Robert Musil Zitate

Jeder Mensch hat eine... Methode, die Bilanz seiner Eindrücke zu seinen Gunsten umzudeuten, so dass gewissermaßen das tägliche Existenzminimum an Lust daraus hervorgeht.

Arnheim hatte unterdessen mitgeteilt, dass sich die Welt seit zwei Menschenaltern in der größten Umwälzung befinde: die Seele gehe zu Ende. ... Die Seele sei schon seit dem Zerfall der Kirche, also ungefähr im Beginn der bürgerlichen Kultur, in einen Prozess der Einschrumpfung und Alterung geraten.

In der Wissenschaft kommt es alle paar Jahre vor, daß etwas, das bis dahin als Fehler galt, plötzlich alle Anschauungen umkehrt oder daß ein unscheinbarer und verachteter Gedanke zum Herrscher über ein neues Gedankenreich wird.

Jeder Fortschritt ist ein Gewinn im Einzelnen und eine Trennung im Ganzen; es ist das ein Zuwachs an Macht, der in einen fortschreitenden Zuwachs an Ohnmacht mündet, und man kann nicht davon lassen.

Sie wollen wissen, wieso ich jedes Buch kenne? Das kann ich Ihnen nun allerdings sagen: Weil ich keines lese!

Die Hölle ist nicht interessant, sie ist furchtbar.

Die Kultur: Gras, das immer wieder niedergetreten wird und sich wieder aufrichtet.

Das Leben bildet eine Oberfläche, die so tut, als ob sie so sein müßte, wie sie ist, aber unter ihrer Haut treiben und drängen die Dinge.

Man braucht, um über einen Menschen richtig zu urteilen, oft ein ganzes Leben.

Viele fröhliche Menschen sind nicht um das geringste glücklicher als traurige, denn Glück strengt genau so an wie Unglück.

Das Neueste von heute ist morgen schon von gestern.

Die Rede ist nicht nur ein Machtmittel, sondern ein Sinn mehr zur Aufnahme der Welt.

Das Leben baut nichts auf, wozu es nicht die Steine anderswo ausbrach.

Dichtung gibt Sinnbilder. Sie ist Sinngebung. Sie ist Ausdeutung des Lebens. Die Realität ist für Sie Material.

Der wahre Prüfstein des Lebens ist erst das Zusammenleben.

Die Hunde haben ihre ausgezeichneten Nasen, aber wir Menschen gehen aneinander vorbei und vermögen uns nicht zu erkennen. Wir haben noch eine ganz ungeregelte und wilde Preisbildung für das, was wir wollen, und sind von denen, die uns brauchen, so wenig zu finden wie Bücher ohne Katalog.

Wie vergeßlich ist das Leben!

Manche Menschen reisen hauptsächlich in den Urlaub, um Ansichtskarten zu kaufen, obwohl es doch vernünftiger wäre, sich diese Karten kommen zu lassen.

Der Wunsch ist ein Wille, der sich selbst nicht so ganz ernst nimmt.

Wenn man von einem Sturm des Gefühls spricht, meint man einen, wo die Rinde des Menschen ächzt und die Äste des Menschen fliegen, als sollten sie abbrechen.

Und wirklich wird die Seele vieler Völker und Staaten heute von Gefühlen beherrscht, unter denen unleugbar die Eitelkeit einen vordersten Platz einnimmt.

Denn die erste Leidenschaft des erwachsenden Menschen ist nicht Liebe zu der einen, sondern Haß gegen alle.

Mögen Schwierigkeiten noch so groß sein, sie bedeuten nichts, wenn man ernstlich will!

Man muß unterscheiden zwischen Genie, Geniewilligen und gewöhnlichen Menschen. Die Geniewilligen, sehr nützlich, sind dennoch oft ärgere Feinde des Genies als die Banausen.

Wer nicht weiß, was er selber will, muß wenigstens wissen, was die anderen wollen.

Philosophen sind Gewalttäter, die keine Armee zur Verfügung haben und sich deshalb die Welt in der Weise unterwerfen, dass sie sie in ein System sperren.

Man [die Menschheit] hat Wirklichkeit gewonnen und Traum verloren.

Das sich unverstanden Fühlen und das die Welt nicht Verstehen begleitet nicht die erste Leidenschaft, sondern ist ihre einzige nicht zufällige Ursache. Und sie selbst ist eine Flucht, auf der das Zuzweiensein nur eine verdoppelte Einsamkeit bedeutet.

Das Muster eines geistvollen Journalisten. Da kaum ein deutscher Journalist Geist hat - gescheit sind viele - wird er für einen Dichter oder gar Philosophen gehalten.

General Stumm... dachte..., solange man an Religion glaubte, konnte man einen guten Christen oder frommen Juden hinunterstürzen, von welchem Stockwerk der Hoffnung oder des Wohlergehens man wollte, er fiel immer sozusagen auf die Füße seiner Seele.

Die wahrhaft großen Menschen huldigen keineswegs einem öden Ichkultus, sondern sie erzeugen in den anderen das Gefühl ihrer Erhabenheit dadurch, daß sie sich zu ihnen hinabbeugen, ja, wenn es sein muß, für sie opfern!

Die Urteile des täglichen Lebens und seiner Menschenkunde treffen eben wohl meistens zu, gewöhnlich aber auch noch daneben. Sie sind nicht um einer richtigen Lehre willen entstanden, sondern stellen eigentlich bloß geistige Zustimmungs- und Abwehrbewegungen dar.

Jeder hat zwar seine innere Größennummer, kann aber in dieser Größe die verschiedensten Kleider ausfüllen, wenn sie ihm das Schicksal bereit hält.

Mit den Gedanken ist es eine eigene Sache. Sie sind oft nicht mehr als Zufälligkeiten, die wieder vergehen, ohne Spuren hinterlassen zu haben, und die Gedanken haben ihre toten und ihre lebendigen Zeiten.

Keine Grenze verlockt mehr zum Schmuggeln als die Altersgrenze.

Vereine fördern die Bestrebungen ihrer Mitglieder und stören die der anderen.

In der Welt [ist] besonders ein Hang [...], daß sich die Menschen, wo sie in großer Zahl auftreten, alles gestatten, was ihnen einzeln verboten ist.

Erste Eindrücke haben so oft etwas Richtiges an sich!

Wir haben keine inneren Stimmen mehr, wir wissen heute zu viel, der Verstand tyrannisiert unser Leben.

Dumme Menschen sind schon deshalb besonders eitel, weil ihnen die Intelligenz fehlt, dies zu verbergen.

[Das] von vielerlei Rücksichten krummgeschlossene Selbstbewußtsein.

Man plant immer wieder. Und immer kommt es anders.

Karneval. Unart der Menschen, sich zu verkleiden und doch an den Seelen gleich zu bleiben. Ich hasse das.

In der Nacht hat der Mensch nur ein Nachthemd an, und darunter kommt gleich der Charakter.

Wer viel redet, entlädt das Leid des andern tropfenweise, wie ein Regen die Elektrizität einer Wolke. Das ist die bekannte Milderung eines jeden Kummers durch das Mittel der Aussprache!

"Blech reden" ist ein mit Genie erfundenes Wort. Es enthält: das Glänzende, das nicht Gold ist; den durchdringend unangenehmen Klang; das Lebhafte; das Auswalzbare.

Ein Garten ist eine Kunstnatur.

Kein Staatswesen hat von seiner Armee je behauptet, dass sie zum Angriff gehalten würde. Jedes hat versichert, sie sei nur zur Verteidigung da.

Aphorismus = das kleinste mögliche Ganze.

Es gibt zwei von Grund aus verschiedene Arten berühmter Leute: solche, die man kennt, und solche, die man kennen soll.