Zitate von Otto Weiß
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Die Verliebten behaupten – wenn auch nicht ausdrücklich -, daß in dieser Welt nur zwei Personen existieren.

Eine Partitur lesend, sagt ein Kapellmeister: Bei der modernen Musik weiß man oft nicht: ist’s eine erhabene Inspiration oder ein trivialer Druckfehler?

Ich frage: Wenn man nichts Besseres an Stelle des Schlechten setzen kann, ist dies dann gut?

So schwer fällt es vielen, zwei Dinge gleichzeitig zu tun! Zum Beispiel: lesen und denken.

Ein Totengräber: Grabreden würden sicher nicht so viel Lob enthalten – wenn Verstorbene sie hören könnten.

Merkwürdige Selbsterkenntnis: Sobald gewisse Leute jemand als einen der Ihrigen betrachten, behandeln sie ihn geringschätzig.

Die allerbesten Gesetze eines Landes – zeigen beleidigendes Mißtrauen gegen seine Bewohner.

Stiller Wunsch vieler Männer: Wollte meine Frau mich nur, wenigstens zeitweise, als Fremden behandeln!

Dies und jenes fehlt der Frau so lange nicht – bis sie bemerkt, daß eine ihrer Freundinnen es hat.

Im Wesen manches Menschen liegt etwas Schüchternes – das sich erst, wenn man öfter mit ihm verkehrt, in Frechheit verwandelt.

Im öffentlichen Leben treten viele auf mit einem Gemisch von Bescheidenheit und Keckheit: keck in ihrer Haltung, bescheiden in ihren Leistungen.

Grabschrift: Hier liegt Frau R., geb. am 1. November 1837, gest. am 1. November 1907. Nun hat sie den rastlos bösen Mund für immer geschlossen. Friede ihren Bekannten und Verwandten!

Was den Laien oft vom Fachmann unterscheidet: er hat nicht gleich diesem die nötigen Theoretischen Kenntnisse, um seine schiefen Urteile zu begründen.

Solche, die sich niemand aufdrängen, nennt man – nicht etwa „bescheiden“ – sondern hochmütig.

Über die Freuden des Alters könnte selbst ein Gelehrter keine weitschweifige Abhandlung schreiben.

Sprich von gewissen Dingen noch so schön… du profanierst sie… eben weil du von ihnen sprichtst.

Ein Wohlbekannter sagte: Die Not eines Menschen ist nicht da, um gemildert, sondern um ausgenutzt zu werden.

Gewisse Wünsche darf man vor jedem aussprechen, nur nicht vor dem, der sie erfüllen könnte.

Unglücklich will manche Frau um jeden Preis scheinen – und bedauert man sie dann – so ist sie ganz glücklich!

Wem täte es nicht leid, wenn er andern unabsichtlich schadet? – und gar erst, wenn er ihnen unabsichtlich nützt?

In einem Gespräch über die Ehe meinte jemand: Das Übel liegt nicht so sehr darin, daß man verheiratet ist – als darin, wie man es täglich ist.

Ein Finanzminister: Im allgemeinen müssen die Armen dafür sorgen, daß die Reichen nicht zugrunde gehen.

Gerade dann, wenn’s am nötigsten wäre, weiß man oft nicht, wann die entscheidende Stunde schlagen wird.

In so manchen Staaten sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich; vor dem Gesetz – nicht vor dem Gericht.

Bisweilen sind wir unwilliger, wenn unsere Erwartungen teilweise, als wenn sie gar nicht erfüllt werden.

Mnemotechnisches: Durch die Mühe, die man sich gibt, gewisse Dinge zu vergessen, prägen sie sich dem Gedächtnis desto besser ein.

Was der Stoizismus den Menschen lehren will: sich ebenso wohl zu fühlen, wenn ihn das Elend angrinst, als wenn ihm das Glück zulächelt.

Der Lügner wird von den Leuten oft getäuscht; denn oft stellen sie sich, als glaubten sie ihm.

’s alles so unbestimmt!… Nicht einmal das können wir sicher sagen: daß es anders kommen wird, als wir’s erwarten!