Zitate von Otto von Leixner
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„Echte Begabung bricht sich immer Bahn.“ Unverstand und Lieblosigkeit hat diesen Ausspruch erfunden, und die erfolgreiche Mittelmäßigkeit hat ihn verbreitet, um für echte Begabung zu gelten.
Man erkennt nur mit ruhigem Verstande. Fühlen aber wird man nur mit bewegtem Herzen. Darum handelt man oft so ganz anders, als man denkt.
Es ist etwas Schönes um eine Stimme, die wie Musik klingt. Hüte dich aber vor Menschen, die dieses Instrument mit bewußter Künstlerschaft verwenden. Es sind durchweg berechnende Schauspieler der Lebensbühne.
Jeder, der ein anständiger Mensch zu scheinen strebt, bekennt unbewußt, daß er es sein müßte.
Weder Gefühle noch Gedanken kannst du geschenkt erhalten. Du selbst mußt sie nachfühlen und nachdenken, wenn du sie nachleben willst.
Es gibt eins, von dem man um so weniger besitzt, je mehr man davon andern raubt: Ehre.
Der Durchschnittsmensch wird durch alle Erfahrungen nicht weise, sondern bestenfalls vorsichtig.
Zerrissen Es kann ein Ganzes werden nie dein Wissen, Wenn Du im tiefsten Sein bist selbst zerrissen.
Die Albernheit des Standesdünkels hat es sehr bequem, hochmütig zu sein. In beneidenswerter Ahnungslosigkeit weiß sie nicht, daß sie in allem, was den höheren Menschen bildet, eine Null ist.
Bestes Mittel Bist du dem Feind selbst mild gesinnt, Verfliegt oft Haß, wie Rauch im Wind.
Trösten ist eine Kunst des Herzens. Sie besteht oft nur darin, liebevoll zu schweigen und schweigend mitzuleiden.
Eine Klippe Wenn einer je als Dichter will Genügen seiner Sendung, Der meide wie ein tötend Gift Gemütsverschwendung.
Die Leidenschaft ist ein stets lodernder Scheiterhaufen, auf dem wir gar oft unsere besten Vorsätze verbrennen.
Vieler Menschen Leben ist ein stetes Unterhandeln mit dem Laster. Sie unterwerfen sich ihm nicht und besiegen es nicht. Man nennt sie „anständige Leute“.
Magst alles werfen in des Lebens Fluten, nur eines halte fest: Die Sehnsucht nach dem Guten.
Was ein anderer errungen hat, schreiben wir meistens dem Glück zu, was wir erringen, dem Verdienst.
Unsere Vorzüge sind für die Selbsterziehung oft viel gefährlicher als unsere Mängel.
Nicht vor dem Tode, nur vor dem Leben sollte man sich fürchten, denn nur dieses kann die Seele töten.
Und Ich und Du, und Du und Ich: Das haßt, verfolgt und peinigt sich – Und leider wird dann unterdessen Gar oft so ganz das Wir vergessen.
Ein edler Feind, der dich Im Zorne hat geschlagen, Der wird sein lebenlang In sich die Wunde tragen.
Was zehn schlechte Weiber einem Manne vom Glauben an die Menschheit genommen haben, kann ein edles hundertfach ersetzen.
Die schwächlichen Menschen führen gerne das Wort im Munde: „Alles begreifen, heißt alles verzeihen.“ Sie meinen nämlich an sich selber alles zu begreifen – und verzeihen darum sich selber alles, auch das, was sie an anderen unverzeihlich finden.
Die Menschenkenntnis, die man bei einem Volke errungen hat, darf man nicht ohne weiteres auf die Mitglieder eines zweiten übertragen.
Nichts enthüllt so sehr die Tiefe einer Mädchenseele, als die Art, wie sie eine Täuschung ihres liebenden Herzens trägt.
Die Gerechtigkeit ehelichte Ungerechtigkeit. Sie bekamen ein Kind und tauften es Gesetz.
Und glaubt es mir: eine kleine bescheidene Wahrheit, die ich in der Stille, nach Leid und Kampf selbst gefunden habe, fördert mehr und macht männlicher als die größte Wahrheit, die andere zu besitzen oft nur vorgeben und mir schenken.
Selbstsüchtige schmeicheln den kleinen Schwächen der Mitmenschen, um desto sicherer die großen ausnützen zu können.
Ein Teil unserer besitzenden Gesellschaft… hat die „Duldung des Schlechten“ zur Kunst ausgebildet… Wir haben heute nicht mehr nötig, die Verderbtheit von Paris zu beziehen; die heimischen Erzeugnisse übersteigen den Bedarf so, daß wir bereits auszuführen imstande sind.
In Zeiten, wo die Gemütskräfte erschlaffen, hört man viel mehr reden von Menschenrechten, als von Menschenpflichten.
Das Vorgeschaffene nachzuschaffen, ist das Geheimnis des Kunstgenusses; flüssig war das nun vor uns feststehende Bildwerk oder Gemälde, als es entstand; wir müssen dieses Feste nun gleichsam neu werden lassen, es flüssig machen im Feuer unseres Gefühls. Dazu aber bedarf es der Sammlung.
Die großen Toten können dem Schicksal nicht entgehen, daß sich ihnen drei Menschenarten an die Fersen heften; Verklärer, Erklärer und Zerklärer.
Neueste Bildung Der Menge Bildung sich zusammensetzt Aus Worten, die zu Tode man gehetzt.
Frau Gegenwart ist in gesegneten Umständen. Nur weiß man noch nicht, ob sie eines frischen Kindes oder eines Ogers genesen werde. Es ist gut, sich mit beiden Möglichkeiten vertraut zu machen.
Zuweilen kann man von einem Narren mehr lernen als von zehn Weisen. Das mag wohl daher kommen, daß wir, d.h. die Mehrzahl der Menschen, jenen verwandter sind als diesen.
Zwiefaches Recht Wer unvergolten das Unrecht läßt, Das er von andern hat erlitten, Hat oft sich zwiefach Recht erstritten.
„Einmal ist keinmal“ hat die Volksweisheit in einem Augenblick gesagt, wo sie töricht war. Gewöhnlich ist einmal immer oder doch sehr sehr oft.
Die Verräter unseres Innern sind Augen, Mundwinkel, Nasenflügel und Fingerspitzen. Bei jedem Menschen ein anderer dieser Teile. Welcher – das lehrt andauernde Beobachtung.
Dem Dichter Feile sorgsam, unerbittlich Streng verwirf, was dir mißfällt, Und dann lasse ruhig tadeln, Was sie mag und kann, die Welt.
„Schreien hilft nichts, Tatsachen beweisen.“ So sagt man häufig. Sollte der Spruch umgekehrt dem heutigen Brauche nicht noch mehr entsprechen?
Selbstbeherrschung bezeichnet nicht, daß beherrscht werde das Selbst, sondern daß es selber herrscht und das Ich dient.
Spotte nie der Menschen mit schlichter Empfindung. Vielleicht tragen sie längst in sich jenes „Himmelreich“, welches du mit deinem selbstbewußten Geiste niemals oder erst nach schweren Kämpfen erringen wirst.
Die Leidenschaften gehorchen nicht der Logik, sondern die Logik gehorcht den Leidenschaften.
Nur wer seine Kraft bindet, erhält ihr die Spannung, durch die sie Wirkung erzeugt. Die ganz entfesselte verzittert in nichtigen Wellen.