Zitate von Novalis
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Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn der Mensch stirbt, wird er Geist. Freier Tod des Geistes, freier Tod des Menschen.
Siehst du einen Riesen, achte auf den Stand der Sonne, ob es nicht der Schatten eines Zwerges ist.
Die Kunst, Bücher zu schreiben, ist noch nicht erfunden. Sie ist aber auf dem Punkt, erfunden zu werden. Fragmente dieser Art sind literarische Sämereien. Es mag freilich manches taube Körnchen darunter sein: indessen, wenn nur einiges aufgeht!
Was du verlorst, hat er gefunden, Du triffst bei ihm, was du geliebt und ewig bleibt mit dir verbunden, was seine Hand dir wiedergibt.
Jeder denkende Mensch wird allemal Wahrheit finden. Er mag ausgehn, wo, und gehn, wie er will.
Eine ausgewählte Bücherei ist das einzige Parkett, auf dem wir uns mit den größten Geistern der Vergangenheit und Gegenwart zwanglos unterhalten können.
Jung ist man morgens und alt abends. Abendlich müssen unser Testament bereit und unsere Angelegenheiten in Ordnung sein.
Wie lange wird es währen, so sehn wir uns wieder, und werden über unsere heutigen Reden lächeln. Ein himmlischer Tag wird uns umgeben, und wir werden uns freuen, daß wir einander in diesen Tälern der Prüfung freundlich begrüßten, und von gleichen Gesinnungen und Ahndungen beseelt waren.
Scham ist wohl ein Gefühl der Profanation. Freundschaft, Liebe und Pietät sollten geheimnisvoll behandelt werden. Man sollte nur in seltnen, vertrauten Momenten davon reden, sich stillschweigend darüber einverstehen. Vieles ist zu zart, um gedacht, noch mehres, um besprochen zu werden.
In jedem Menschen kann mir Gott erscheinen. Alles Gute in der Welt ist unmittelbare Wirksamkeit Gottes. Am Christentum hat man Ewigkeiten zu studieren. Es wird einem immer höher mannigfacher, herrlicher.
Bedürfnis nach Liebe verrät schon eine vorhandene Entzweiung in uns. Bedürfnis verrät immer Schwäche.
Je mehr sich unsere Sinne verfeinern, desto fähiger werden sie zur Unterscheidung der Individuen.
Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Erdteil bewohnte.
Die Natur hat Kunstinstinkt – daher ist es Geschwätz, wenn man Natur und Kunst unterscheiden will.
Wir werden die Welt verstehn, wenn wir uns selbst verstehn, weil wir und sie integrante Hälften sind.
Mit innigem Gebet und festem Vorsatz ist vieles möglich. Hat man Gott im Herzen, so grübelt man nicht. Dann ist nur eine große erhebende Empfindung in der Seele. Auf dem göttlichen Gesichtspunkt gibt es keine Wolken; da ist nur ein Glanz, eine Herrlichkeit.
Daß jede Sache zwei Seiten hat, ist ein abgedroschener Gemeinplatz, der aber gleich Leben und Neuheit gewinnt, wenn man mit ihm jeden Schritt im alltäglichen Leben mißt und seine Anschaulichkeit bis zu einer Art von Instinkt der Urteilskraft erhöht.
Die Sünde ist der große Reiz für die Liebe der Gottheit. Je sündiger man sich fühlt, desto christlicher ist man.
Alle Wissenschaften sollen Mathematik werden. Die bisherige Mathematik ist nur die erste und leichteste Äußerung oder Offenbarung des wahrhaft wissenschaftlichen Geistes.
Jedes Geschäft muß künstlerisch behandelt werden, wenn es sicher und dauernd und durchaus zweckmäßig gelingen soll.
Wo echter Hang zum Nachdenken, nicht bloß zum Denken dieses oder jenes Gedankens, herrschend ist, da ist auch Progressivität.
Es muß noch viel Worte geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen.
Die Liebe hat von jeher Romane gespielt, oder die Kunst zu lieben, ist immer romantisch gewesen.
Jede unrechte Handlung, jede unwürdige Empfindung ist eine Untreue gegen die Geliebte, ein Ehebruch.
Wer ein mathematisches* Buch nicht mit Andacht ergreift und es wie Gottes Wort liest, der versteht es nicht.