Zitate von Friedrich Nietzsche
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Ich habe niemals jemanden kennengelernt, der so viel Hochachtung einflößte wie die griechischen Philosophen. Sie entdeckten die hauptsächlichsten Formen des philosophischen Geistes. Alle nachfolgenden Generationen haben nichts Wesentliches mehr hinzugefügt.

Architektur ist eine Art Macht-Beredsamkeit in Formen, bald überredend, selbst schmeichelnd, bald bloß befehlend.

Es ist oft kein geringes Zeichen von Humanität, einen anderen nicht beurteilen zu wollen und sich zu weigern, über ihn zu denken.

Für die Verächter der „Herden-Menschheit“. – Wer die Menschen als Herde betrachtet, und vor ihnen so schnell er kann flieht, den werden sie gewiss einholen und mit ihren Hörnern stoßen.

Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden jähen Bach des Lebens, hundertmal vom Gischt verschlungen und sich immer von neuem zusammensetzend, und mit zarter schöner Kühnheit ihn überspringend, dort wo er am wildesten und gefährlichsten braust.

Wie wenig Anhänger zu bedeuten haben, begreift man erst, wenn man aufgehört hat, der Anhänger seiner Anhänger zu sein.

Frühzeitige Redefertigkeit schleift sich alle Gedanken zum sofortigen wirkungsvollen Gebrauche zurecht und ist deshalb leicht ein Hindernis tiefen Erfassens und überhaupt einer gründlichen Einkehr in sich selbst. – Deshalb pflegen demokratische Staaten die Redefertigkeit auf den Schulen.

Der Mensch ist schwer zu entdecken und sich selber noch am schwersten; oft lügt der Geist über die Seele.

Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage „Was ist deutsch?“ niemals ausstirbt.

Damit, daß man nach den Anfängen sucht, wird man Krebs. Der Historiker sieht rückwärts; endlich glaubt er auch rückwärts.

Wer vom Pöbel ist, der will umsonst leben; wir anderen aber, denen das Leben sich gab – wir sinnen immer darüber, was wir am besten dagegen geben!

Die Erziehung ist eine Fortsetzung der Zeugung und oft eine Art nachträglicher Beschönigung derselben.

Vernunft ist ein Verhältniszustand verschiedener Leidenschaften und Begehrungen.

Sobald ich jetzt sagen muß: „Ich halte die Einsamkeit nicht mehr aus!“, so empfinde ich eine unsägliche Erniedrigung vor mir selber – ich bin dem Höchsten, das in mir ist, abtrünnig geworden.

Der Mangel an Freunden lässt auf Neid oder Anmaßung schließen. Mancher verdankt seine Freunde nur dem glücklichen Umstande, dass er keinen Anlass zum Neide hat.

Das Geheimnis, um die größte Fruchtbarkeit und den größten Genuss vom Dasein einzuernten, heißt: Gefährlich leben!

Wenn man nicht feste, ruhige Linien am Horizonte seines Lebens hat, Gebirgs- und Waldlinien gleichsam, so wird der innerste Wille des Menschen selber unruhig, zerstreut und begehrlich, wie das Wesen des Städters; er hat kein Glück und gibt kein Glück.

Jede Philosophie verbirgt auch eine Philosophie; jede Meinung ist auch ein Versteck, jedes Wort auch eine Maske.

Ohne die blinden Schüler ist noch nie der Einfluss eines Mannes und seines Werkes groß geworden. Einer Erkenntnis zum Siege verhelfen heißt oft nur: sie so mit der Dummheit verschwistern, dass das Schwergewicht der letzteren auch den Sieg für die erstere erzwingt.

Der Brief ist ein unangemeldeter Besuch, der Briefbote der Vermittler unhöflicher Überfälle. Man sollte alle acht Tage eine Stunde zum Briefempfangen haben und danach ein Bad nehmen.

Der Mensch findet zuletzt in den Dingen nichts wieder als was er selbst in sie hineingesteckt hat: das Wiederfinden heißt sich Wissenschaft, das Hineinstecken – Kunst, Religion, Liebe, Stolz.

Auch im Hasse gibt es Eifersucht: wir wollen unseren Feind für uns allein haben.

Nichts ist teurer erkauft, als das Wenige von menschlicher Vernunft und vom Gefühle der Freiheit, welches jetzt unseren Stolz ausmacht.

Also will es die Art edler Seelen: sie wollen nichts umsonst haben, am wenigsten das Leben. Wer vom Pöbel ist, der will umsonst leben.

Tief denkende Menschen kommen sich im Verkehr mit anderen als Komödianten vor, weil sie sich da, um verstanden zu werden, immer erst eine Oberfläche anheucheln müssen.

Wer mit sich unzufrieden ist, ist fortwährend bereit, sich dafür zu rächen: wir anderen werden seine Opfer sein, und sei es auch nur darin, daß wir immer seinen häßlichen Anblick zu ertragen haben.

In Wahrheit heißt etwas wollen, ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können; darüber kann uns allein der Erfolg oder Misserfolg belehren.

Bleib‘ nicht auf ebnem Feld! Steig‘ nicht so hoch hinaus! Am schönsten sieht die Welt von halber Höhe aus.

Über den Rang entscheidet das Quantum Macht, das du bist; der Rest ist Feigheit.

Wer sich selber haßt, den haben wir zu fürchten, denn wir werden die Opfer seines Grolls und seiner Rache sein. Sehen wir also zu, wie wir ihn zur Liebe zu sich selbst verführen!

Ich kenne den Atheismus durchaus nicht als Ergebnis, noch weniger als Ereignis: er versteht sich bei mir aus Instinkt. Ich bin zu neugierig, zu fragwürdig, zu übermütig, um mir eine faustgrobe Antwort gefallen zu lassen.

Wer ein Schöpfer sein muß im Guten und Bösen: wahrlich, der muß ein Vernichter erst sein und Werte zerbrechen. Also gehört das höchste Böse zur höchsten Güte: diese aber ist die schöpferische.

Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache. Liebe zum Menschen würde mich umbringen.