke, weil es fast unmöglich ist, sich gut auszudrücken, ohne das Ausgedrückte von einer guten Seite zu zeigen.
Die Vergnügen der Einbildung sind gleichsam nur Zeichnungen und Modelle, womit die armen Leute spielen, die sich die andern nicht anschaffen können.
Es ist unglaublich, wie unwissend die studierende Jugend auf Universitäten kommt, wenn ich nur 10 Minuten rechne oder geometriesire, so schläft 1/4 derselben sanft ein.
Was die Enthusiasten Beobachtung nennen ist gemeiniglich über die Hälfte Urteil.
Ich muß zuweilen wie ein Talglicht geputzt werden, sonst fange ich an, dunkel zu brennen.
Der Procrastinateur: der Aufschieber, ein Thema zu einem Lustspiel, das wäre etwas für mich zu bearbeiten. Aufschieben war mein größter Fehler von jeher!
Der Mangel an Ideen macht unsere Poesie jetzt so verächtlich. Erfindet, wenn ihr wollt gelesen sein. Wer, zum Henker, wird nicht gern was Neues lesen?
Die Vorurteile sind, so zu reden die Kunsttriebe der Menschen, sie tun dadurch vieles, das ihnen zu schwer werden würde, bis zum Entschluß durchzudenken, ohne alle Mühe.
Was sehr seltsam ist, bleibt selten lange unerklärt. Das Unerklärliche ist gewöhnlich nicht mehr seltsam, und ist es vielleicht nie gewesen.
So steht unser Körper zwischen Seele und der übrigen Welt in der Mitte, Spiegel der Wirkungen von beiden, erzählt nicht allein unsere Neigungen und Fähigkeiten, sondern auch die Peitschenschläge des Schicksals, Klima, Krankheit, Nahrung und tausend Ungemach.
Etwas in Prose oder in Versen arbeiten zu können, ist zu gewissen Zeiten eben so bequem, als sich selbst rasieren oder frisieren zu können.
Die Menschen können nicht sagen, wie sich eine Sache zugetragen, sondern nur wie sie meinen, daß sie sich zugetragen hätte.
Die sichere Überzeugung, daß man könnte, wenn man wollte, ist Ursache an manches guten Kopfes Untätigkeit, und das nicht ohne Grund.
Wie glücklich wäre die Welt, wenn jeder Mensch an seine rechte Stelle käme.
Man kann auf so vielerlei Weise Gutes tun, als man sündigen kann, nämlich mit Gedanken, Worten und Werken.
Was bin ich? Was soll ich tun? Was kann ich glauben und hoffen? Hierauf reduziert sich alles in der Philosophie.
Furcht, sagt Lukrez, hat die Götter geschaffen. Aber wer schuf dann diese allmächtige Furcht?
Was wäre es doch für ein Segen, wenn wir die Ohren so mühelos auf – und zumachen könnten wie die Augen.
Wenn man einmal eine Arbeit vorhat, so ist es gut, bei der Ausführung sich nicht gleich das Ganze vorzustellen. Man arbeite an dem, was man gerade vor sich hat, und wenn man damit fertig ist, gehe man an das nächste.
Es läßt sich ohne sonderlich viel Witz leicht so schreiben, daß ein anderer sehr vieles haben muß, um es zu verstehen.
Sollten es nicht die guten Menschen sein, die die Religion verehren; anstatt daß die Religion die guten Menschen macht?
Und predigt mit milder stiller Wut die alleinseligmachende Kraft des katholischen Glaubens.
Leicht ist es, anderen zu raten, schwer oft, für sich selbst das Rechte erkennen.
Schon lange vor der Französischen Revolution hatte er die dreifarbige Nase aufgesteckt.
Ich kann mir vorstellen, dass ein Mensch, der von einer Kanonenkugel tödlich getroffen wird, in einem sekundenlangen Beben seines Gehirns sein ganzes Leben in einem Punkt sieht und fühlt.
Anderer Leute Wein auf Bouteillen ziehn und sich dabei ein bißchen benebeln, daß man glaubt, er gehöre ihm. So etwas tun die meisten deutschen Schriftsteller.
Die Menschen so zu machen, wie ihn die Religion haben will, gleicht dem Unternehmen der Stoiker; es ist nur eine andere Stufe des Unmöglichen.
Mit dem Band, das ihre Herzen binden sollte, haben sie ihren Frieden stranguliert.
Nonsense ist in der Tat etwas sehr Betrübtes, und ein Professor der welchen schreibt sollte freundlich auf Pension gesetzt werden.
Ich habe etliche Mal bemerkt, daß ich Kopf-Weh bekam, wenn ich mich lange in einem Hohl-Spiegel betrachtete.
Er redete oft an Orten sehr frei, wo jedermann eine heilige Miene annahm, dafür predigte er aber die Tugend wiederum an Orten, wo sie sonst kein Mensch predigte.
Der Mensch ist der größten Werke alsdann fähig, wenn seine Geisteskräfte schon wieder abnehmen.
Kluge Leute glauben zu machen, man sei, was man nicht ist, ist in den meisten Fällen schwerer, als wirklich zu werden, was man scheinen will.
Die Allmacht Gottes im Donnerwetter wird nur bewundert entweder zur Zeit da keines ist, oder hinten drein beim Abzuge.