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Mußt dich nur vom Neide reinigen, dann verzehnfachst du dein Glück, machst in jedem Augenblick fremde Freuden zu den deinigen.
Paul HeyseWie denkst du von diesem Autor nur? Wohl gar verächtlich? Nein, sein Verdienst durch die Literatur Ist sehr beträchtlich!
Paul HeyseEin scheues Wild die Gedanken sind. Jag ihnen nach, sie fliehen geschwind. Siehst du sie helle Augen an, zutraulich wagen sie sich heran.
Paul HeyseAnthropomorphismus Du glaubst, mit Gott vertraulich Unter vier Augen zu sein, Und blickst doch nur erbaulich Ins Spiegelglas hinein.
Paul HeyseDa werfen sie, ohne sich zu schämen, Die Flinte gleich ins Korn hinein: Wo die Leute nur den Mut hernehmen So ungeheuer feige zu sein!
Paul HeyseGelassen lern' ich Tadel ertragen, Wie er beschert ward, fein und grob; Aber am Herzen fühlt' ich nagen Der guten Freunde gnädiges Lob.
Paul HeyseZum Nadelholz gehören Ficht' und Ceder, Doch macht der Wuchs einen Unterschied. Homo sapiens heißt ein Jeder, Ist er auch noch so insipid. (abgeschmackt)
Paul HeyseGewisser Leute Bann und Acht Hat nie mich Wunder genommen. Ich hab' ihnen den Verdruß gemacht, Ohne sie durch die Welt zu kommen.
Paul HeyseSolang du schimpfst und tobst und bellst, Bleibst du dem Volk erfreulich. Doch wenn du einfach Recht behältst, Finden sie's unverzeihlich.
Paul HeyseDilettant heißt der kuriose Mann, der findet sein Vergnügen dran, etwas zu machen, was er nicht kann.
Paul HeyseDer Egoist Seltsam, daß er's nicht weiter bringt Und weder stark wird, weder groß, Da Alles doch sein Ich verschlingt! - Sein Ich ist eben bodenlos.
Paul HeyseAuf so manche Lust der Welt Lernt man früh verzichten. Was uns bis zuletzt gefällt, Sind Bilder und Geschichten.
Paul HeyseWer die Menschen im Durchschnitt nimmt, Sieht, wie man sich bilden mag an ihnen, Sie bleiben, wozu Natur sie bestimmt: Bestien oder Maschinen.
Paul HeyseDas eben ist das Wunder der Liebe: sie will von dem Geliebten lieber mit Füßen getreten, also von ungeliebten Händen geliebkost werden.
Paul HeyseLiebe bringt uns um Allerhand: Um Zeit, Geld, Reputation und Verstand. Wer nur mit dem Bankrott nicht endet, Hat nie einträglicher verschwendet.
Paul HeyseDas sind die Traurigen, die Flachen, die tief und stark sich scheinen: Die Frauen, die nicht lachen, die Männer, die nicht weinen.
Paul HeyseMusik ist auch nur ein Surrogat, vielleicht das kräftigste und edelste, aber das wahre, das Glück selbst, doch immer nicht.
Paul HeyseSchule des Lebens Was lehret das Leben? Gieb Mir bündigen Bescheid. - Hingeben, was dir lieb, Hinnehmen, was dir leid.
Paul HeyseWichtigste Kunst Du wirst der Leute Lieb' und Gunst, Zumal der Biedern, bald verlieren, Verstehst du nicht die edle Kunst, Mit Anstand dich zu ennuyieren.
Paul HeyseHüte dich, wahllos einzustimmen, wenn Lästerzungen die Frauen kränken. Man kann nicht schlimm genug von den schlimmen, nicht gut genug von den guten denken.
Paul HeyseWas den Modernen gebricht? Sie gehn zur Natur von der Kunst aus. Göttliche Alten! Natur leitet' euch sicher zur Kunst.
Paul HeyseBeschränkung Steck dir das Ziel nur nicht zu weit Und mach den Schritt nach deinen Schuh'n. Mit seiner verfluchten Schuldigkeit Hat Jeder schon genug zu tun.
Paul HeyseSüß ist ein neidlos Anerkennen, Doch eine Wollust, dann und wann Einen aufgeblasenen Charlatan Recht gradheraus einen Wicht zu nennen.
Paul HeyseWeiter, als Adam es gebracht, Bringt's auch der Weiseste nicht im Leben: Er hat sich alle Dinge betracht't Und ihnen Namen gegeben.
Paul HeyseUnsinnige Pedanterei, Will stets der Geist die Sinne meistern! Am echten Geiste werden frei Gesunde Sinne sich begeistern.
Paul HeyseEs bleibt der letzte und allgemeine Maßstab für den Wert eines Menschen, ob er auch der Andacht fähig ist, ob er seine Gedanken vom Staub des Werktages losmachen und eine Feiertagsstille in sich erzeugen und würdig genießen kann.
Paul HeyseSoll Ruhm mir blühn. komm' er beizeit. Was hat die Nachwelt mir zu geben? Ich möchte von meiner Unsterblichkeit Doch ein paar Jährchen miterleben.
Paul HeysePädagogik Zur Kinderlehre wird's genügen, Lehrt ihr das A und O verstehn, Die Mädchen: einen Mann zu kriegen, Die Buben: ihren Mann zu stehn.
Paul HeyseWenn Kopf und Herz sich widersprach, Thät doch das Herz zuletzt entscheiden. Der arme Kopf gibt immer nach, Weil er der Klügre ist von Beiden.
Paul HeysePhilologie Buchstabensel'ge Philologie Vermeint, den Logos liebe sie? Wortklauberei weiß nichts fürwahr Vom "Worte", das "zu Anfang" war.
Paul HeyseDie Bildung, die wir den Kindern erteilen, bezweckt, bei Licht besehen, nur eben die übliche Masse von Vorurteilen ihnen ins Leben mitzugeben. Besitz kühlt ab; doch droht Verlust, sprühn aus der Asche neue Flammen.
Paul HeyseFrieden? und in der Natur wollen Sie ihn suchen? Suchen Sie ihn, wo Sie wollen, in Tagelöhner-Arbeit, im Beichtstuhl, in der Flasche - nur nicht in der Natur. Den ewigen Kriegszustand Aller gegen Alle in der Natur können wir nicht abstellen.
Paul HeyseFrau'n sind oft Rätsel von jener Art, Die, wenn wir die Lösung wissen, Bereuen lassen, daß wir so hart Die Zähne dran zerbissen.
Paul HeyseVon jeder wirklich dichterischen Schöpfung ist zu verlangen, daß sie uns ein bedeutsames Menschenschicksal, einen seelischen, geistigen oder sittlichen Konflikt vorführe, uns durch einen nicht alltäglichen Vorgang eine neue Seite der Menschennatur offenbare.
Paul HeyseDas wahre Glück kann nichts anderes sein, als sich hinzugeben, ohne sich zu verlieren, weil man sich wiederfindet in etwas Besserem, als man selbst ist.
Paul HeyseSei vernünftig und spare deine Kräfte; das Leben ist lang, und oft ist es mühselig, und die Wege sind nicht immer eben. Aber ein festes Herz hilft ans Ziel.
Paul HeyseSobald die Künste verblühn, Kommt Wissenschaft in Gunst. Sie lohnt auch Handwerksmühn, Denn Wissen ist keine Kunst.
Paul Heyse