Zitate von August Pauly
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Delinquenten des Lebens, die wir sind, von denen keiner eine Begnadigung zu erhoffen hat, bitten wir nun um eine schmerzlose Hinrichtung.

Die Menschen haben viele Götter erfunden und werden dies auch weiterhin tun, aber keinen, den sie nicht glaubten hinterhergehen zu können.

Für die größten Tragödien, welche Leidenschaft und Niedertracht in der Welt aufführen, kann nur ein Gott den Humor aufbringen.

Die meisten Menschen können nicht messen, weder auf dem Gebiet der Kunst, noch der Menschenkenntnis, und darum die mittleren von den höchsten Werten nicht unterscheiden.

Sie würden nicht mit dem falschen Geld der Höflichkeit zufrieden sein, wenn sie sich das echte Gold der Achtung verdienen könnten.

Mit dem Lernen betrügen wir die Zeit, die alles mit sich fortnimmt. Sie muß uns etwas zurücklassen.

Gute Gedanken sind gleich wie Wichtelmännchen. Sie kommen erst aus ihren Ecken hervor, wenn niemand da ist.

Denken ist eine große Lustbarkeit, bei der uns, wenn wir uns hineinbegeben, unablässig etwas geschenkt wird.

Jede Zeit glaubt sich auf der Höhe des Berges, den menschliche Kultur langsam ersteigt, und jede folgende seht sich zurück nach dem heimlichen Tal, das jene für das Ende ihres Weges gehalten hatte.

Es gibt Frauen, welche durch ihre Laune zur Essigmutter der Familie werden, die fortwährend alle Süßigkeiten des Lebens in Säure verwandeln.

Nirgends sollst du stolz sein als im Geistigen. Aber dort sollst du nur mit Königen verkehren.

Mehr noch als der Reiche, der sein Geld in eisernen Truhen verwahrt hat, mußt du vor dem Räuber Schicksal zittern, der du deine Schätze in Menschenherzen angelegt hast.

Wenn die Vernunft irgendeinmal am Seile zieht, so hängen sich sofort hunderttausend Narren ans andere Ende, sich dagegen zu stemmen.

Religion ist die philosophische Poesie der Welt. Bei ihrer Gestaltung waren die poetischen und philosophischen Kräfte des Menschen zugleich tätig. Sie zu mißachten ist darum immer eine Rohheit.

Religion, Sitte und Recht haben mit ihren Vorschriften die menschliche Seele oft geknechtet. Aber immer hat sie sich ihre Rechte wieder erkämpft, die älter sind, als die all jener; und in diesem Kampf waren Dichter und Künstler ihre Heerführer.

Wissenschaftliche Phantasie ist nicht immer ein geflügeltes Götterroß, sondern oft nur ein galoppierender Esel, den sein Reiter nicht mehr zu bändigen vermag.

Auch an der Spitze der wissenschaftlichen Armee marschieren Tamboure, d.h. Leute niedrigen Grades, welche Lärm machen.

Gleicht das Leben nicht einem Akrobaten, der auf einer rollenden Kugel läuft, sich mit Kunst lange oben hält, aber endlich doch herunter muß aus Müdigkeit?

Nur einmal im Leben weidet unsere Seele auf der lieblichen Himmelswiese ihrer Träume – in der Kindheit. Leitet sie darum leise in dieser einzigen Zeit, daß sie nicht dann schon das harte Geschirr fühlt, das Ihr ihr auftragen werdet.

Wie wäre es möglich, daß einer, der den Blick auf das Universum gerichtet hat, noch den kleinen Unterschied zwischen einem Bettler und einem König wahrnehmen könnte?

Äußerlicher Adel braucht Gesellschaft, um etwas vorzustellen, innerer braucht Einsamkeit.

Was schlechte Richter sind, können wir an uns selbst lernen, wenn wir die Vergehen unserer Kinder strafen.

Der Organismus ist ein historisches Wesen, daher voll erzählender Momente im Eindruck seiner Erscheinung.

Was ist es doch Schönes und Heiliges um das Recht und wie schmutzig und verworren sind die Wege zu ihm!

Wir reden viele Sprachen mit Worten, Augen, Händen, Zeichen; viele, viele, und Liebe spricht sie alle.

Was die Menschen Glück nennen, ist das Gemeinste am Leben, den Niederträchtigsten am leichtesten erreichbar.

Wenn die Menschen sich ihre Köpfe selbst heraussuchen dürften, bekämen die meisten keine Gescheiteren.

Zeit nimmt die kleinen Menschen auf den Arm und hebt sie zu den Häuptern der Großen empor, dass sie so weit sehen wie diese.

Starke Individualitäten sind widerspenstig gegen Erziehung, weil sie schon einen Erzieher in sich haben, der dem zweiten widerspricht.

Lange Zeit ist die Schule unsere Lehrerin, bis es endlich die Welt selber wird, so dass wir nur mehr sie fragenden Auges betrachten. Dann erst saugen wir das Schulwissen mit innern Wurzeln auf und verwandeln es in unser eigenes Urteil, werden reif. Aber kaum reif geworden, fallen wir ab.

Wir haben auch unter uns Menschen solche Tiefseefische mit großen gierigen Augen und gewaltigen Mäulern, welche umherschießen, um den Nutzen zu verschlingen.

Merkwürdiges Wesen mit seinen zwei Lichtbrechern, mit denen es umherwandelnd eine strahlende Welt in Bildern auffängt und begreift!

Man begegnet zuweilen Menschen, deren Verstand sehr beschränkt, aber doch in einem Punkt stark genug ist, um den Weg hell zu beleuchten, auf welchem fremdes Geld in ihre Taschen zu wandern vermag.

Die Naturforscher sind wie Menschen, welche die Welt durch Schlüssellöcher ansehen. Jeder steht vor seiner Tür und sieht sein eigenes Stückchen Welt, keiner das seines Nachbarn.

Es gibt Menschen, die nur so lange auf unserer Erde bleiben, als das Leben des Menschen ein engelhaftes ist, d.h. in der Kindheit, und uns dann lächelnd verlassen. Den Zurückgebliebenen ist es dann, als ob sie einen Blick in den Himmel hätten tun dürfen und Engel spielen sehen.