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Die meisten Menschen bieten uns oft nur Ichsucht für unsere Liebe und wundern sich dann, wenn unser verarmtes Herz plötzlich die Zahlungen einstellt, über unsere Gemütskälte.
Otto von LeixnerEs ist begreiflich, daß Verleumder ihren Schmutz nach dem Reinen schleudern. Würfen sie ihn nach dem Schmutzigen, dann würden sie ja nicht einmal bemerken, ob er das Ziel getroffen hat.
Otto von LeixnerDrei schöne Dinge gibt es mit G: Geist, Gesundheit und Geduld. Das schönste an ihnen ist, daß sie sich mit dem vierten G: Geld nicht erkaufen lassen.
Otto von LeixnerUnter wahrhaft gebildeten Menschen darf man schweigen, wenn man nichts zu sagen hat. Nur die sogenannten "Gebildeten" reden immer und machen Worte über alles. Darum fehlt ihnen auch ganz die Gabe, mit Verstand zuhören zu können. Da müßten sie denken; das ist aber beim bloßen Reden nicht nötig.
Otto von LeixnerDie zapplige Lustigkeit mancher weltstädtischen Gesellschaften erinnert an das Lachen eines Menschen, der gehenkt wird. Es ist keine wahre Heiterkeit - der Strick hat nur gekitzelt.
Otto von LeixnerMan kann im Menschenauge lesen, ob ein Herz Gott in sich trägt oder nicht. Das ihn entbehrende kann flammen, blitzen, zünden, aber es leuchtet und es wärmt nicht.
Otto von LeixnerWenn Tagespolitiker gar keine Gründe mehr auftreiben können, dann berufen sie sich auf die Überzeugung der Mehrheit des Volkes - nachzählen kann ja niemand.
Otto von LeixnerWie verschieden die Sprache sich ausdrücken kann! Was wir zum Beispiel bei uns "berechtigten Stolz" nennen, bezeichnen wir bei anderen als "Unverschämtheit".
Otto von LeixnerNichts macht so reich wie reine Liebe, nichts ärmer als eine solche, die nur Glut, aber nicht Wärme zu bieten vermag.
Otto von LeixnerHat jemand dein Herz verwundet, klage nicht. Dein strömendes Blut kann Balsam werden für fremde Wunden.
Otto von LeixnerDas Dogma, d.h. ein Glaubenssatz kann ein Heim des Gedankens sein, aber auch sein Gefängnis. Ein gefangener Gedanke verliert aber seine Kraft, oder er entflieht.
Otto von LeixnerLuxus ist jedes Bedürfnis, das die Verhältnisse verbieten; ist jede Ausgabe, die vorübergehende Bedürfnisse mit zu großen Mitteln befriedigt, die besser für einen bleibenden oder geistig edleren Zweck verwendet werden könnten.
Otto von LeixnerFür den Weltmenschen, der die Leute in seiner Umgebung für seine Zwecke ausnützt, ist die Menschenkenntnis eine lustige Wissenschaft; für einen, der selbstlos wirken will, eine vornehmlich traurige, falls er es nicht lernt, die Sache humoristisch aufzufassen.
Otto von LeixnerJe edlere Beweggründe zur Ehe führen, desto höher werden Mann und Weib in der sittlichen Vervollkommnung gelangen, desto gesunder werden Söhne und Töchter sein. Dann aber wird das Heim wieder der feste Grund für den Aufbau des Staates und der Menschheit sein.
Otto von LeixnerEin Spruch - wie kurz ist der! Gewiß, er ist gar kurz zum Lesen. Jedoch gar oft ist lang gewesen Das Herzeleid vorher.
Otto von LeixnerWas der schlichten Wahrheit steht am fernsten, Das rechnet heut man zum "Modernsten".
Otto von LeixnerDer Mensch kann niemanden so bitter hassen als sich selbst, weil er von Natur geneigt ist, sich am meisten zu lieben.
Otto von LeixnerMan beurteilt jene Menschen am richtigsten, von denen man nichts verlangt. Man erkennt die Welt am besten, wenn man sie wunschlos betrachtet, das Göttliche aber nur dann, wenn man sich aus tiefster Seele danach sehnt.
Otto von LeixnerWillst du jemanden trösten, so mußt Du aus seinem Wesen heraus eine Gegenkraft entwickeln, damit er selbst sich trösten kann.
Otto von LeixnerUnglücklich das Talent, das den Traum vom Genie träumt. Es wird an dem Traum zerschellen und nicht einmal das rein gestalten, was es ohne jede Selbsttäuschung hätte verwirklichen können.
Otto von LeixnerDem Erregten erscheint der Ruhige stets herzlos. Und doch kann dieser tiefer fühlen und besser denken.
Otto von LeixnerEs gibt Menschen, welche die unglückliche Begabung besitzen, alles, was kommen soll, mit der Phantasie schon vorher derartig aufzuessen, daß ihnen die eingetroffene Wirklichkeit als abgenagter Knochen erscheint.
Otto von LeixnerDie schreibenden und redenden Zukunftsweltbaumeister von heute entwerfen zwar sehr verschiedene Gebäude. Aber alle stimmen in der Voraussetzung überein, daß die Menschen keine Leidenschaften haben. Und die Masse glaubt es nur zu gern, daß sie aus Engeln besteht.
Otto von LeixnerViel Einbildungskraft, heißes Blut und schwacher Wille, das ist eine der gefährlichsten Mischungen von Eigenschaften.
Otto von LeixnerWenn man Zeuge ist, wie in öffentlichen Versammlungen von Arbeitern Tausende jubeln, wenn ein zungenfertiger Wortheld über Gott und Religion höhnt und witzelt, dann entschlüpft uns leicht der Ausruf: "Was müssen die Kirchen gesündigt haben, daß es bei Tausenden so weit gekommen ist!"
Otto von LeixnerVerschwendete Mühe Die Weisheit, die Dich bittres Lachen lehrt, Die war der ganzen Mühe gar nicht wert.
Otto von LeixnerSelbstsucht kettet die Menschen gewaltsam zusammen, vereinigen aber kann sie nur die Liebe.
Otto von LeixnerWer in Kamtschatka Gefrorenes feilhält, darf sich nicht wundern, daß sein Geschäft nicht geht. Der Satz läßt sich auch bildlich auf das Geistige anwenden. Die Leute kaufen nur Gedanken, die sie gebrauchen können.
Otto von LeixnerDie Worte sind des Geistes Krücken. Auch wer die Wahrheit ganz empfand, Er gibt die Wahrheit nur in Lücken, Sobald er sie in Worte bannt.
Otto von LeixnerWenn dich hundert Menschen getäuscht haben - das heißt, du dich in ihnen getäuscht hast - so mißtraue dennoch nicht dem hundertersten. Denn seine Liebe kann dich für alles Leid reich entschädigen.
Otto von LeixnerNeue geistige Methoden sind bei den Mittelmäßigen am meisten beliebt. Sie machen bemerkt, was sonst unbeachtet bliebe. Fallen aber die modischen Fetzen ab, dann zeigt sich um so mehr die innere Leere.
Otto von LeixnerMein Freund, das Eine sollst Du nie vergessen: Fließt's nicht von selbst, dann hüte Dich zu pressen!
Otto von LeixnerDas große Los Als großes Los im Leben mir Ein seltsam Ding erscheint: Wenn über das man lächeln kann, Was einst man hat beweint.
Otto von LeixnerEs giebt nichts Weibischeres, als Männer, die mit selbstgefälligem Lächeln ihrem Geist von Frauen den Hof machen lassen. Dabei sehen selbst bedeutende Leute wie Gecken aus.
Otto von LeixnerDas geistige Wesen der Liebe offenbart sich am klarsten darin, daß wir mit leidenschaftlicher Innigkeit Menschen umfassen können, die wir niemals gesehen haben, und glücklich sein können in solcher Seelenliebe.
Otto von LeixnerEines der kostbarsten Erbstücke, die Eltern ihren Kindern hinterlassen können, ist die Erinnerung an ein reines, friedfertiges Eheleben. Darum sündigen Mann und Frau, wenn sie ihre Zwistigkeiten vor den Kindern [...] austragen.
Otto von LeixnerAn verblendeter Mutterliebe sind mehr Menschen zugrunde gegangen als an der gefährlichsten Kinderkrankheit.
Otto von LeixnerKein größeres Unglück gibt es für Kinder, als in einer Ehe aufzuwachsen, wo in Erziehungsfragen der Wille des Vaters und der Mutter nebeneinander zur Geltung zu kommen streben. Solche Kinder treten zumeist mit gebrochenem Willen ins Leben.
Otto von LeixnerDie äußeren Rücksichten verhindern die Entwicklung der inneren Freiheit und Einheit, die den höchsten, durch nichts ersetzbaren Besitz des Mannes darstellen.
Otto von LeixnerAlle Ausschweifungen entadeln den rechten Mann, mögen sie sich auch vor der Welt verbergen; keine aber so wie die Knechtschaft unter die geschlechtliche Sinnlichkeit.
Otto von LeixnerGroße Täuschungen von Menschen zu erleben und sich darein zu finden, ist schwer; viel schwerer, ihre kleinen Gemeinheiten und Niederträchtigkeiten ruhig ertragen lernen, am schwersten, Tag für Tag mit Dummheiten und Torheiten anderer sich herumschlagen zu müssen - ohne jeglich Aussicht auf Sieg.
Otto von Leixner