Zitate von Johann Nestroy
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Großmut findet immer Bewunderer, selten Nachahmer, denn sie ist eine zu kostspielige Tugend.
Durch Arbeitsamkeit würde sich unser Wohlstand vermehren, aus dem Wohlstand entstünde Reichtum, aus dem Reichtum entstünden höh’re Wünsche, aus den Wünschen Unzufriedenheit… nein, du verlockst mich nicht, ich bleib‘ bei meinem stillbescheidnen tatenlosen Wirkungskreis… ich arbeit‘ nix!
Jugend ist die Zeit des Lebensgenusses, die Triumphe des Mannesalters und der Reichtum vorgerückter Jahre bieten keinen Ersatz für eine in genußloser Anstrengung vergeudete Jugend.
Die Erde ist ein himmlischer Planet, auf dem die Unglücklichen ein höllisches Leben haben.
Wer mitten in Millionen drinnen steht, der sieht vor sich und hinter sich nur Millionen und braucht weiter keine Vorsicht und keine Rücksicht.
Man war lange Zeit der Meinung, dass es in der Natur keinen leeren Raum gäbe. Diese Behauptung wurde jedoch von verschiedenen Menschenköpfen widerlegt, in denen sich ganz leerer Raum vorgefunden.
Es gibt mitunter geniale Herzen, die der Zeit vorauseilen und den Ersatz schon vor dem Verlust finden.
Eine fixe Idee habe ich gehabt, nämlich die, daß ich mein Glück nur mir selbst verdanken will. Ich bin radikal geheilt davon, denn zu lebhaft empfind‘ ich’s jetzt, daß man gerade zum größten Glück ein zweites Wesen nötig hat, dem man’s verdankt.
Der Glanz alles Glänzenden wird durch schwarze Unterlag‘ gehoben; drum sind immer die Bälle die glänzendsten, denen das Unglück den dunklen Grund abgibt, für welches dann der Glanz des Balles zum Strahl des Trostes wird.
Was kann der Mensch, dessen Leben nix anders als ein an seinem Geburtstag gefälltes, auf unbestimmte Zeit sistiertes Todesurteil ist, G’scheiteres tun, als er laßt sich in resignierter Delinquentenmanier noch nach Möglichkeit gut g’schehn mit einer Gustospeis?
Wir sollen unser Herz nicht so an vergängliche Kreaturen hängen, sagte der Witwer beim Tode seiner Frau.
Die Stellung in der Gesellschaft macht es zur Pflicht, den Geist zu erweitern und das Herz zusammenzuziehen.
In der Silbe „alt“ strömt der ganze mythologische Fluß Lethe, aus dem die junge Frau Vergessenheit des Gatten schlürft.
Mit dem Heiraten geht’s oft wie beim Krapfenbacken; man nimmt alles Mögliche dazu, und sie geraten doch nicht.
Die Zensur ist das lebendige Zeugnis der Großen, dass sie nur verdummte Sklaven treten, aber keine freien Völker regieren können.
Ich hab immer wollen für die Nachwelt etwas sein, und man soll bloß für die Mitwelt etwas vorstellen. Der kluge Mann der Gegenwart sagt: Was hat denn die Nachwelt für mich getan? Nichts! Gut, das nämliche tu ich für sie! Und gewissermaßen hat er recht, der kluge Mann der Gegenwart.
Ich find‘, jede Beleuchtung is unangenehm. Wenn man jemanden haßt, is man froh, wenn man ihn nicht sieht – wozu die Beleuchtung? – Wenn man jemanden liebt, is man froh, wenn einem die anderen Leut nicht sehn.
Alle sieben Jahr‘ ändert sich der Mensch, drum ist es möglich, daß ich aufs Jahr wieder dumm werd‘!, aber heuer noch nicht.
Das ist ja das größte Vorrecht einer Million, daß man damit so dumm daherreden kann, als man will, und doch was gilt.
Da fliegt ein Johanniskäfer! Er leuchtet in der finstern Nacht, denn er lebt, während ein Krondiamant in der Dunkelheit glanzlos ist, wie gar nichts ausschaut. Es ist beinah, als ob uns die Natur zeigen wollt‘, dass das miserabelste Leben mehr Wert ist als der brillanteste Tod.
Es war ein Privatgelehrter, das sind diese rätselhaften Wissenschaftswesen, von denen man nicht weiß, kriegen’s deswegen keine Anstellung, weil sie zu wenig oder weil sie zu viel wissen.
Wenn die Gäst‘ wüssten, wie z’wider sie einem oft sind, es ließ sich gar kein Mensch mehr einladen auf der Welt.
Zur ernsten Besserung wie zum totalen Bösewicht zu schwach, wandelt er den breiten Weg zwischen Reue und Verstocktheit.
Die geistigen Menschen haben alle das Unglück, daß ihnen nebenbei ein Körper zur Last fällt, den sie zu ernähren haben.
Drum ist die Jugend so schön, denn da hat man das Recht, dumm zu sein, und das Alter so traurig, denn da hat man die Verpflichtung, g’scheit zu sein.
Da haben wirs; wenn ein’n wer verrat, so kann man pariern drauf, es is ein guter Freund.
Es gibt Leute, deren Herzen gerade in dem Grad einschrumpfen, als ihre Geldbörsen sich erweitern.
Die leichteste Rechnungsart ist die algebraische; da schreibt man überall drunter „gleich x“, und es ist nie g’fehlt, weil „x“ jede unbekannte Zahl ausdrückt; „x“ ist nämlich eine Abkürzung von „schmeckt’s“
Die Gefühle bleiben sich gleich und werden im Alter noch heftiger, weil sie keine echte Erwiderung finden! Das ist grad als wie einer, der einen Hering ißt und nix z’trinken kriegt.
Reich oder arm, das Schicksal findet bei allen das Fleckerl heraus, wo sie kitzlich sind.
Täuschung ist die feine, aber starke Kette, die durch alle Glieder der Gesellschaft sich zieht; betrügen oder betrogen werden, das ist die Wahl, und wer glaubt, es gibt ein Drittes, betrügt sich selbst.
Die Welt is die wahre Schul’… In der Schul‘, da muß man die Lektionen aufsagen, sonst is man dumm; wenn man aber in der Welt eine tüchtige Lektion kriegt, so muß man still sein und nix dergleichen tun, dann is man g’scheit.
Die Sprach‘ soll uns auszeichnen vor die Tier‘, und mancher zeigt grad‘ durch das, was für a Viech er is.
Und überhaupt, ich hab das Liebesgewerbe anheimgesagt; ich gehör nicht zu die Männer, die den Alten-Weiber-Sommer ihrer Gefühle für Jugendglut halten, die glauben, ihr Herz lebt noch, weil’s manchmal Zuckungen macht wie ein galvanisierter Froschschenkel, und ’s ist deßtwegen doch schon tot.
Ich bin ein angehender Greis, der Hoffnung hat, ehrwürdig zu werden. Also nichts zu befürchten.
Je tiefer ich in meinen Ideen das Senkblei auswerfe, desto mehr finde ich in mir den Abgrund der Widersprüche.
Sehr viel, aber nichts gründlich gelernt, darin besteht die Genialität; und jetzt kann ich mir’s erklären, warum’s so viele Genies gibt.
Sie sagen: Wer nicht arbeit’t, der soll auch nicht essen – und wissen gar nicht, wen sie alles mit diesem Ausspruch zum Hungertod verurteilen.
Um andere für einen Narr’n zu halten, braucht man nix als Leut‘, die einem an Dummheit übertreffen; um aber mit Vorsatz sich selbst für ein‘ Narr’n zu halten, muß man sich selbst an Gescheitheit übertreffen.