Zitate von Jean-Jacques Rousseau
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Die gefährlichen Bücher*, die eine schöne Dame deshalb so unbequem findet, weil man sie nur mit einer Hand zu lesen vermag.
Das Einnehmen von Arzneien ist bei uns Mode; das muß es sein. Es ist der Zeitvertreib müßiger Leute, die nichts zu tun haben, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit machen sollen, und sie daher anwenden, sich zu erhalten.
Zur konsequenten Befolgung der kleinsten Pflichten ist nicht weniger Kraft erforderlich, als zu Heldentaten.
Wer aber hätte jemals gesehen, daß wahre Freundschaft zuletzt in Liebe gemündet wäre?
Das Christentum predigt nur Knechtschaft und Unterwerfung. Sein Geist ist der Tyrannei nur zu günstig, als daß sie nicht immer Gewinn daraus geschlagen hätte. Die wahren Christen sind zu Sklaven geschaffen.
Ach, was nützt es, das Laub zu begießen, wenn der Baum an seinem Fuße durchhauen ist.
Wer an’s Ziel kommen will, kann mit der Postkutsche fahren, aber wer richtig reisen will, soll zu Fuß gehen.
Das Triebwerk der Frauen ist viel stärker als das unsere; all seine Hebel bewegen das menschliche Herz.
Jede soziale Doktrin, welche die Familie zu untergraben sucht, ist schlecht. Wenn ihr eine Gesellschaft zersetzet, so ist das letzte Residuum, das ihr findet, nicht das Individuum, sondern die Familie. Sie ist der Krystall der Gesellschaft.
Eine zum Widerstand reizende Lehre nützt nie. Ich kenne nichts Ungeschickteres als das Wort: Ich habe es dir ja gesagt.
Wenn man nur dem Gehör geschenkt hätte, was Gott zum Herzen der Menschen gesagt hat, so hätte es niemals mehr als eine Religion auf der Erde gegeben. Der Schein einer Religion überhebt sie der Mühe, wirklich eine zu besitzen.
Übrigens ist die Häufigkeit der Hinrichtungen stets ein Zeichen der Schwäche oder Saumseligkeit innerhalb der Regierung.
Nur in einer einzigen Wissenschaft muß man die Kinder unterweisen, in der Wissenschaft von den Pflichten des Menschen.
Es mag zu meinem Vorteil oder Nachteil ausfallen, ich fürchte nicht, so gesehen zu werden, wie ich bin.
Die Unwissenheit schadet weder der Redlichkeit noch den Sitten; sie fördert sie oft sogar.
Wenn es ein Volk von Göttern gäbe, so würde es demokratisch regiert werden. Eine so vollkommene Regierung paßt nicht für Menschen.
Ein Lehrer sollte kein Knecht sein, sonst macht er aus dem Schüler einen zweiten Knecht.
Keine Unterwerfung ist so vollkommen wie die, die den Anschein der Freiheit wahrt. Damit läßt sich selbst der Wille gefangen nehmen.
Die Frauen müssen soviel Kraft haben, daß sie alles, was sie tun, mit Anmut tun können; die Männer brauchen soviel Geschicklichkeit, daß sie alles, was sie tun, leicht tun können.
Der Einzelwille strebt von Natur aus nach Auszeichnung und der Gemeinwille nach Gleichheit.
Dadurch, daß das Christentum alle Pflichten so hoch spannt, macht es sie selbst unausführbar und nutzlos.
Das Erste und das Wichtigste, was ein Kind lernen muß, ist, Leiden zu ertragen.
Was auch die Spaßvögel dazu sagen, so ist doch der gesunde Menschenverstand bei beiden Geschlechtern gleich.
Diese einsamen Stunden der Betrachtung sind die einzige Zeit des Tages, wo ich völlig ich selbst bin und mir ganz ohne Ablenkung, ohne Hindernis gehöre und wo ich in Wahrheit sagen kann, ich sei das, was die Natur aus mir machen wollte.
Es gibt keinen Bösewicht, den man nicht zu irgendetwas tauglich machen könnte.
Sobald man bei Staatsangelegenheiten die Worte hören kann: Was geht das mich an? kann man darauf rechnen, dass der Staat verloren ist.
Ich kann mich nicht überreden, daß man, um Recht zu haben, unbedingt verpflichtet ist, jedes Mal das letzte Wort zu behalten.
Das Leben ist kurz, weniger wegen der kurzen Zeit, die es dauert, sondern weil uns von dieser kurzen Zeit fast keine bleibt, es zu genießen.
Ich brauche die Menschen nur einen Augenblick zu hintergehen, und meine Feinde liegen zu meinen Füßen.
Es liegt in der Natur des Menschen, daß er die Notwendigkeiten der Dinge geduldig erträgt, aber nicht den bösen Willen der anderen.
Die Ungerechtigkeit ist uns nur in dem Falle angenehm, daß wir Vorteile aus ihr ziehen; in jedem andern hegt man den Wunsch, daß der Unschuldige in Schutz genommen werde.
Es gibt für denjenigen keine abscheulichen Gegenstände mehr, der solche alle Tage sieht.
Knoten, die man gar zu fest zuziehen will, reißen. Dasselbe geschieht mit dem Eheband, wenn man es fester ziehen will, als es sein soll.
Die grosse Schönheit scheint mir, solle man beim Heiraten eher fliehen als suchen. Die Schönheit wird bald durch den Besitz abgenutzt, nach Verlauf von sechs Wochen ist sie für den Besitzer nichts mehr wert, ihre Gefährlichkeit aber dauert so lange wie sie selbst.
Eine abscheuliche Tat quält uns nicht, wenn wir sie soeben getan, sondern erst viel später, wenn man an sie zurückdenkt, denn die Erinnerung daran verlischt nicht.
Die Einbildungskraft, die das verschönert, was man begehrt, verlässt es im Besitz.
Die Jugend ist nicht das Alter der Rache und des Hasses, sondern das des Mitleides, der Milde, der Großmut.
Die Unabhängigkeit und Freiheit des Menschen beruht weniger auf der Kraft seiner Arme als auf der Mäßigung des Herzens. Wer wenig begehrt, hängt von wenigem ab.