Zitate von Ambrose Bierce
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Hand: ein einzigartiges Werkzeug, welches am Ende des menschlichen Armes getragen wird und für gewöhnlich in die Tasche eines anderen greift.
Die Zukunft ist jene Zeit, in der unsere Geschäfte gut gehen, unsere Freunde treu sind und unser Glück gesichert ist.
Der alte Heuchler: jemand, der Tugenden zur Schau trägt, die er nicht respektiert, und der sich so den Vorteil verschafft, das zu sein, was er verabscheut.
Abhängig: Darauf angewiesen, daß einem ein anderer aus Großmut eine Unterstützung gewährt, die man von ihm zu erpressen außerstande ist.
Verachtung ist das Gefühl eines vorsichtigen Mannes für einen Feind, der zu mächtig ist, um ihn gefahrlos zu bekämpfen.
Die Uhr, eine Vorrichtung, die für den Menschen von großem sittlichen Wert ist, da sie seine Sorgen um die Zukunft dadurch beschwichtigt, dass sie ihn daran erinnert, wieviel Zeit ihm noch verbleibt.
Glauben heißt: Dinge für wahr halten, für die es keine Parallele und keinen Beweis gibt und die jemand verkündet, der über kein Wissen verfügt.
Tagebuch: Tägliche Aufzeichnungen über jenen Teil des eigenen Lebens, den man nicht ohne Erröten selbst erzählen kann.
Zugeben: Die Fehler eines anderen zuzugeben, ist die vornehmste Pflicht, die uns unsere Wahrheitsliebe auferlegt.
Laudatio – Das Preisen eines Menschen, der den Vorzug des Reichtums oder der Macht besitzt oder die Freundlichkeit, tot zu sein.
Realismus: die Kunst einer Naturdarstellung aus der Krötenschau; der Zauber einer Landschaft, wie sie ein Maulwurf malt; die Geschichte, wie sie eine Spannerlarve schreibt.
Fehler ist ein eigenes Vergehen, im Unterschied zu den Vergehen anderer, den sogenannten Verbrechen.
Eigentum: jeder materielle Gegenstand ohne besonderen Wert, den A der Begehrlichkeit des B vorenthält. Alles, was die Habgier eines einzelnen befriedigt und die aller anderen enttäuscht. Der Gegenstand kurzer menschlicher Raffgier und langer Gleichgültigkeit.
Geistlicher – Mann, der unsere geistlichen Angelegenheiten verwaltet, um seine weltlichen aufzubessern.
Interview: im Zeitungswesen eine Beichte, bei der abgefeimte Unverschämtheit törichter Eitelkeit und Ruhmsucht das Ohr leiht.
Die Schlacht ist eine Methode, einen politischen Knoten mit den Zähnen zu lösen, weil er der Zunge nicht nachgeben wollte.
Einfluß in der Politik: ein visionäres Quo, das gegen ein handfestes Quid eingetauscht wird.
Kadett – junger Krieger, der in zehn Jahren vielleicht die Welt erschüttert und Völker zugrunde richtet.
Kannibale: ein Gastronom alter Schule, der sich den einfachen Geschmack bewahrt hat und an der natürlichen Diät der Vor-Schweinefleischzeit festhält.
Emanzipation ist der Übergang eines Sklaven aus der Unterdrückung durch einen anderen in die Unterdrückung durch sich selbst.
Weihnachten: ein besonderer Tag der Völlerei, Trunksucht, Gefühlsduselei, Annahme von Geschenken, öffentlichem Stumpfsinn und häuslichem Protzen gewidmet.
Geizig: ungehörig darauf versessen, das zu behalten, was so viele verdiente Menschen selber gerne haben möchten.
Der Zufall ist ein unvermeidliches Ereignis, das auf unveränderlichen Naturgesetzen beruht.
Gastfreundschaft – Tugend, die uns anhält, jene zu nähren und zu beherbergen, die dessen nicht bedürfen.
Verständig: anfällig für die Ansteckung durch unsere eigenen Meinungen. Empfänglich für Überredung, Warnungen und Ausflüchte.
Zahnarzt – Zauberkünstler, der einem Metall in den Mund steckt und dabei Münzen aus der Tasche zieht.
Verantwortung – Last, die sich leicht auf die Schultern Gottes, des Schicksals, des Zufalls, des Glücks oder des Nachbarn abwälzen läßt.
Erfahrung ist das, was uns enthüllt, daß wir die Irrtümer der Jugend gegen die des Alters aufgegeben haben.
Politisches Bündnis: In der internationalen Politik die Vereinigung zweier Diebe, die ihre Hände so tief in den Taschen des anderen stecken haben, daß sie nicht unabhängig voneinander einen dritten ausplündern können.