Zitate von Johann Nestroy
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Wenn ein Kellner oder eine Kellnerin „gleich“ sagt, so ist das ein Aufruf an die menschliche Geduld, dem jeder Gast Folge leisten muß.
Ja wann einer jetzt will wirken Wunder der Himmel, so muß es schon sein was Aparts, denn was die Menschen eh’mals gehalten hab’n für ein Wunder, das is jetzt was ganz Ordinäres.
Nach den Grundsätzen des Fortschritts soll es schon lange gar kein Schicksal mehr geben.
Und dann ist – Gott sei Dank – die Zeit vorbei, wo das „Geheimer Rat“ eine Auszeichnung war. Ein guter, ehrlicher Rat darf jetzt nicht mehr geheim sein, das ganze Volk muß ihn hören können, sonst ist Rat und Ratgeber keinen Groschen wert!
Welcher Entdecker hat das schon bemessen, wie weit sich die äußersten Vorgebirge der Möglichkeit ins Meer der Unmöglichkeit hinein erstrecken?
Mit ein bisserl Charakter kann der Mensch sein Unglück prächtig verschweigen, aber ’s Glück – da wird jeder Atemzug zur Heroldstrompeten, jede Bewegung trommelts aus: „hier ist a kolossale Seligkeit zu sehn!“
Frauen werden auch oft gestohlen; aber man merkt’s nicht, denn sie gehen im Haus herum. Einen andern Diebstahl zeigt man an; bei der Frauenentwendung blamiert man sich, wenn man ein G’schrei macht.
Öffnen Sie der Begierde eines Menschen das Tor der Erfüllung, und Sie werden sehen, welch ein unabsehbares Heer von Wünschen er hereinsendet, und dann ist es erst noch die Frage, ob er sich dabei glücklich fühlt.
Nein, auf’m Land heraußen is’s schöner, da sagen s‘ doch noch, wenn einer stirbt: Gott hat ihn zu sich genommen. – Aber in der Stadt heißt’s nur: Der Doktor hat ihn unter die Erd‘ gebracht… Boshafte Rasse!
Der Mensch kann nur halten, was er hat. Hab ich ihm mein Wort gegeben, dann hat er’s, da is das Halten ein Hirngespinst!
Ein königliches Paar sitzt seit Anbeginn auf dem Erdenthron und regiert den staatlichen Menschenbund. Egoismus heißt der Herrscher, die Herrscherin heißt Eitelkeit, und die nimmersatten Leidenschften bilden ihr unverantwortliches Ministerium.
Das Spielen is nix für ein Reichen, wem ’s Verlieren nicht mehr weh tut, dem macht ’s Gewinnen auch kein‘ Freud‘! – Abenteuer? da muß ich lachen! für einen Reichen existieren keine Abenteuer. ’s Geld räumt zu leicht d‘ Hindernisse auf die Seiten.
Die Kranken geben bei weitem nicht so viel Geld aus, um gesund zu werden, wie die Gesunden, um krank zu werden.
Man macht dadurch dem Ehestand ein sehr schlechtes Kompliment, daß man nur immer die verstorbenen Männer, die ihn schon überstanden haben, „die Seligen“ heißt.
Wenn zwei Ephen-Seelen sich aneinander anranken, das is so, wie wenn zwei Besoffene einander nachhaus führen wollen.
Ein übergroßer Anteil der Allgemeinheit ist zu gemein, um was Gemeines jemals zu vergessen.
Das Leben hat eine Sammlung von Erscheinungen, die wahrscheinlich von sehr hohem Wert sind, weil sie den Ungenügsamsten zu der genügsamen Äußerung hinreißen: Da hab‘ ich schon gnua.
Daß rote Haar von ein’m falschen Gemüt zeugen soll’n, is’s Dümmste, wann die Leut‘ nach die Haar urteil’n woll’n.
Ich hab mich in Ihnen getäuscht, Sie sind ein Konservativer! Man konserviert sich selber am besten dabei!
Es wird gewiß niemand daran zweifeln, daß die Ballettänzerinnen Fauenzimmer sind, und zwar comme il faut – aber zu der Idee sich hinaufzuschwingen, daß ein Ballettänzer ein Mann ist, da gehört viel dazu…
Der Ernst hat eine feierliche Seite, eine schauerliche Seite, überhaupt sehr viele ernsthafte Seiten, aber ein elektrisches Fleckerl hat er doch immer, und da fahren bei gehöriger Reibung Funken der Heiterkeit heraus.
Jede versteckte Protektion setzt in den Augen der Welt ein strafbares Interesse voraus.
Es gibt wohl viele, die ganz stolz den Selbstmord eine Feigheit nennen. Sie sollen’s erst probieren; hernach sollen’s reden.
Keinen fruchtbareren Boden gibt’s in der Welt als das menschliche Herz; wenn man den Samen des Argwons hineinstreut, das schlägt Wurzel und wachst und schießt!
Betrug is freilich gemein, aber es heißt ja per nefas (mit Unrecht), und aufs per nefas versteh’n sich die anständigen Leut‘.
Mir war der verlorene Sohn schon immer verächtlich, aber nicht deswegen, weil er ein Schweinehirt war, sondern weil er wieder nach Hause gekommen ist.
Mein Gott, das Maßnehmen ist ein altes Vorurteil, das die Schneider doch nicht hindert, jedes neue G’wand zu verpfuschen.
Es glaubt’s kein Mensch, was der Mensch alles braucht, bis er halbweg ein‘ Menschen gleichsieht. Kurios, der Mensch, heißt es, is das Meisterstuck der Schöpfung, und man muß sich völlig arm zahl’n an Schneidern, daß man das Meisterstuck nur gehörig verstecken kann.
Ich bitt Ihnen, schrein S‘ nicht so – wenn’s meine Frau höret, ich wär des Todes -! A Frau hast? Und fürchst di vor ihr? Das söhnt mich wieder a bisserl mit ’n Schicksal aus.
Daß es Leut‘ gibt, die auf ein‘ Ball gehn, das find‘ ich begreiflich, aber daß es Leut‘ gibt, die einen Ball geben, das is das, was mir ewig ein Rätsel bleibt.
Der Mensch ist mit der Gewohnheit verwachsen, das Atemholen ist auch nur eine Gewohnheit; wenn man sich’s aber abgewöhnt, ist man hin.
Die schönen Tage sind das Privileg der Reichen, aber die schönen Nächte sind das Monopol der Glücklichen.
Abonnenten sind nicht so leicht zu vertreiben. Es ist zum Staunen, was ein guter Abonnent vertragt.