Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
page 64

In der Jugend bald die Vorzüge des Alters gewahr zu werden, im Alter die Vorzüge der Jugend zu erhalten, beides ist nur ein Glück.

Das Wunderbarste ist dabei, daß das Beste unserer Überzeugungen nicht in Worte zu fassen ist. Die Sprache ist nicht auf alles eingerichtet und wir wissen oft nicht recht, ob wir endlich sehen, denken, erinnern, phantasieren oder glauben.

Hypothesen sind Gerüste, die man vor dem Gebäude aufführt und die man wieder abreißt, wenn dieses fertig ist. Sie sind dem Arbeiter unentbehrlich; nur muß er das Gerüst nicht für das Gebäude ansehen.

Dämmrung senkte sich von oben, Schon ist alle Nähe fern; Doch zuerst emporgehoben Holden Lichts der Abendstern!

Der Mensch hat wirklich viel zu tun, wenn er sein eigenes Positive bis ans Ende durchführen will.

Zur Verewigung des Irrtums tragen die Werke besonders bei, die enzyklopädisch das Wahre und Falsche des Tages überliefern.

Gesteht’s! Die Dichter des Orients Sind größer als wir des Okzidents. Worin wir sie aber völlig erreichen, Das ist im Haß auf unsresgleichen.

Der Mensch ist zu einer beschränkten Lage geboren; einfache, nahe, bestimmte Zwecke vermag er einzusehen, und er gewöhnt sich, die Mittel zu benützen, die ihm gleich zur Hand sind; sobald er aber in’s Weite kommt, weiß er weder was er will, noch was er soll.

Die Stadt Frankfurt hat das edelste und das bedeutendste Verhältnis zur Geschichte unserer Tage.

Das Muß ist hart, aber beim Muß kann der Mensch allein zeigen, wie’s inwendig mit ihm steht. Willkürlich leben kann jeder.

Ans Wahre wie ans Falsche sind notwendige Bedingungen des Daseins gebunden.

Ihre Geschichte sei unterhaltend, solange wir sie hören, befriedigend, wenn sie zu Ende ist, und hinterlasse uns einen stillen Reiz, weiter nachzudenken.

Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern Und hüte mich, mit ihm zu brechen. Es ist gar hübsch von einem großen Herrn, so menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

Im Atemholen sind zweierlei Gnaden: Die Luft einziehen, sich ihrer entladen; jenes bedrängt, dieses erfrischt; so wunderbar ist das Leben gemischt. Du danke Gott, wenn er dich preßt, und dank ihm, wenn er dich wieder entlässt!

Vom Verdienste fordert man Bescheidenheit; aber diejenigen, die unbescheiden das Verdienst schmälern, werden mit Behagen angehört.

Wärt ihr, Schwärmer, imstande, die Ideale zu fassen, O! so verehrtet ihr auch, wie sich’s gebührt, die Natur.

Wer nicht die Welt in seinen Freunden sieht, Verdient nicht, daß die Welt von ihm erfahre.

Fehler der Jugend sind erträglich, denn man betrachtet sie als Übergänge, als die Säure einer unreifen Frucht, am Alter bringen sie zur Verzweiflung.

Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen, und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.

Im eignen Auge schaue mit Lust, Was Plato von Anbeginn gewusst; Denn das ist der Natur Gehalt, Dass außen gilt, was innen galt.

Man sagt, der gäbe zweimal, der schnell gibt; aber der gibt zehnfach, der zur rechten Zeit gibt.

Es wandelt niemand ungestraft unter Palmen, und die Gesinnungen ändern sich gewiß in einem Lande, wo Elefanten und Tiger zu Hause sind.

Wer Maximen bestreiten will, sollte fähig sein, sie recht klar aufzustellen und innerhalb dieser Klarheit zu kämpfen, damit er nicht in den Fall gerate, mit selbstgeschaffenen Luftbildern zu fechten.

Was ist denn überhaupt am Leben? Man macht alberne Streiche, beschäftigt sich mit niederträchtigem Zeug, geht dumm aufs Rathaus, klüger herunter, am andern Morgen noch dümmer hinauf.

Es ist kein sichrer Mittel, die Welt für Narrn zu halten, als sich albern zu stellen.

Wer bei seinen Arbeiten nicht schon seinen ganzen Lohn dahin hat, ehe das Werk öffentlich erscheint, der ist übel dran.

Wenn ich Gott aufrichtig suchte, so ließ er sich finden und hielt mir von vergangenen Dingen nichts vor. Ich sah wohl ein, wo ich unwürdig gewesen, und wußte auch, wo ich es noch war; aber die Erkenntnis meiner Gebrechen war ohne alle Angst.

Ein jeglicher, gut oder böse, nimmt sich seinen Lohn mit seiner Tat hinweg.

Aber du weißt, wie ich im Anschau’n lebe; es sind mir tausend Lichter aufgegangen.

Ich will das Gegenwärtige genießen, und das Vergangene soll mir vergangen sein.

Das Ziel meiner innigsten Sehnsucht, deren Qual mein ganzes Inneres erfüllte, war Italien, dessen Bild und Gleichnis mir viele Jahre vergebens vorschwebte, bis ich endlich durch kühnen Entschluß die wirkliche Gegenwart zu fassen mich erdreistete.

Denn ein vollkommener Widerspruch, bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.

Es gibt keine Lage, die man nicht veredeln könnte durch Leisten oder Dulden.