Zitate von Jean Paul
page 27
Die Siege im Krieg werden gewöhnlich sittlicher erfochten als die diplomatischen und ministeriellen im Frieden.
Wenn endlich keine Schamröte über eine Sünde so brennend ist als über eine lügende: so muß das Wort etwas Höheres sein als die Tat, die Zunge mehr als die Hand?
Wußten sie nicht so gut, als jeder Gemeine, daß in der vornehmen Ehe die Gatten als zwei Fetttropfen im Wasser schwimmen, ohne in einander zu fließen […]?
Manche Seelen entfallen dem Himmel wie Blüten; aber mit den weißen Knospen werden sie in den Erdenschmutz getreten und liegen oft besudelt und zerdrückt in den Fußstapfen eines Hufs.
In unserer Menschenliebe ist nicht bloß die Süßigkeit des Gefühls der Liebe, sondern auch die Süßigkeit des Gefühls des Rechttuns.
Alles, was die Liebe tut, um zu sterben, ist nur ein Mittel, um (desto triumphierender) wieder aufzuerstehen.
Es gibt Gefühle der Menschenbrust, welche unaussprechlich bleiben, bis man die ganze körperliche Nachbarschaft der Natur, worin sie wie Düfte entstanden, als Wörter zu ihrer Beschreibung gebraucht.
Die größere Stärke wäre, bei der Kraft, wie ein ungewöhnlicher Mensch zu leben, der Entschluß, zu leben wie ein gewöhnlicher.
Seid wie die Kinder! Wie schnell vergeben und vergessen sie! Ihre Übergänge sind immer Übersprünge vom Ernst zum Scherz, vom Scherz zur Freude – lauter Sonnenregen.
Es ist oft sehr gefährlich, von seinem Verstande und Herzen zu schlecht zu denken – der Irrtum schafft die Wahrheit.
Das Übel ist wie ein nächtlicher Alp; in dem Augenblicke, wo man dagegen zu kämpfen und sich zu rühren beginnt, ist es auch schon zu Ende.
Eine Frau kann sich keinen festeren und reineren Freund erwählen, als den Liebhaber einer anderen.
Jeder neue Erzieher wirkt weniger ein als der vorige, bis zuletzt […] ein Weltumsegler von allen Völkern zusammengenommen nicht so viele Bildung bekommt als von seiner Amme.
Wenn einer uns auf ein Butterbrot lädt, so findet man es wohl gut, daß er keins gibt, aber närrisch, wenn er nur eines gäbe.
Mathematik und Philosophie: Die Philosophie übt den Geist für alle anderen Verhältnisse, wo Scharfsinn nötig ist. Daher kann der Philosoph noch etwas anderes verstehen und treiben, aber Mathematiker nicht.
In der Ehe ist es schädlich, wenn man, wegen Zank, sich seine Liebe, die man doch hat, zu äußern schämt, wie gegen Eltern.
Wollen wir uns die Unsterblichkeit wegdenken aus dem Weltplan, so ist die sittliche Schönheit auf eine zerfallende Seifenblase gemalt.
Frömmigkeit kann niemand lehren, der sie nicht selbst hat. Wer an keinen Gott im Himmel glaubt, weil er keinen in seinem Herzen fühlt, kann nichts als Heuchler oder höchstens heidnische Stoiker erziehen.
Die eheliche Liebe selber erhält sich unter der Schneedecke der ehelichen Zänke ganz warm.
Um zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen versuchen.
Die Leserinnen eines Dichters sind alle seine heimlichen Liebhaberinnen – die Jünglinge machen es mit Dichterinnen auch nicht besser -.
Ein Gelehrter hat keine lange Weile; nur ein Thron-Insaß lässet sich gegen diese Nervenschwindsucht hundert Hof-Feste verschreiben, Gesellschaftkavaliere, ganze Länder und Menschenblut.
Kindergebete sind leer und kalt und eigentlich nur Überreste des jüdisch-christlichen Opferglaubens, der durch Unschuldige statt durch Unschuld versöhnen und gewinnen will.
Wer ein rechtes Ideal, das er ins Leben ziehen will, im Geiste hegt, ist gegen d(as) Gift der Mode geschirmt, wie Schwangere gegen ansteckende Krankheiten.
Kein voriges Alter und Volk ist seit der Erfindung der Buchdruckerei zu vergleichen mit einem jetzigen.
Manche Menschen macht man durch die größten Wohltaten nicht so warm als durch das kleinste Lob.
Stets zwischen zwei Disteln reift die Ananas. Aber stets zwischen zwei Ananassen reift unsere stechende Gegenwart, zwischen der Erinnerung und der Hoffnung.
Das, was er nicht verbergen konnte, ließ er nicht erst erraten, sondern sagte es selbst, um das Opfer der Aufrichtigkeit zu bringen.
Nicht unser Hirn, sondern unser Herz denkt den größten Gedanken. Unser Herz aber oder unsere Seele oder der Kern unserer Persönlichkeit ist ein Funke aus dem Lebenslichtmeer Gottes.
Jede gute Neigung wirkt stärker, wenn sie sich durch Tun, als wenn [sie] sich durch Meiden zeigen muß.