Zitate von Sigbert Latzel
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Wenn die Früchte der Erziehung Früchtchen sind, so liegt es fast immer am Mist der Böcke, die man zu Gärtnern gemacht hat.

Was ist er für ein Lehrer? – In seinem Klassenzimmer fehlen am häufigsten die richtigen Worte.

Was ein Mensch ist, zeigt sich am deutlichsten, wenn er in einem rechtsfreien Raum die Macht hat, alles zu tun, was ihm beliebt. Das war im 3. Reich während des Krieges bei vielen der Fall, und hier sind die meisten vor sich und vor der Menschheit als Prüflinge durchgefallen.

Zur Wortgebrauchs-Statistik: Das Wort „heute“ verwendet man in allen Altersstufen etwa gleich oft; der Gebrauch von „früher“ wächst mit der Zahl der Jahre. Es ist ein Alterswort.

Mit dem Gewissen ist es wie mit manchem technischen Gerät, das man kauft. Es genügt zu wissen, daß man es hat. Das erübrigt oft den Gebrauch.

Luther schaute den Leuten aufs Maul; der Revolverblatt-Journalist sieht ihnen auf die Fresse.

Gehaßt, gequält, die eigentlich tragischen Existenzen: Die nichtberühmten Leute mit den Eigenarten und Fehlern der berühmten Leute.

Teenagertourismus: man hat das Reiseziel noch nicht erreicht, wenn man angekommen ist.

Es gibt Gedichte, bei denen man den Eindruck hat, daß die Sprache differenzierter ist als die Wirklichkeit.

„Je besser ich die Menschen kenne, um so mehr liebe ich meinen Hund“, sagte Multatuli. Vielleicht dachte sein Hund auch: „Je besser ich die Hunde kenne, um so mehr liebe ich meinen Menschen.“

Gesetz: Je weniger äußere, nicht menschliche Feinde der Mensch hat, um so mehr mitmenschliche entwickelt er, oder: entwickeln sich. Das ist das Gesetz der Konstanz der Feindmenge.

Die meisten modernen Leser sehen das Kriterium für einen guten Autor darin, daß er Bücher schreibt, mit denen sie angeben können.

Sich selbst Geschenke machen. Was hat man seinen Augen gegeben? Was seinem Gehör? Was seinen Händen? Auch hier Reichtum und Armut.

„Jeder ist seines Glückes Schmied“, sagen die Reichen gern, aber sie vergessen zu fragen, ob auch jeder einen Hammer hat.

Wie philosophiert er? – Wie eine Schwelle philosophieren müßte, die sich selbst überschreiten will.

Das Altern denkt, der Verfall denkt, die Reifung denkt. Jeder Prozeß, dem der Mensch unterworfen ist, denkt.

Der Technik kann man nur bescheinigen, daß sie die Zeit beschleunigt; daß sie Zeit spart, ist ein Märchen.

Ehernes Gesetz: Wird die Beute ungerecht verteilt, so wird die Jagd unter den Jägern fortgesetzt. So entsteht Geschichte.

Manche reden den ganzen Tag so hastig und so viel, daß man den Eindruck hat, sie wollten von etwas ablenken, was sie auf keinen Fall sagen möchten.

Bei Sexus und Liebe beseht eine unterschiedliche Beziehung zur Weisheit. Liebe in einem allumfassenden Sinne kann weise machen und Weisheit kann auch zur Liebe im allumfassenden Sinne führen. Beides ist mit Bezug auf den Sexus nicht möglich.

12. Feuerbach-These: Die Philosophen haben bisher nur die Welt verändert, aber nicht sich selbst.

Negative Urteile haben in den Augen der meisten Menschen eine Inklination zur Wahrheit.

Bücher sind die einzigen Konserven, bei denen die Qualität des Inhalts dafür sorgt, daß dieser frisch bleibt.

Der Aufschwung der historischen Wissenschaften hängt mit den verfeinerten Methoden der Politik zusammen.

Eindruck: Die Intelligenzforscher sind bei ihrer Intelligenzforschung ungefähr so weit gekommen, wie ihre Intelligenz reicht.