Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Die Zeit entschuldigt, wie sie tröstet; Worte sind in beiden Fällen von wenig Kraft.

Aber so sollte es mir immer gehen, daß ich durch Anschauen und Betrachten der Dinge erst mühsam zu einem Begriffe gelangen mußte, der mir vielleicht nicht so auffallend und fruchtbar gewesen wäre, wenn man mir ihn überliefert hätte.

Über ein Ding wird viel geplaudert, Viel beraten und lange gezaudert, Und endlich gibt ein böses Muß Der Sache Widrig den Beschluß.

Sorglos über die Fläche weg, Wo vom kühnsten Wager die Bahn Dir nicht vorgegraben du siehst, Mache dir selber Bahn.

Der Deutsche soll alle Sprachen lernen, damit ihm zu Hause kein Fremder unbequem, er aber in der Fremde überall zu Hause ist.

Tief und ernstlich denkende Menschen haben gegen das Publikum einen bösen Stand.

Alle geistig wie körperlich durchaus naturkräftig ausgestatteten Menschen sind in der Regel die bescheidensten, dagegen alle besonders geistig verfehlten weit eher einbildnerischer Art.

Niemand dienet einem anderen aus freien Stücken; weiß er aber, daß er damit sich selber dient, so tut er es gerne.

In unsers Busens Reine wogt ein Streben, Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben, Enträtselnd sich den ewig Ungenannten, Wir heißen’s: fromm sein!

Die Stimmung, die von der Baukunst ausgeht, kommt dem Effekt der Musik nahe.

Das Wertvollste im Menschenleben sind ja die stillen heiligen Stunden. Sie sind ja die Brunnenstube aller gesunden, starken, kristallklaren, schöpferischen Gedanken, Worte, Taten. Aus diesen Urtiefen quillt und treibt das Schöpferische, Gute, Edle herauf.

Es ist der Fehler derjenigen, die manches, ja viel vermögen, dass sie sich alles zutrauen, und die Jugend muss sogar in diesem Falle sein, damit nur etwas aus ihr werde.

Ich habe nie gefragt, was will die große Masse und wie nütze ich dem Ganzen? Sondern ich habe immer nur dahin getrachtet, mich selbst einsichtiger und besser zu machen, den Gehalt meiner eigenen Persönlichkeit zu steigern und dann immer nur auszusprechen, was ich als gut und wahr erkannt habe.

Verwaiste Väter sind beklagenswert, Allein verwaiste Kinder sind es mehr.

Ich weiß, dass mir nichts gehört als der Gedanke, der ungestört aus meiner Seele will fließen und jeder günstige Augenblick, den mich ein liebendes Geschick von Grund aus lässt genießen.

Dilettantismus, ernstlich behandelt, und Wissenschaft, mechanisch betrieben, werden Pedanterei.

Kind, ich bedaure dich, du bist nicht mehr zu retten, Da du dein Elend liebst; du klirrst mit deinen Ketten Und überredest dich, es sei Musik.

Salz und Wasser kühlt Nicht, wo Jugend fühlt; Ach! die Erde kühlt die Liebe nicht.

Wenn alle Bande sich auflösen, wird man zu den häuslichen zurückgewiesen.

Der Charakter ruht auf der Persönlichkeit, nicht auf den Talenten. Talente können sich zum Charakter gesellen, er gesellt sich nicht zu ihnen, denn ihm ist alles entbehrlich außer die Persönlichkeit.

Es erben sich Gesetz und Rechte Wie eine ew’ge Krankheit fort; Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte und rücken sacht von Ort zu Ort. Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage; Weh dir, dass du ein Enkel bist! Vom Rechte, das mit uns geboren ist, Von dem ist leider! nie die Frage.

Direkt und grob seine Meinung herauszusagen, mag nur entschuldigt werden können und gut sein, wenn man durchaus recht hat; eine Partei aber hat nicht durchaus recht, eben weil sie Partei ist.

Man kann dem Publikum keine größere Achtung bezeigen, als indem man es nicht wie Pöbel behandelt.

Einer spricht nach dem andern, doch wer spricht mit dem andern; nennt man zwei Monologe Gespräch?

Wir lernen mit Augen des Geistes sehen, ohne die wir, wie überall, so besonders auch in der Naturforschung, blind umher tasten.

Das Alter trennt uns nach und nach von empfänglichen Menschen, selten kehrt ein Klang und Ton, den man aussendet, lebhaft und ergötzlich zurück.

„Was ist herrlicher als Gold?“ fragte der König. „Das Licht“, antwortete die Schlange. „Was ist erquicklicher als Licht?“ fragte jener. „Das Gespräch“, antwortete diese.

Genieße also, was dir das Glück gegönnt hat und was du dir erworben hast, und suche dir’s zu erhalten.

Wir quälen uns immerfort in des Irrtums Banden. Wie manches verständliche Wort habt ihr mißverstanden? Einem unverständigen Wort habt ihr Sinn verliehen. Und so geht es immerfort. Verzeiht! euch wird verziehen!

Die Natur auffassen und sie unmittelbar benutzen, ist wenig Menschen gegeben; zwischen Erkenntnis und Gebrauch erfinden sie sich gern ein Luftgespinst, das sie sorgfältig ausbilden, und darüber den Gegenstand zugleich mit der Benutzung vergessen.

Daß die Verse den poetischen Sinn steigerten oder wohl gar hervorlockten.

Was hilft all das Kreuzigen und Segnen der Liebe, wenn sie nicht tätig wird. Führe mich auf alles, was dir gefallen kann, ich bitte dich, denn ich fühl’s nicht immer.

Alle Menschen, die nebeneinander leben, erfahren ähnliche Schicksale, und was dem Einzelnen begegnet, kann als Symbol für Tausende gelten.

Die Kirche liegt in ewigem Streit mit dem Staat, der ihr die Oberherrschaft nicht zugestehn will.

Muss ich doch heute erfahren, was jedem Vater gedroht ist: Dass den Willen des Sohns, den heftigen, gerne die Mutter allzu gelind begünstigt.

Der hochvernünftige Denker läßt sich von Jahrzehnten und -zwanzigen nicht irre machen.

Es ist eine eigene Sache, schon durch die Geburt auf einen erhabenen Platz in der menschlichen Gesellschaft gesetzt zu sein.

Wer Musik nicht liebt, verdient nicht, ein Mensch genannt zu werden; wer sie nur liebt, ist erst ein halber Mensch; wer sie aber treibt, ist ein ganzer Mensch.

Man muß mit der Natur langsam und läßlich verfahren, wenn man ihr etwas abgewinnen will.

Alle Männer vom Fach sind darin sehr übel dran, daß ihnen nicht erlaubt ist, das Unnütze zu ignorieren.