Zitate von Peter Rudl
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Kaum etwas Abstoßenderes als die Kindheit. Kaum etwas Anziehenderes als die Kindheit des Alters.
Keine Währung ist so hart und werthaltig und dennoch zeitlebens durch Mißbrauch und Erfahrung einer solchen Abwertung ausgesetzt wie Vertrauen.
Die Kunst ist der Beelzebub, mit der man der Liebe ihren plebejischen Charakter austreibt.
Man sollte einen Menschen nicht seiner Gefühllosigkeit zeihen, die meist nichts anderes als der stentorne Bocksgesang eines langwierigen und ausgeprägten Traumas ist.
Für mich ist das Denken eine Lebensform von negativer Maximalität. Die Liebe ist ihr absoluter Gegenpol. Wer liebt, denkt nicht, und umgekehrt. Eine Koinzidenz gliche da eher der zufälligen Begegnung verlaufener Wimperntusche mit einem Seziermesser. Auf einem gynäkologischen Stuhl.
Es gibt eine Art Hilfsbereitschaft, die einfach nur widerlich berührt, weil sie nichts so sehr wie der Eitelkeit des Helfenden dient.
Egal, ob sie nun äußerst hoch oder äußerst gering ausfällt. Egoismus zeugt von extremer Vitalität.
Der Vergleich von Männern und Frauen ist lächerlich. Wie sollte man die Individualität der Geschlechter gegeneinander messen können?
Dem sogenannten Nutzen mangelt es an jedweder geistigen Qualität, was ihn für Menschen, die sich eine solche zuschreiben, auf Dauer disqualifizieren sollte, wenn nicht muß.
Was freilich selten genug vorkommt, muß Philosophie, um diesem Begriff überhaupt gerecht werden zu können, vor allem durch eins bestechen: ihre Kaltblütigkeit.
Was ich von meinem Tod erwarte? Perverses Gelächter primitiven Gesindels, das mich schon zu oft in meinem Leben belästigt und um den Schlaf gebracht hat. L’enfer alors.
Es läßt bereits tief blicken, daß nicht der Affe sondern das Schwein dem Menschen genetisch am nächsten steht. Und was hat es dem Schwein gebracht? Nun, es wird jetzt nicht mehr nur abgeschlachtet, sondern auch noch gern als Organspender mißbraucht.
Der Geistesmensch muß ja vielleicht immer in die Wunden schreiben, denn wenn sie sich schlössen, verfaulte der Geist von innen.
Es ist der gerechte Lohn der Scheinheiligen, daß sie nur den Schein und ihr Heil lieben können.
Arg überschätzte Geister? Picasso, Goethe, Hitler. Kennedy, Hesse, Grass scheinen dagegen in ihrer Überschätztheit arge Zwerge. Und das ist, weiß Gott, gut so.
So wie höheres Leben zumindest hienieden nicht ohne Luft möglich ist, kann auch Charakter nicht ohne Authentizität bestehen.
Eine Entschuldigung mit Falls, Wenn und Aber ist viel schlimmer als gar keine Entschuldigung.
Die Zeit aast, rast, fast und gast. Ein Leichnam ist’s, aufgetrieben im Raum und an seiner Oberfläche verfaulend.
Nichts ist trostloser, vielleicht auch empörender als ein Geist, der sich dem Verfall überläßt.
Zwangsjacke der Mathematik: welcher arme Irre ist eigentlich auf den Gedanken gekommen, daß sich Parallelen in der Unendlichkeit treffen? Wer mit der Unendlichkeit ernst macht, darf getrost davon ausgehen, daß sie sich voneinander unendlich… entfernen.
Neid macht mich eher traurig. Es ist ein so armselig Ding, eine so afterselige Erstrengung, einfach so zu menscherbärmlich, einfach so zu traurig Mensch.