Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Die Beschäftigung mit Unsterblichkeitsideen ist für vornehme Stände und besonders für Frauenzimmer, die nichts zu tun haben.

Gewohnt, jeden Tag zu thun, was die Umstände erfordern, was mir meine Einsichten, Fähigkeiten und Kräfte erlauben, bin ich unbekümmert, wie lang es dauern mag, und erinnere mich fleisig jenes Weisen, der auch drei wohlgenutzte Stunden für hinreichend erklärt hat.

Gewöhnliches Anschauen, richtige Ansicht der irdischen Dinge ist ein Erbteil des allgemeinen Menschenverstandes; reines Anschauen des Äußern und Innern ist sehr selten.

Wenn man nicht trinken kann, soll man nicht lieben. Doch sollt ihr Trinker euch nicht besser dünken: Wenn man nicht lieben kann, soll man nicht trinken.

Vom Ziel haben viele Menschen einen Begriff, nur möchten sie es gern schlendernd auf irrgänglichen Promenaden erreichen.

Wenn sich die Sozietät des Rechtes begibt, die Todesstrafe zu verfügen, so tritt die Selbsthilfe unmittelbar wieder hervor, die Blutrache klopft an die Türe.

Man muß etwas zu sagen haben, wenn man reden will. Ich bedaure immer unsere guten Kanzelmänner, welche sich eine seit fast zweitausend Jahren durchgedroschene Garbe zum Gegenstand ihrer Tätigkeit wählen müssen.

Ales dies Vorübergehende lassen wir uns gefallen. Bleibt uns nur das Ewige jeden Augenblick gegenwärtig, so leiden wir nicht an der vergänglichen Zeit.

Man darf das Wahre nur wunderlich sagen, so scheint zuletzt das Wunderliche auch wahr.

Zuerst belehre man sich selbst, dann wird man Belehrung von andern empfangen.

Ich habe daher in reiferen Jahren große Aufmerksamkeit gehegt, inwiefern andere mich wohl erkennen möchten, damit ich in und an ihnen, wie an so viel Spiegeln, über mich selbst und über mein Inneres deutlicher werden könnte.

Nun gedenke ich noch eine kleine Reise nach Helmstedt zu machen, um daselbst den wunderlichen Doktor Beireis zu besuchen. Er ist schon so alt, dass man sich eilen muss, um ihn und seine Besitzungen noch zusammenzufinden.

Aber Leib und Gebein ist nicht zum besten verwahret, Wenn die geistliche Hand der weltlichen Zügel sich anmaßt.

Anaxagoras lehrt, daß alle Tiere die tätige Vernunft haben, aber nicht die leidende, die gleichsam der Dolmetscher des Verstandes ist.

Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als zu begreifen ist.

Es gibt Menschen die gar nicht irren, weil sie sich nichts Vernünftiges vorsetzen.

Wenn ein deutscher Literator seine Nation vormals beherrschen wollte, so musste er ihr nur glauben machen, es sei einer da, der sie beherrschen wolle. Da waren sie gleich so verschüchtert, dass sie sich, von wem es auch wäre, gern beherrschen ließen.

Man tut immer besser, daß man sich grad ausspricht, wie man denkt, ohne viel beweisen zu wollen: denn alle Beweise, die wir vorbringen, sind doch nur Variationen unserer Meinungen, und die Widriggesinnten hören weder auf das eine noch auf das andere.

Knaben liebt ich wohl auch, doch lieber sind mir die Mädchen, Hab ich als Mädchen sie satt, dient sie als Knabe mir noch.

Ich lasse mir nur alles entgegenkommen und zwinge mich nicht, dies oder jenes in dem Gegenstande zu finden.

Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit, Ins Rollen der Begebenheit… Nur rastlos betätigt sich der Mann.

Ich wüßte auch nichts mit der ewigen Seligkeit anzufangen, wenn sie mir nicht neue Aufgaben und Schwierigkeiten zu besiegen böte. Aber dafür ist wohl gesorgt, wir dürfen nur die Planeten und Sonnen anblicken, da wird es auch Nüsse genug zu knacken geben.

Man liebt seine Freunde wie sein Mädchen, und eines jeden Phyllis* ist einem jeden die schönste, so geizig sind wir, immer das Beste haben zu wollen.

An der Braut, die der Mann sich erwählt, läßt sich gleich erkennen, welches Geistes er ist.

Republiken hab ich gesehn, und das ist die beste, die dem regierenden Teil Lasten, nicht Vorteil gewährt. Alle

Die Druckerkunst war schon über hundert Jahre erfunden; dem ungeachtet erschien ein Buch noch als ein Heiliges, wie wir aus dem damaligen Einbande sehen, und so war es dem edlen Dichter lieb und ehrenwert; wir aber broschieren jetzt alles und haben weder vor dem Einbande noch seinem Inhalte Respekt.

Je älter man wird, desto mehr schätzt man die Naturgaben, weil sie durch nichts können angeschafft werden.

Ein Kranz ist gar viel leichter binden, Als ihm ein würdig Haupt zu finden.

Das Wahre ist gottähnlich: es erscheint nicht unmittelbar, wir müssen es aus seinen Manifestationen erraten.

Wer nicht wie Elieser, mit völliger Resignation in seines Gottes überall einfließende Weisheit, das Schicksal einer ganzen zukünftigen Welt dem Tränken der Kamele überlassen kann, der ist freilich übel dran, dem ist nicht zu helfen.

Was ist der Unterschied zwischen Axiom und Enthymem? Axiom: was wir von Haus aus, ohne Beweis anerkennen; Enthymem: was uns an viele Fälle erinnert und das zusammenknüpft, was wir schon einzeln erkannten.

Die Natur versteht gar keinen Spaß, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge; sie hat immer Recht, und die Fehler und Irrthümer sind immer des Menschen.

Doch Forschung strebt und ringt, ermüdend nie, Nach dem Gesetz, dem Grund, Warum und Wie.

Nur solchen Menschen die nichts hervorzubringen wissen, denen ist nichts da.