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Die Siege im Krieg werden gewöhnlich sittlicher erfochten als die diplomatischen und ministeriellen im Frieden.
Jean PaulWenn endlich keine Schamröte über eine Sünde so brennend ist als über eine lügende: so muß das Wort etwas Höheres sein als die Tat, die Zunge mehr als die Hand?
Jean PaulDas Echo wie der Nachruhm behalten nur die letzten Silben eines Menschen.
Jean PaulEs ist nichts groß, was nicht auch gut ist.
Jean PaulWußten sie nicht so gut, als jeder Gemeine, daß in der vornehmen Ehe die Gatten als zwei Fetttropfen im Wasser schwimmen, ohne in einander zu fließen [...]?
Jean PaulManche Seelen entfallen dem Himmel wie Blüten; aber mit den weißen Knospen werden sie in den Erdenschmutz getreten und liegen oft besudelt und zerdrückt in den Fußstapfen eines Hufs.
Jean PaulIn unserer Menschenliebe ist nicht bloß die Süßigkeit des Gefühls der Liebe, sondern auch die Süßigkeit des Gefühls des Rechttuns.
Jean PaulAlles, was die Liebe tut, um zu sterben, ist nur ein Mittel, um (desto triumphierender) wieder aufzuerstehen.
Jean PaulFindet ihr den Trost nicht in der Nähe, so erhebt euch und sucht ihn immer höher.
Jean PaulEs gibt Gefühle der Menschenbrust, welche unaussprechlich bleiben, bis man die ganze körperliche Nachbarschaft der Natur, worin sie wie Düfte entstanden, als Wörter zu ihrer Beschreibung gebraucht.
Jean PaulDas Alter spricht ohnehin gern von sich.
Jean PaulWie viel mehr kostet die fremde Meinung uns täglich Geld und Sünde als die eigene.
Jean PaulDie größere Stärke wäre, bei der Kraft, wie ein ungewöhnlicher Mensch zu leben, der Entschluß, zu leben wie ein gewöhnlicher.
Jean PaulMan kann keinen Gedanken gut ausdrücken, als den man oft gehabt.
Jean PaulDas Reden mehrt die eigne Rührung mehr als fremde.
Jean PaulSeid wie die Kinder! Wie schnell vergeben und vergessen sie! Ihre Übergänge sind immer Übersprünge vom Ernst zum Scherz, vom Scherz zur Freude - lauter Sonnenregen.
Jean PaulEs ist oft sehr gefährlich, von seinem Verstande und Herzen zu schlecht zu denken - der Irrtum schafft die Wahrheit.
Jean PaulDas Übel ist wie ein nächtlicher Alp; in dem Augenblicke, wo man dagegen zu kämpfen und sich zu rühren beginnt, ist es auch schon zu Ende.
Jean PaulEine Frau kann sich keinen festeren und reineren Freund erwählen, als den Liebhaber einer anderen.
Jean PaulJeder neue Erzieher wirkt weniger ein als der vorige, bis zuletzt [...] ein Weltumsegler von allen Völkern zusammengenommen nicht so viele Bildung bekommt als von seiner Amme.
Jean PaulWenn einer uns auf ein Butterbrot lädt, so findet man es wohl gut, daß er keins gibt, aber närrisch, wenn er nur eines gäbe.
Jean PaulMathematik und Philosophie: Die Philosophie übt den Geist für alle anderen Verhältnisse, wo Scharfsinn nötig ist. Daher kann der Philosoph noch etwas anderes verstehen und treiben, aber Mathematiker nicht.
Jean PaulEr lobt mit Vergnügen die Tugenden des andern und rügt mit Vergnügen seine Fehler.
Jean PaulIch wollte, man könnte die Menschen so zahm machen wie die Tiger.
Jean PaulIn der Ehe ist es schädlich, wenn man, wegen Zank, sich seine Liebe, die man doch hat, zu äußern schämt, wie gegen Eltern.
Jean PaulAm Tage ist man kühner gegen Geister, in der Nacht gegen Menschen.
Jean PaulWollen wir uns die Unsterblichkeit wegdenken aus dem Weltplan, so ist die sittliche Schönheit auf eine zerfallende Seifenblase gemalt.
Jean PaulFrömmigkeit kann niemand lehren, der sie nicht selbst hat. Wer an keinen Gott im Himmel glaubt, weil er keinen in seinem Herzen fühlt, kann nichts als Heuchler oder höchstens heidnische Stoiker erziehen.
Jean PaulDie eheliche Liebe selber erhält sich unter der Schneedecke der ehelichen Zänke ganz warm.
Jean PaulDer Skeptiker liebt den Orthodoxen mehr als den Heterodoxen.
Jean PaulUm zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen versuchen.
Jean PaulWer nicht sucht, wird bald nicht mehr gesucht.
Jean PaulDie Leserinnen eines Dichters sind alle seine heimlichen Liebhaberinnen - die Jünglinge machen es mit Dichterinnen auch nicht besser -.
Jean PaulEin Gelehrter hat keine lange Weile; nur ein Thron-Insaß lässet sich gegen diese Nervenschwindsucht hundert Hof-Feste verschreiben, Gesellschaftkavaliere, ganze Länder und Menschenblut.
Jean PaulWer weiß, daß er uns gefället, dem gefallen wir.
Jean PaulKindergebete sind leer und kalt und eigentlich nur Überreste des jüdisch-christlichen Opferglaubens, der durch Unschuldige statt durch Unschuld versöhnen und gewinnen will.
Jean PaulWer ein rechtes Ideal, das er ins Leben ziehen will, im Geiste hegt, ist gegen d(as) Gift der Mode geschirmt, wie Schwangere gegen ansteckende Krankheiten.
Jean PaulDer Unglückliche braucht Tätigkeit, wie der Glückliche Ruhe.
Jean PaulKein voriges Alter und Volk ist seit der Erfindung der Buchdruckerei zu vergleichen mit einem jetzigen.
Jean PaulManche Menschen macht man durch die größten Wohltaten nicht so warm als durch das kleinste Lob.
Jean PaulStaatsschiffe, welche die Segel verloren, haben darum noch nicht ihre Anker eingebüßt.
Jean PaulStets zwischen zwei Disteln reift die Ananas. Aber stets zwischen zwei Ananassen reift unsere stechende Gegenwart, zwischen der Erinnerung und der Hoffnung.
Jean PaulDie Schlange wechselt zwar öfter die Haut, aber nie die nützlichen Giftzähne!
Jean PaulDas, was er nicht verbergen konnte, ließ er nicht erst erraten, sondern sagte es selbst, um das Opfer der Aufrichtigkeit zu bringen.
Jean PaulDas Entreebillett zur Freude ist ein gutes und dann ein ruhiges Herz.
Jean PaulJeder Fachmann ist in seinem Fach ein Esel.
Jean PaulNicht unser Hirn, sondern unser Herz denkt den größten Gedanken. Unser Herz aber oder unsere Seele oder der Kern unserer Persönlichkeit ist ein Funke aus dem Lebenslichtmeer Gottes.
Jean PaulGegen Liebe ist man nie undankbar, nur gegen Wohltaten.
Jean PaulJede gute Neigung wirkt stärker, wenn sie sich durch Tun, als wenn [sie] sich durch Meiden zeigen muß.
Jean PaulWahrlich überall geht in und außer dem Menschen mehr ungesehen vorüber als gesehen.
Jean Paul