Zitate von Justus Vogt
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Charakterfestigkeit ist heute ein Luxus, den sich niemand mehr leisten will – sie kontaminiert die gut bezahlte dunkle Weste mit weissen Flecken.

„Wer bin ich“, fragt mein Ego – „Du bist ich, mal groß und mal klein“, antwortet mein Schatten.

Das alltägliche Fangnetz des Lebens wird aus Mitgefühl und Selbstbewusstsein gestrickt, der doppelte Boden aus gesundem Misstrauen.

Diktatur nennt man auch in einer Demokratie, wenn persönliche Meinungen staatlich bewertet und bei Missfallen sanktioniert werden.

Wir sind ständig damit beschäftigt, Anderen zu gefallen, aber der innere Spiegel lügt nicht.

Politik heißt heute immer Idealismus gegen Utopismus, Gebrauch gegen Verbrauch – immer das Unmögliche fordern, um das maximal Mögliche zu erreichen.

Das Leben gleicht heute einem Adventskalender – jeder Tag birgt eine Überraschung, nach dem 24. ist das Geld aus und der Spaß vorbei.

Geld wurde durch uns von einem Zahlungsmittel zu einem universalen Schwarzen Loch gemacht – wer ihm zu nahe kommt, der wird verschluckt.

Wer sein Leben berechnend lebt, der scheitert meistens an einer einzigen Unbekannten – sich selbst.

Die Macht der Worte gegen die Allmacht des Geldes und die Ohnmacht der Bürger – „macht doch nix“ war gestern.

Wir glauben fest an unseren Glauben und sind deshalb Weltmeister im Geldspenden – die moderne Form mittelalterlicher Ablassbriefe.

Das anthropologische Zuhause der Menschheit liegt in Afrika, von dort haben wir uns ausgeländert, und heute wollen wir unseresgleichen aussondern.

Neutralität ist die ehrenwerte Kunst, sich zwischen allen Stühlen als Tisch zu behaupten.

Von Träumen sollte man sich trennen, wenn sie als Illusion erkannt werden – die einen lassen sich verwirklichen, die anderen nicht.

Es ist wohl ein Zeichen von Intelligenz, sich auch mit einfachen Dingen begnügen zu können.

Unser Leben ist zwar nur eine Träne oder ein Lächeln der Zeitgeschichte, in dem wir aber bewusst eigene Entscheidungen treffen können – morgen kennt die meisten keiner mehr, ich durfte oder musste sie leben.

Man erlernt heute leichter das Putzen fremder Klinken als das Putzen der eigenen Schuhe.

Der Wind des Lebens ist mächtig und eigensinnig, er erhält manch längst erloschen geglaubte Glut und entfacht sie zu neuem Feuer.

Man sollte im Leben so einparken, dass Andere nicht bedrängt werden – damit erspart man sich oft eine eigene Bedrängnis.

Alte Fotografenweisheit – die Perspektiven des Lebens erkennt man erst, wenn man auch mal am Boden liegt.

Die Natur stellt den weltweit grössten Wirtschaftsfaktor – könnte sie nicht hungrige Eisbären als Lobbyisten in die Parlamente entsenden?

Papier ist ein geduldiger Partner – Unaussprechliches findet dort unwidersprochen seinen Platz und macht den Kopf frei, aber wo sind die Worte, die ich bräuchte…?

„Unser Letzter“ wird kein Licht ausmachen oder ausblasen müssen, das letzte Feuer erlischt einfach und der letzte Mensch geht von dieser Welt, wie wir einst über sie gekommen sind.