Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Lange Überlegungen zeigen gewöhnlich, daß man den Punkt nicht im Auge hat, von dem die Rede ist, übereilte Handlungen, daß man ihn gar nicht kennt.
Eines recht wissen und ausüben gibt höhere Bildung als Halbheit im Hundertfältigen.
Das Drama macht bei den Franzosen einen viel stärkeren Gegensatz mit dem Leben, zum Zeichen, daß ihr gewöhnliches Leben ganz davon entfernt ist. Bei den Deutschen weniger, indem sie selbst schon im Leben wenigstens naiv, gemütlich und poetisch sind.
Mit Ungeduld bestraft sich zehnfach Ungeduld; man will das Ziel heranziehen und entfernt es nur.
Man feiere nur, was glücklich vollendet ist; alle Zeremonien zum Anfange erschöpfen Lust und Kräfte, die das Streben hervorbringen.
Es verrät keiner dem andern die Handgriffe einer Kunst oder eines Handwerks, geschweige denn die vom Leben.
Was der Künstler nicht geliebt hat, nicht liebt, soll er nicht schildern, kann er nicht schildern.
Wo ist der Mittelpunkt der Welt, auf den sich alles beziehen muß? – in unserem Herzen.
Wenn die Männer sich mit den Weibern schleppen, so werden sie so gleichsam abgesponnen wie ein Wocken.
Gar manches Herz verschwebt im Allgemeinen, doch widmet sich das edelste dem Einen.
Dass die Weiber, die in der Jugend Charakter haben, wenn die Liebhaber sich verlieren, Schälke werden, an Beispielen nachgewiesen.
Die Welt ist undankbar, sagen viele. Ich habe noch nicht gefunden, daß sie undankbar sei, wenn man auf die rechte Art etwas zu tun weiß.
Auf alle Fälle ist der Papst der beste Schauspieler, der hier* seine Person produziert.
Man soll wenig tun, aber Tüchtiges und es wirken lassen nach Zeit und Umständen.
Ich bin in Staatsgeschäften alt genug geworden, um zu wissen, wie man einen verdrängt, ohne ihm seine Bestallung zu nehmen.
Der Dichter soll uns seine Personen in ihren Handlungen darstellen, der Gesprächschreiber darf sich ja wohl kürzer fassen und sich und seinen Lesern durch eine allgemeine Schilderung geschwind über die Exposition weghelfen.
Du bist recht appetitlich oben anzuschauen, doch unten hin die Bestie macht mir Grauen.
Soll man dich nicht aufs schmählichste berauben, verbirg dein Geld, dein Weggehen, deinen Glauben.
Was ehemals Grund war, ist nun Gipfel. So gründen auch hierauf die rechten Lehren: Das Unterste ins Oberste zu kehren.
Jedes Ding, jede Beschäftigung verlangt eine eigene Form, eine Formel, die, das Unwesentliche ausschließend, den Hauptbegriff scharf umgrenzt. Viele empfänden das Richtige, möchten es gern darstellen, könnten aber nicht zur passenden Form gelangen.
Ängstlich ist es, immer zu suchen, aber viel ängstlicher, gefunden zu haben und verlassen zu müssen.
Wenn man zu Hause den Menschen so vieles nachsähe als man auswärts thut, man könnte einen Himmel um sich verbreiten.
Wie kann der Charakter, die Eigentümlichkeit des Menschen, mit der Lebensart bestehen? Das Eigentümliche müsste durch die Lebensart erst recht hervorgehoben werden.
…denn darin sind die Weiber fein und haben recht; wenn sie zwei Verehrer in gutem Vernehmen mit einander erhalten koennen, ist der Vorteil immer ihr,…
Manche Geschöpfe sind ganz dämonischer Art, in manchen sind Teile von ihm wirksam. Unter den Künstlern findet es sich mehr bei Musikern, weniger bei Malern. Bei Paganini zeigt es sich im hohen Grade, wodurch er denn auch so große Wirkungen hervorbringt.
Der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt.
Ich ließ ihn merken,… daß man ein Gewissen, solange es spricht, respektieren müsse.
Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen (Franzosen) leiden, Doch ihre Weine trinkt er gern.
Es gibt, sagt man, für den Kammerdiener keinen Helden. Das kommt aber bloß daher, weil der Held nur vom Helden anerkannt werden kann. Der Kammerdiener wird aber wahrscheinlich seines Gleichen zu schätzen wissen.
Die Deutschen sollten in einem Zeitraum von dreißig Jahren das Wort „Gemüt“ nicht aussprechen dann würde nach und nach Gemüt sich wieder erzeugen.
Der Aberglaube gehört zum Wesen des Menschen und flüchtet sich, wenn man ihn ganz und gar zu verdrängen denkt, in die wunderlichsten Ecken und Winkel, von wo er auf einmal, wenn er einigermaßen sicher zu sein glaubt, wieder hervortritt.
Das egoistische Zeitalter kennt keine Ehre; denn die Ehre braucht andere Leute, die sie doch voraussetzt, der Egoist setzt nur sich.
Mir, der ich selten selbst geschrieben was ich zum Druck beförderte, und, weil ich diktirte, mich dazu verschiedener Hände bedienen mußte, war die konsequente Rechtschreibung immer ziemlich gleichgültig.
Der Roman ist eine subjektive Epopee, in welcher der Verfasser sich die Erlaubnis ausbittet, die Welt nach seiner Weise zu behandeln. Es fragt sich also nur, ob er eine Weise habe, das andere wird sich schon finden.
Niemals hat noch die Kälte der mütterlichen Lehren ein weibliches Herze so zu Eise gehärtet, dass es der alles erwärmende Hauch der Liebe nicht hätte zerschmelzen sollen.