Zitate von Paul Heyse
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Ein Bilderbuch ist diese Welt, das manchem herzlich wohlgefällt. Der blätternd Bild um Bild genießt, vom Text nicht eine Zeile liest.

Kein Trost in thatenlosem Leiden Ist, daß ich rüstig einst geschafft. Seh‘ ich die Zeugen meiner alten Kraft, Fang‘ ich nur an, mich selber zu beneiden.

Soll das kurze Menschenleben immer reife Frucht dir geben, mußt du jung dich zu den Alten, alternd dich zur Jugend halten.

Nicht zu bescheiden! Sei mit dem Glück nur nicht bescheiden Und mach die Fordrung nicht zu knapp. Es ist das Zähere von euch Beiden Und handelt noch genug dir ab.

Wird den Winden auch zum Raube, Was ein Staubessohn geschrieben, Sei es gleich dem Blütenstaube, Der befruchtet im Zerstieben.

Jeder Deutsche durchlebt eine Phase, Wo er mit Macht Politik betreibt Und ein historisches Drama schreibt. Zu Beidem braucht’s nur den Mut der Phrase.

Unvermeidlich Lebe nur! Dem Widerspruch Wird Lebend’ges nicht entgehen. Todtgebornes trifft der Fluch, Niemand je im Weg zu stehen.

Wie kannst du deine Zeit verachten Und doch nach ihrem Lobe schmachten? Soll man dir deinen Stolz verzeihn, Mußt drauf verzichten, eitel zu sein.

Doch ihr, die Geistesmacht entflammt, O haltet den Tempel rein! Ist heiliger doch kein Priesteramt, Als Hüter des Worts zu sein.

Wahrlich, kein Gesang ist schlimmer, Kein Ton, der so an Windeln mahnt, Als jenes zärtliche Gewimmer, Des Lyrikers, der ewig zahnt.

Fruchtlose Polemik Streite doch nicht mit jedem Tropf! Du triffst, so klar und scharf du bist, Doch nur den Nagel auf den Kopf, Mit dem er selbst vernagelt ist.

Wäre nicht Erinnerung, Schiene Traum, was Leben war! Aber wen die Götter lieben, Stirbt er auch in grauem Haar, Dennoch stirbt er ewigjung.

Späte Erkenntnis „Für diese Weisheit bin ich blind, So hell meine jungen Augen sind.“ – Werde nur alt! Wirst’s auch erfahren: Weitsichtig wird man mit den Jahren.

Verdammlich ist’s, nach Glück zu streben; Das Ziel des Menschens ist die Pflicht. – Allein beglückt es Euch denn nicht, Euch euren Pflichten hinzugeben?

Talent ist eben ein jüngrer Sohn, Durch Fleiß der Nahrungssorgen spott‘ es. Genie ist Erb‘ und ältster Sohn, Stammhalter des lieben Gottes.

Je ernster sie sind, je redlicher, Je schlimmer der Kampf mit harten Schädeln. Nichts ist der Wahrheit schädlicher, Als der Irrtum der Edeln.

Selbsttäuschung Ihr seht euch für gutmütig an? Ja, fällt ein Kind, helft ihr behende; Doch kommt zu Fall ein großer Mann, Reibt ihr euch schadenfroh die Hände.

Dem echten Lehrer muß jeder Schüler gleichviel gelten; je talentloser, träger und hartköpfiger der Zögling, desto mehr muß er den Erzieher reizen, etwas aus ihm zu machen.

Die Weltweisheit hat eben so viele Menschen zu einem persönlichen Gott, wie von ihm ab geführt.

Nicht, welches Weib dem Mann gefällt, Ist seines Werthes Messer. Von Weibern denkt auch mancher Held: Je schlimmer, desto besser.

Räthsel, die zu lösen endlich, Werden sie „natürlich“ schelten. Nur was ewig unverständlich, Wird als Offenbarung gelten.

Für Häupter, die der Welt entschwanden, Ist stets ein voller Kranz vorhanden, Wenn er sie selbst nicht mehr erfreut. Noch immer blüht in deutschen Landen Das deutsche Erbtalent, der Neid.

Recherche de l’inconnu In deinem Innern mancher Schacht Ist voll von unbekannten Erzen, Doch schürfst du tiefer in deinem Herzen, Nimm dich vor schlagenden Wettern in acht!

Nur nicht gleich das Schwert gewetzt Und das Beil geschliffen! Was ihr niemals überschätzt, Habt ihr nie begriffen.

Ich saß an einem Tisch von Silber reich. Nie sah ich solchen Aufwand all mein Leben. Drei süße Speisen gab es da zugleich: Zucker und Honig und mein Schatz daneben.

Die Mühle des alltäglichen Lebens zerreißt einem manches, was man als eisenfest und aus einem Stück an sich selbst geschätzt hat.

Wer heute klüger ist als gestern und es mit offener Stirn bekennt, den werden die Biedermänner lästern und sagen, er sei inkonsequent.

Der Zuschauer und der Leser, über nichts sind sie böser, als wenn es der Poet nicht macht genau so, wie sie sich’s gedacht.

Ars longa Fünf Stunden lang mich ergeben In euren Meistergesang? Verzeiht! Kurz ist das Leben, Und diese Kunst – zu lang.

Stets bereit zu tausend Sachen Sind die flotten Halbtalente. Muß man doch nicht alles machen, Was man auch wohl machen könnte.

An die Nazarener Die Künste preist ihr salbungsvoll Und warnt vor Sinnenreizen? Wenn euch der Ofen wärmen soll, So, denk‘ ich, müßt ihr ihn heizen.

Auf diesen Mann hohnlästerst du, Der doch von dir mit Achtung spricht? Er hat vielleicht auch Grund dazu, Ich leider nicht.

O meiner Jugend Sonnenschein, Du Himmel reinsten Blau’s! Jung – lebt‘ ich in den Tag hinein, Alt – aus dem Tag hinaus.

Könnt‘ in einem Sprüchlein Raum sein, Weltprobleme zu erledigen? Ein Spazierstock will kein Baum sein, Ein Stoßseufzer will nicht predigen.

Neu beschwing ihm das Gefieder, Das nun kriechend kritzeln muß: Blick und Wort statt Brief‘ und Lieder, Statt der Siegel Kuß um Kuß!

Laß von brutalen Gewalten nie deine Seele knechten; kannst du nicht Recht behalten, halte doch fest am Rechten.

Kein Glück ist auf dem Erdenrund Heilkräft’ger, süßer, reiner, Als Kindermund an deinem Mund Und Kinderhand in deiner.