Zitate von Georg Christoph Lichtenberg
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Wenn zwei Personen, die sich jung gekannt haben, alt zusammen kommen, so müssen tausend Gefühle entsteh’n.
Alles reformiert sich: Musik war ehemals Lärm, Satire war Pasquill, und da, wo man heutzutage sagt: Erlauben Sie gütigst, schlug man einem vor alters hinter die Ohren.
Wenn uns einmal ein höheres Wesen sagte, wie die Welt entstanden sei, so möchte ich wohl wissen, ob wir imstande wären, es zu verstehen. Ich glaube nicht.
Im Wort Gelehrter steckt nur der Begriff, daß einem vieles gelehrt ist, aber nicht, daß man auch etwas gelernt hat.
Wie gut wäre es, wenn man die Stimmen, anstatt sie zu zählen, wägen könnte.
Füllt die Seele den Körper etwa wie ein elastisches Flüssiges, das allezeit die Form des Gefäßes annimmt, so dass, wenn eine platte Nase Schadenfreude bedeutet, der schadenfroh wird, dem man die Nase plattdrückt?
Durch vieles Lesen lernt man sogar Versuche gut erzählen, die man sehr schlecht angestellt hat.
Er bewegte sich so langsam als wie ein Stunden-Zeiger unter einem Haufen von Sekunden-Zeigern.
Es erleichtert die Korrespondenz, wenn man weiß, daß der Korrespondent eine schöne Frau hat.
Die großen Herrn mit ihren langen Armen, und ihre Kammerdiener mit ihren kurzen. Die großen Herrn mit ihren langen Armen haben ihm nicht so viel geschadet, als die Kammerdiener mit ihren kleinen.
Man will wissen, daß im ganzen Lande seit 500 Jahren niemand mehr vor Freude gestorben wäre.
Jeder Mensch hat auch seine moralische backside, die er nicht ohne Not zeigt, und die er so lange als möglich mit den Hosen des guten Anstandes zudeckt.
Es gibt in Rücksicht auf den Körper gewiß wo nicht mehr, doch ebenso viele Kranke in der Einbildung als wirklich Kranke, in Rücksicht auf den Verstand ebenso viele, wo nicht sehr viel mehr Gesunde in der Einbildung als wirklich Gesunde.
Wenn ich Kinder und Geld hätte, so schickte ich sie bis ins 15. Jahr nach England, bis ihnen das Selbstdenken habituell würde und ihr natürlicher Verstand gesichert wäre und durch unsere polyhistorischen Schwatzmethoden nicht mehr verdorben werden könnte.
Das Höchste, wozu sich ein schwacher Kopf von Erfahrung erheben kann, ist die Fertigkeit, die Schwächen besserer Menschen herauszufinden.
Jener Irrtum, dem die Menschen sich in der Jugend verschrieben und den sie dann später aus Trotz und falscher Scham nicht mehr korrigieren wollen.
Der Mensch liebt die Gesellschaft, und sollte es auch nur die von einem brennenden Rauchkerzchen sein.
Ich gehe oft, wenn ein Bekannter vorbeigeht, vom Fenster weg, nicht sowohl um ihm die Mühe einer Verbeugung, als vielmehr mir die Verlegenheit zu ersparen zu sehen, daß er mir keine macht.
Den Esel macht seine Ähnlichkeit mit dem Pferde nur desto lächerlicher, aber das Pferd wird nicht lächerlich durch den Esel.
Meine Sprache ist allzeit simpel, enge und plan, und da wo sie keins von allen dreien ist, habe ich es getan um den deutschen Zwirnhändlern in London das Übersetzen meines Traktats ins Englische wonicht unmöglich zu machen, doch so viel zu erschweren als ich konnte.
Es ist fast nicht möglich etwas Gutes zu schreiben, ohne dass man sich dabei jemanden oder auch eine gewisse Anzahl von Menschen denkt, die man anredet. Es erleichtert wenigstens den Vortrag sehr in tausend Fällen gegen einen.
Wenn man einem vernünftigen Manne einen Hieb geben kann, daß er toll wird, so sehe ich nicht ein, warum man einem tollen nicht einen sollte geben können, daß er klug wird.
Was für eine Wohltat wäre es nicht, die Ohren so leicht verschließen und öffnen zu können, als die Augen!
Ist es nicht sonderbar, daß man zu den höchsten Ehrenstellen in der Welt (König) ohne Examen gelangt, das man von jedem Stadt-Physikus fordert?
Der gerade Weg ist der kürzeste, aber es dauert meist am längsten, bis man auf ihm zum Ziele gelangt.
Es gibt Wahrheiten, die so ziemlich herausgeputzt einhergehen, daß man sie für Lügen halten sollte, und die nichts desto weniger reine Wahrheiten sind.
Ich habe einen Mann gekannt, der die seltsame Grille hatte nach Tisch beim Obst, aus Äpfeln regelmäßige stereometrische Körper zu schneiden, wobei der immer den Abfall aufaß. Meistens endigte sich die Auflösung des Problems mit einer gänzlichen Aufzehrung des Apfels.
Eine Schicht utile und dann wieder eine Schicht dulce, Unterhaltung und Belehrung, sagt schon Swift.
Mir tut es allemal weh wenn ein Mann von Talent stirbt, denn die Welt hat dergleichen nötiger als der Himmel.
Was ist wohl die schlechteste und welches ist die schönste Tat, die du in deinem Leben nach deinem Urteil begangen hast?
Hinten hatte er einen falschen Zopf eingebunden und vornen ein frommes Gesicht, das nicht viel echter war, auch zuweilen wie jener bei heftigen Bewegungen ausfiel.
Er war einer von denen, die alles besser machen wollten, als man es verlangt. Dieses ist eine abscheuliche Eigenschaft an einem Bedienten.
Die Sprichwörter leben in ewigem Krieg, wie alle Regeln, die nicht der Untersuchungsgeist, sondern die Laune gibt.
Alles Tun in „-eln“ ist nicht viel wert, weder „witzeln“ noch „schwärmeln“.