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Als Geheimrat Hofschänzel begraben war, da zerfiel er in die Geheimräte Kohlensäure, Ammoniak, Wasser und Asche.
August PaulyDie Köpfe mancher Menschen sind gebaut wie ihre Füße: vorne platt und in der Mitte hohl.
August PaulyWenn plötzlich in der Menschheit Vernunft einkehrte, so würde in allen ihren Dingen die größte Revolution eintreten, welche sie je gesehen hätte.
August PaulyDas alte, lange in der Sprache verwendete Wort hat, wie der alte Mensch, einen größeren Lebensinhalt und ist darum das Wort des Dichters. Das junge oder gar das fremde Wort ist noch arm an solchem Gehalt und ist das Wort der Wissenschaft oder der kalten Welt.
August PaulyDaß wir ein Inneres besitzen, von dem wir die Welt ausschließen können, in das auch kein König einbrechen kann, das ist doch ein herrliches Gefühl.
August PaulyWir leben in einer Natur, welche für unsere Leiden fühllos ist wie ein Stein, aber doch nicht Stein ist, sondern Geist; - niedrigerer Geist als der unsrige, oder so hoch, dass er unsere Leiden nicht mehr fühlt.
August PaulyWas die Chirurgen noch nicht fertig gebracht, Amputationen am Herzen, das übt das Schicksal seit ewigen Zeiten an uns.
August PaulyBei den Dummen in dieser Welt kann einer ohne Kopf in neuen Kleidern sein Geschäft machen. Auf diese Weise sind schon viele so weit in die Höhe gekommen, bis sie endlich neben ihresgleichen saßen.
August PaulyJede Weltherrschaft ist auf so viel Verbrechen wider die Menschheit gegründet, dass sie an diesen die tragische Schuld ihres Charakters in sich trägt, an der sie endlich zugrunde gehen muss.
August PaulyIst der Tod nicht eine herrliche Flucht vor allen Verfolgern, menschlichen und Schicksalsmächten? Mit einem wahren "salto mortale" bist du in einem andern Lande, und ohnmächtig stehen sie an deiner Leiche.
August PaulyEs gibt keine materielle Macht, welche den sittlichen Mächten über den Kopf wachsen könnte, ohne den Untergang ihrer selbst vorzubereiten.
August PaulyWärme und Kälte unserer Welt, ihr Licht und ihre Dunkelheit gehen von unseren Herzen aus. Sie selbst liegt draußen in ihrem unveränderlichen Wert, in ihrem ewigen Treiben und ihrer ewigen Gleichgültigkeit gegen uns.
August PaulyGauner wollen in der Legislatur zart angefaßt sein. Sie haben einen wunden Leib, jeder Paragraph tut ihnen weh.
August PaulyWenn Arbeit dem Menschen nicht mehr Zeit lässt, zu sich selbst zu kommen, verarmt sie ihn und seine Kultur.
August PaulyWenn wir die Gedanken anderer lesen, stecken wir unseren Geist in fremde Kleider, und dieser hat vor dem Körper die Eigenschaft voraus, dass er sich, wenn sie ihm zu groß sind, in die fremden Kleider hinein dehnen, sie ausfüllen und sogar noch eine Zeit lang diese erworbene Größe behalten kann.
August PaulyEs ist doch alles Natur, was sie treibt, und was sie aus eigenem Wissen zu tun vermeinen, ist erst recht wieder Natur.
August PaulyDas heilige Feuer der Wissenschaft wird von tausend Händen mit Eifer geschürt; viele aber kommen nur dazu herbei, ihre Kartoffel an ihm zu braten.
August PaulyUnendlich ist die Welt und dennoch verschwindet ihre Unendlichkeit gegenüber dem Gehalt eines Kleinsten, wie es ein edler Mensch ist, über dessen Gewinn oder Verlust wir alle Sterne vergessen.
August PaulySchulbildung überlädt in den meisten Menschen so sehr den Acker mit Schutt, daß keine Gedanken mehr darauf wachsen können.
August PaulyIch weiß nicht, was so beseligt als die Dankbarkeit eines Kindes, eines kleinen Kindes, dem man unerwartet eine Freude gemacht hat, und das sein Glück in einem strahlenden Blick ausspricht.
August PaulyDie Unendlichkeit der Welt nach dem Größten wie nach dem Kleinsten hin und die Gewissheit ihrer Einheit eröffnet dem forschenden Geist eine so ungemessene Bahn der Gedanken, dass seine größte Kühnheit nie verwegen genug sein kann.
August PaulyDaß der Mensch seinen Geist auf Bücher füllen kann wie auf Fässer, aus denen dann die Menschheit trinken kann, ohne daß er sich mindert, die ist doch eine der schönsten Zauberkünste der Kultur!
August PaulyEchte Gedanken strömen hervor wie Lava aus dem Berg. Sie bringen die Wärme einer unbekannten Tiefe mit sich.
August PaulyKeiner Erscheinung tun wir so oft mit unserem Urteil unrecht als Kunstwerken und Menschen, und zwar immer durch den gleichen Fehler, dass wir von einem Teil aufs Ganze schließen, schließen statt zu schauen, mit ruhiger Seele das Bild aufzunehmen, in welchem sich ihr Gehalt ausspricht.
August PaulyWenn der Sprachapparat eines Menschen leicht angetrieben wird, besteht die Gefahr, daß ihn ein bloßer Wind in Tätigkeit setzt. Diese Art von Windmühlen sind wie die wirklichen in flachen Gegenden häufiger als in gebirgigen.
August PaulyVieles verstehen gleichgesinnte Menschen still, aber herrlicher ist es noch, wenn ein mit Empfindung schwer beladenes Wort des einen Seele dem andern zuträgt.
August PaulyDer beste Verstand ist immer der bescheidenste, weil er ein schlechterer wäre, wenn er nicht merkte, wann er sich zu bescheiden habe.
August PaulyDie Baulinie, welche in unseren Städten eine so traurige Rolle spielt, ist jene Linie, durch welche eine Anzahl Philisterköpfe in einer Geraden miteinander verbunden werden.
August PaulyDer schlimmste Feind aller Kunst ist ein unbescheidener Verstand, der ihre Gesetze besser kennen will als sie selbst.
August PaulyJeden Abend muß unser Lebensfahrzeug zur Ausbesserung auf dieselbe Werft, die Bettstatt gebracht werden, auf der es einst gebaut und vom Stapel gelassen wurde.
August PaulyEs gibt eine Sorte von Ignoranten, welche einem das Übergewicht der Unwissenheit fühlen lassen.
August PaulyDas Leben mäßigt uns immer, mäßigt uns so lange, bis wir als stille Leute mit idealen Leichengesichtern bedürfnislos in unseren Särgen liegen.
August PaulyDas gehört auch zu den Wundern des Lebens, daß die Menschen das Größte, was sie besitzen, wieder vergessen können.
August PaulyWas sind wir, wenn all das, was wir zu sein glauben, was uns schwer und tastbar und wirklich macht, nur geliehene Bausteine sind, aus denen nach uns andere wieder aufgebaut werden können?
August PaulyFür besser gehalten zu werden, als man ist, ist auch eine Art Verleumdung, die sich ein ehrlicher Mensch nicht gefallen lassen kann.
August PaulyWir wissen nicht, warum wir geliebt werden und können es nicht verstehen; aber es ist ein seliges Gefühl, das uns über die schwere Wolkendecke des Lebens zur Sonne emporträgt.
August PaulyUnter den mannigfaltigen Zielen, die sich der Ehrgeiz steckt, ist auch ein seltenes: einer großen Wahrheit gegenüber der einzige Narr in der Welt zu sein, der sie nicht glaubt.
August PaulyÜberall, wo Autoritäten herrschen, gibt es verbotene Wege, und auf einem dieser Wege liegt gewöhnlich die nächste große Wahrheit.
August PaulyWir irren alle und leben in Irrtümern und können sie nicht vermeiden. Was wir aber können, das ist, sie aufzusuchen und inne zu werden und sie dadurch in unsere besten Lehrer zu verwandeln.
August Pauly