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Processe sind die Blumen, die am üppigsten auf den Gräbern reicher Leute blühen. Schau'n Sie, ich nehmet gar kein Geld, aber 's Geld braucht man halt zum Leben, und leben tu ich in einemfort, also brauch' ich auch in einemfort Geld.
Johann NestroyÜberhaupt, 's is 's Beste, man laßt ein'm jeden seine Freud, denn die Freuden der Menschen sind meistens so, daß es sich nicht auszahlt - wenn man ihnen neidig wär' drum.
Johann NestroyJa, ja - der Körper ist ein hartnäckiger Anbeter des Lebens und lehnt sich auf gegen den Grabesentschuß des Geistes.
Johann NestroyDer Holzhacker: Die letzte Butten Weiches wird hinausgetragen aus dem Holzgewölb meines Gefühls, nur die harten Stöck meines Ingrimms liegen stoßweise herum, um den glühenden Ofen der Rachsucht zu heizen.
Johann NestroyDie Nerven von Spinngeweb', d'Herzen von Wachs und d'Köpferl von Eisen, das ist ja der Grundriß der weiblichen Natur.
Johann NestroyDas Beweisfordern is eine wahre Malträtierung der Menschheit. Wie schön könnt' man sich ausreden, wenn das nicht wär'.
Johann NestroyDer Fortschritt ist halt wie ein neu entdecktes Land; ein blühendes Kolonialsystem an der Küste, das Innere noch Wildnis, Steppe, Prärie. Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, dass er viel größer ausschaut, als er wirklich ist.
Johann NestroyWie haben Sie s' denn fortgebracht? - Frauenzimmer beseelt der Geist des Widerspruchs. Ich hab ihr g'sagt, daß ich s' sitzen laß, gleich is sie gegangen!
Johann NestroyIch weiß, dass die Hoffnung grün ist, weil sie dem Menschen grüne Zweige vorspiegeln muss, auf die er nie kommt.
Johann NestroyIn einem gebildeten Lächeln muß mehr Nichtssagendes liegen... dann muß man es permanent behaupten. So ein Lächeln muß eine spanische Wand sein, hinter welcher man alle seine Gefühle und Empfindungen vor die Leut' versteckt.
Johann NestroyZwischen Auskommen und Einkommen is es schwer, das gehörige Verhältnis herzustellen, denn 's Geld kommt auf schwerfällige Podagrafüß herein und fliegt auf leichten Zephirflügeln hinaus.
Johann NestroySchiffbruch? - Dampfschiffe sollten doch wohl von solchen störenden Zufällen ausgenommen sein, wenigstens der erste Platz.
Johann NestroyEs brennt mich im Sack, das Sündengeld! Ich werd es wechseln lassen und unter mein übriges mischen, daß ich's gar nicht mehr auseinanderkenn.
Johann NestroyIm Haus schmeckt einem der beste Trunk nicht. Im Wirtshaus muß man sein, da ist das schlechteste G'säuf ein haut goût.
Johann NestroyUm Achte kann man noch die honetteste Geliebte besuchen; die Stunden des Verdachtes fangen erst um Viertel auf Elfe an.
Johann NestroyNein, ich kenn' keinen Nebenmenschen, nur wer sich selber für den Hauptmenschen halt't, schaut alle andern für Nebenmenschen an.
Johann NestroyO, es ist ein bitteres Gefühl, wenn man oft so hungrig ist, daß man vor Durst nicht weiß, wo man die Nacht schlafen soll.
Johann NestroyDa ich nicht stolz sein konnte, bin ich demütig geworden, um mir die Scham zu ersparen, niederträchtig zu werden.
Johann NestroyDie Zensur is' die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition. Die Zensur is' das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven treten, aber keine freien Völker regieren können.
Johann NestroyDienstleuten muß man nichts anvertrauen; das sind die Plakate der Geheimnisse des Herrn und der Frau, die lebendige Preßfeiheit jeder häuslichen Konstitution.
Johann NestroyBis die Menschen wieder so gescheit werden, wie sie vor zweitausend Jahren gewesen, können immerhin noch zweitausend Jahre vergehen.
Johann NestroyIm Liebesdrama heißt die erste Abteilung Sehnsucht, die zweite Besitz, und die ungestüme Jugend duldet da keinen Zwischenakt.
Johann NestroyÜber die Armut braucht man sich nicht zu schämen. Da gibt's vielmehr Leut', die sich über ihren Reichtum schämen sollten.
Johann NestroyWer tranchiert, is entweder ein Esel oder ein Flegel. B'halt man als Tranchierer 's beste Stück für sich, so is man a Flegel, und b'halt man sich's net, so is man a Esel.
Johann NestroyDer Vernünftige sieht im Fortjagen nur eine Einladung, zu einer günstigeren Zeit wiederzukommen.
Johann NestroyWenn nur der Kutscher klar sieht, dann wird auch mit blinden Pferden das Ziel erreicht.
Johann NestroyWenn ihr selbst gesteht, daß es euch an Einsehen mangelt, dann darf es euch nicht wundern, wenn ihr blind gehorchen müßt. Wenn nur der Kutscher klar sieht, dann wird auch mit blinden Pferden das Ziel erreicht.
Johann NestroyEin heller Kopf hat viel voraus, er überredet leicht den Dummen; doch läuft's auf einen Streit hinaus, dann muß der Klügere verstummen.
Johann NestroyDas Alter hat nichts als Erfahrung, und die zählt nichts bei einer Generation, die nur Erfindung will. Neues! Frisches! ruft die Gegenwart, und das leistet nur die Jugend, die Kraft.
Johann NestroyFassen Sie Mut, schonen Sie sich, das sind die albernen Gemeinplätze, die keinen Seufzer ersticken, keine Träne trocknen - Worte, ohne Überzeugung an widerstrebende Herzen gerichtet, können nie das große Vorrecht haben, das nur der Zeit zukommt.
Johann NestroyDie Lieb is a Spagat der die Herzen, der Ehstand ein Strick, der die Händ zusammenbindt.
Johann NestroyJede Frau halt' ihren Namen, feurig ausgesprochen, für die schönste, geistreiche Red'.
Johann NestroyIch zweifle noch immer... na ja, warum soll ich denn nicht zweifeln, wenn's mir eine Erleichterung verschafft? Zweifeln kann man an allem, und unter zehnmal zweifelt man neunmal mit vollem Recht!
Johann NestroyEr sieht die Leute an, als ob sie sich bei ihm entschuldigen müßten, daß sie auch aus Leib und Seele bestehen.
Johann NestroyDas [er hat gezögert und dann ist ihm jemand zuvorgekommen] gehört zu dem famosen Pech, welches, mit den Steinen des Anstoßes vermengt, den Asphalt zum Lebenspfad eines Malheurmenschen bildet.
Johann NestroyMenageriebesitzer: Dieser Zwerg spricht siebzehn Sprachen. Schade, daß er stumm geboren und daher außerstande ist, dieses seltene Talent zu produzieren.
Johann Nestroy"Liebenswürdig" ist im strengsten Sinn des Wortes ein Zeitwort, weil es gänzlich der Abwandlung unterliegt, die der halbvergangenen Zeit heißt's "passé", in der völlig vergangenen "schiech" und in der längst vergangenen "grauslich".
Johann Nestroy