Zitate von Heinrich Heine
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Ist das Leben des Individuums nicht vielleicht ebensoviel wert wie das des ganzen Geschlechts? Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt. Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.
Wo wird einst des Wandermüden letzte Ruhestätte sein? Unter Palmen im Süden? Oder ruh‘ ich an der Küste eines Meeres Strand? Immerhin wird mich umgeben Gottes Himmel, dort wie hier, und wie Totenlampen schweben nachts die Sterne über mir.
Der Postillion Pieper war ein kleiner Kerl, der dabei so sauer aussah, als habe er Essig gesoffen und sei davon ganz zusammengezogen.
Sei deines eignen Wertes Wardein (Aufsichtsführender). Du giltst so hoch, wie du dich schätzest.
Gegen unsere Vorzüge sind wir gleichgültig; über unsere Gebrechen suchen wir uns so lange zu täuschen, bis wir sie endlich für Vortrefflichkeiten halten.
Im Grunde ist es dasselbe, für was man stirbt, wenn nur für etwas Liebes gestorben wird.
Das sichtbare Werk spricht harmonisch den unsichtbaren Gedanken aus; daher ist auch Lebekunst die Harmonie des Handelns und unsrer Gesinnung.
Die Geschichte der neueren Juden ist tragisch, und schrieb man über dieses Tragische, so wird man noch ausgelacht – das ist das Allertragischste.
Es ist der gewöhnliche Missgriff zagender Menschen, dass sie mit ihren Feinden gut stehen wollen und es daher mit ihren Freunden verderben.
Von allen Teufeln kennen Sie vielleicht nur den kleinsten, das Beelzebübchen Amor, den artigen Croupier der Hölle.
Wenn der liebe Gott sich im Himmel langweilt, dann öffnet er das Fenster und betrachtet die Boulevards von Paris.
Die Fee Morgana, wie würde sie erschrecken, wenn sie etwa einer deutschen Hexe begegnete, die nackt, mit Salben beschmiert, und auf einem Besenstiel, nach dem Brocken reitet.
Und fehlt der Pfaffensegen dabei, Die Ehe wird gültig nicht minder – Es lebe Bräutigam und Braut, Und ihre zukünftigen Kinder!
Tausend Ausdrücke hat der Araber für ein Schwert, der Franzose für die Liebe, der Engländer für das Hängen, der Deutsche für das Trinken und der Münchner sogar für die Orte, wo er trinkt.
Die Freiheitsliebe ist eine Kerkerblume, und erst im Gefängnisse fühlt man den Wert der Freiheit.
Das ist schön bei uns Deutschen: Keiner ist so verrückt, daß er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht.
Steh auf, wir wollen nach Kevlaar, Nimm Buch und Rosenkranz; Die Mutter Gottes heilt dir Dein krankes Herze ganz.
Betteln ist eine sehr unangenehme Sache, betteln aber und nichts bekommen ist noch unangenehmer.
Aus dem alten Testament springe ich manchmal ins Neue, und auch hier überschauert mich die Allmacht des großen Buches. Welchen heiligen Boden betritt hier dein Fuß! Bei dieser Lektüre sollte man die Schuhe ausziehen wie in der Nähe von Heiligtümern.
Wir fuhren durch Mülheim. Die Stadt ist nett, Die Menschen still und fleißig. War dort zuletzt im Monat Mai Des Jahres einunddreißig.
Wir Deutschen hassen gründlich, dauernd; da wir zu ehrlich, auch zu unbeholfen sind, um uns mit schneller Perfidie zu rächen, so hassen wir bis zu unserem letzten Atemzug.
Laßt (ihr Götter) mich nicht ein alter Polterer werden, der aus Neid die jüngeren Geister ankläfft, oder ein matter Jammermensch, der über die gute alte Zeit beständig flennt.
Glücklich der Mann, der den Hafen erreicht hat, Und hinter sich ließ das Meer und die Stürme, Und jetzo warm und ruhig sitzt Im guten Ratskeller zu Bremen.
Charakteristisch ist es, daß unseren deutschen Schelmen immer eine gewisse Sentimentalität anklebt. Sie sind keine kalten Verstandesspitzbuben, sondern Schufte von Gefühl.
Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht, Das kümmert mich gar wenig; Schau ich dir nur ins Angesicht, So bin ich froh wie’n König.
Weit impertinenter noch als durch Worte offenbart sich durch das Lächeln eines Menschen seiner Seele tiefste Frechheit.
Neben dem Denker ein prosaischer Mensch, der ruhig sein Geschäft treibt – neben jeder Krippe, worin ein Heiland, eine welterlösende Idee, den Tag erblickt, steht auch ein Ochse, der ruhig frißt.
Franzosen und Russen gehört das Land. Das Meer gehört den Briten. Wir aber besitzen im Luftreich des Traums die Herrschaft unbestritten.
Einem ehrlichen Manne bleibt aber unter allen Umständen das unveräußerliche Recht, seinen Irrtum offen zu gestehen, und ich will es ohne Scheu hier ausüben.
Er ward nicht vollendet – und das ist gut Denn eben die Nichtvollendung Macht ihn zum Denkmal von Deutschlands Kraft und protestantischer Sendung.
Grübeln über Gottes Gründe, Kritisieren unsern Schöpfer, Ach, das ist, als ob ein Topf Klüger sein wollt‘ als der Töpfer! Doch der Mensch fragt stets: Warum?