Zitate von Jean Paul
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Uns greift ein auf der Straße verwesetes Vogelgerippe an, aber keines, das auf unserm Teller liegt.
Die Rechtschaffenen überall machen sich mehr Feinde durch Sprechen, als die Schlimmen durch Handeln.
Nur Reisen verwandelt das Spießbürgerliche und Kleinstädtische in unserer Brust in etwas Weltbürgerliches und Großstädtisches.
Eine Frau oder Geliebte lernt man in einer Stunde mit einer dritten Person besser kennen als mit sich in zwanzig.
Die Leiden sind wie die Gewitterwolken; in der Ferne sehen sie schwarz aus, über uns kaum grau.
Man muß sich immer einen Rat geben lassen – wenn man ihn auch nicht befolgt, so benützt man ihn doch.
Wie Gustav die abwesende Beata liebte, errät jeder, der empfunden hat, wie die Liebe nie zärtlicher, nie uneigennütziger ist, als während der Abwesenheit des Gegenstandes.
Es wird einem Mann bei einer ganz vernünftigen Frau nie ganz wohl; sondern nur bei einer feinen, fantasierenden, heißen, launenhaften ist er erst zu Hause.
Die Tugend mancher Damen ist ein Donnerhaus, das der elektrische Funke der Liebe zerschlägt und das man wieder zusammenstellt für neue Versuche.
Es gibt eine wichtige ungeheure Weltgeschichte, die der Sterbenden; aber auf der Erde werden uns ihre Blätter nicht aufgeschlagen.
In den Augen einer Frau ist ihr Lobredner anfangs ein recht gescheuter Mensch, endlich ein ganz hübscher Mensch.
Der Wein wirkt stärkend auf den Geisteszustand den er vorfindet; der Wein macht die Dummen dümmer und die Klugen klüger.
Wir suchen der Nachwelt bekannt zu werden und grämen uns doch nicht, es der Vorwelt nicht zu sein.
Die Gewohnheit der Vollkommenheit des Freundes macht gegen ihn ungerecht. Man denke sich dieselbe an einem andern, wie würde man ihn lieben!
Man spricht und dichtet viel eher von der Leerheit und Nichtigkeit des Lebens, als man sie kennt; man spricht ungern oder nicht freudig davon, wenn man sie kennt.
Und dann veraltet der entblößte Mensch ohne sein zweites Herz – die Jahre setzen um sein bestes Herz.
Eine Handvoll Erde heilt den brennenden Schmerz vom Stich der Biene, und den brennendern des gebrochenen Herzens.
Keine Frau kann zu gleicher Zeit ihr Kind und die vier Weltteile lieben, aber der Mann kann es. Er liebt den Begriff, das Weib die Erscheinung, das Einzige.
Gehest du furchtsam und zart mit deinen Leiden um, so stechen sie heißer, wie Brennesseln, wenn man sie bloß leise berührt. Aber gleich ihnen verletzen sie wenig, wenn du sie herzhaft und derb handhabst.
Der elterliche Atem soll nur die Zweige zum Frucht-Stäuben bewegen, aber nicht den Stamm beugen und krümmen.
Heiraten in der Jugend heißt, sich im Sommer einen Ofen kaufen. Erst im Winter weiß man, ob er heizt oder raucht.
Die Republik zeugt und ermordet große Männer; die Monarchie tut das erstere nicht; jene lässet sie große Taten tun und belohnet mit Undank, diese verbeut große Taten.
Daß der Verstand erst mit den Jahren kommt, sieht man nicht eher ein, als bis der Verstand und die Jahre da sind.
Ein verziehener Fehler bleibe ein vergessener! Aber in der Ehe stehen tausend begrabne Sünden, welche abgebüßt und abgeküßt worden, wieder lebendig auf.
Man vergleiche abends die eine Tagreihe, worin man das am Morgen gesäte Schmerz-Unkraut ausgerissen, mit einer anderen Tagreihe, worin man dasselbe gepflegt und begossen.
Die kleinen Gründe erschaffen den Entschluß nicht, sondern man waffnet sich mit ihnen nur gegen äußere Anfechtungen desselben.